Die bloße Abrufbarkeit von urheberrechtswidrigen Produktfotografien auf ausländischen Webseiten begründet noch keine Urheberrechtsverletzung in Deutschland. Es fehlt an dem notwendigen Inlandsbezug (BGH, Urt. v. 05.12.2024 - Az.: I ZR 50/24).
Die Klägerin machte Nutzungsrechte an 318 Produktfotografien geltend. Diese waren über die Google-Bildersuche auffindbar, führten jedoch zu Webseiten mit kasachischer und ukrainischer Top-Level-Domain, auf denen die Bilder selbst nicht angezeigt wurden. Die Texte auf den Internetseiten waren bis auf die in deutscher Sprache abgefassten Artikelbeschreibungen und den Hinweis, dass Produktfotos nicht angezeigt werden können ("Leider ist ein Fehler aufgetreten"), in kyrillischer Schrift verfasst. Nach einem Testkauf wurde die bestellte Ware von der Beklagten nach Kasachstan versandt.
Die Klägerin machte geltend, dass die Veröffentlichung auf diesen Seiten eine Urheberrechtsverletzung in Deutschland darstelle.
Der BGH wies die Klage ab, da es im vorliegenden Fall an einem hinreichenden Inlandsbezug fehle.
Die bloße Abrufbarkeit der Bilder über die Google-Suche reiche nicht aus, um einen hinreichenden Inlandsbezug zu begründen. Ein solcher wäre nur gegeben, wenn die Internetseiten gezielt auf den deutschen Markt ausgerichtet wären. Indizien wie Sprache, Währung oder der fehlende Versand nach Deutschland sprächen jedoch dagegen.
Auch die Verwendung identischer Produktfotos und einiger deutscher Textelemente auf den Seiten führten nicht zur Annahme eines Inlandsbezugs:
"Das Berufungsgericht ist außerdem rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass es nach den Umständen des Streitfalls an einem hinreichenden Inlandsbezug fehlt.
Das Berufungsgericht hat angenommen, die stets bestehende Möglichkeit, dass im Inland ansässige Interessenten auf ausländische Internetseiten zugriffen, könne nicht für die Annahme eines relevanten Inlandsbezugs ausreichen. Es bedürfe vielmehr zur erforderlichen Eingrenzung von in Deutschland verfolgbaren Schutzrechtsverletzungen im Internet einer Gesamtabwägung.
Bereits die Top-Level-Domains indizierten, dass sich die hier in Rede stehenden Internetseiten an Verkehrskreise in Kasachstan beziehungsweise in der Ukraine und nicht in Deutschland richteten. Hinzu kämen die Angaben zur Erreichbarkeit per Telefon und E-Mail, die jeweils keinen Bezug zu Deutschland hätten. Einen Vertrieb nach Deutschland habe die Klägerin nicht behauptet. Auch beim durchgeführten Testkauf sei es um eine Lieferung nach Kasachstan gegangen.
Dass die Beklagte die bestellten Waren aus Deutschland ins Ausland liefere, besage nichts über die Ausrichtung der Internetseiten.
Durch die Internetangebote werde, wenn überhaupt, nur ein verschwindend geringer Bruchteil der inländischen Bevölkerung, nämlich solche Verbraucher angesprochen, die daran interessiert sein könnten, Kleidungsstücke über die streitgegenständlichen Internetseiten zu bestellen, um sie Freunden oder Verwandten in Kasachstan oder der Ukraine zukommen oder sich von diesen nach Deutschland schicken zu lassen. (…)
Angesichts der geringen Auswirkungen einer etwaigen Benutzung der Bilder auf die inländischen Interessen der Klägerin falle es im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung nicht wesentlich zu Lasten der Beklagten ins Gewicht, dass sie nicht von der technischen Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, Internetnutzer aus dem Inland anhand der IP-Adresse zu erkennen und Maßnahmen zu treffen, die diesen Nutzern den Zugriff auf die Seiten zumindest erschwerten."