Ein Anwalt, der seinen Mandanten über ein drohenden Fristablauf (hier: Ablauf einer Revisionsfrist) per E-Mail informiert, muss dabei eine elektronische Lesebestätigung vom Empfänger anfordern (BGH, Beschl. v. 18.11.2021 - Az.: I ZR 125/21).
Inhaltlich ging es um eine angebliche unerlaubte Online-Werbung.
Gegen das Berufungsurteil legte die Beklagte das Rechtsmittel der Revision ein. Da die Frist bereits abgelaufen war, beantragte sie zudem die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand, da die Fristversäumnis unverschuldet gewesen sei. Die Anwälte der Beklagten hatten diese mehrfach per E-Mail angeschrieben und ihr die Einlegung des Rechtsmittels empfohlen.
Die anwaltlichen E-Mails waren auch bei der Beklagten gelesen worden. Bei der Absendung der elektronischen Nachricht an ihre Advokaten kam es jedoch zu einem technischen Fehler. Die Beklagte ging davon aus, dass sie die Nachricht, in der sie ihre Anwälte mit der Einlegung der Revision beauftragten, abgesendet hätte. Dies war jedoch objektiv nicht der Fall. Es erfolgte keine Versendung bei der Beklagten.
Der BGH lehnte die Wiedereinsetzung ab, da die Fristversäumnis nicht unverschuldet sei.
Denn es liege ein Fehlverhalten auf Seiten der Anwälte der Beklagten vor:
"Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt ein Rechtsanwalt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle bei der Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes per Telefax nur dann, wenn er anhand des Sendeprotokolls überprüft oder durch eine zuverlässige Kanzleikraft überprüfen lässt, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt ist, weil mögliche Fehlerquellen nur so mit einem hohen Maß an Zuverlässigkeit ausgeschlossen werden können.
Gleiches gilt für die Übersendung einer E-Mail.
Auch insoweit besteht die Gefahr, dass die E-Mail-Nachricht den Empfänger wegen einer technischen Störung bei der Übermittlung nicht erreicht. Um sicherzustellen, dass eine E-Mail den Adressaten erreicht hat, hat der Versender über die Optionsverwaltung eines E-Mailprogramms die Möglichkeit, eine Lesebestätigung anzufordern (...)."
Und weiter:
"Nichts anderes gilt, wenn - wie im Streitfall - ein Rechtsanwalt die Partei mittels einer E-Mail auf die am selben Tag ablaufende Rechtsmittelfrist hinweisen und sie zur Einlegung des Rechtsmittels motivieren will. Nutzt ein Rechtsanwalt im Kanzleibetrieb die E-Mail-Korrespondenz, muss er die Kenntnisnahme empfangener Nach¬richten durch die Anforderung einer Lesebestätigung sicherstellen (...)."
Die Beklagte hat weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass ihre Prozessbevollmächtigten durch die Anforderung einer Lesebestätigung sichergestellt hätten, dass die E-Mail vom 30. Juli 2021 der Beklagten zur Kenntnis gelangt sei und eine Entscheidung der Partei über die Einlegung der Revision damit noch rechtzeitig hätte erfolgen können."