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Kategorie: Datenschutzrecht

LG Kaiserslautern: Heimliche Videoaufnahmen über Missstände in einem Schlachthof unterliegen keinem Beweisverwertungsverbot vor Gericht

Heimlich aufgenommene Videos von Tierschutzverstößen in einem Schlachthof sind als Beweismittel im Strafverfahren verwertbar.

Die von einer Tierschutzorganisation heimlich aufgenommenen Videos über Missstände in einem Schlachthof unterliegen vor Gericht keinem Beweisverwertungsverbot und können als Beweismittel herangezogen werden (LG Kaiserslautern, Urt. v. 31.01.2025 - Az.: 3 NBs 6043 Js 20048/21).

In einem Schlachthof wurden Schweine und Rinder tierschutzwidrig geschlachtet. Eine Tierschutzorganisation machte heimlich Videoaufnahmen, die die Misshandlung der Tiere zeigten. Diese wurden der Presse zugespielt und führten zu einem Strafverfahren gegen mehrere Mitarbeiter des Schlachthofs.

Im gerichtlichen Strafverfahren stellte sich nun die Frage, ob die Videos als Beweismittel zulässig sind oder einem Beweisverwertungsverbot unterliegen.

Nach Auffassung des Gerichts waren die heimlich angefertigten Videoaufnahmen verwertbar, da sie von einer Privatperson und nicht von den Ermittlungsbehörden angefertigt worden waren:

"Die Videoaufnahmen sind im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 261 StPO verwertbar. Sie unterliegen keinem Beweisverwertungsverbot, auch wenn Datenschutzverletzungen vorlägen:

Dass Videoaufnahmen der Tatbegehung, die möglicherweise unter Verstoß gegen die Vorgaben der DSGVO oder sonstiger Normen erlangt worden sind, grundsätzlich verwertbar sind, ist höchstrichterlich anerkannt (…). 

Denn rechtswidrig von Privaten erlangte Beweismittel sind grundsätzlich im Strafverfahren verwertbar. Allein von dem Informanten begangene Straftaten müssen bei der Beurteilung eines möglichen Verwertungsverbotes von vornherein nicht berücksichtigt werden (…)."

Und weiter:

"So liegt es auch im vorliegenden Fall. 

Seitens der Ermittlungsbehörden ist hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Videoaufnahmen kein rechtswidriges Verhalten erkennbar, sondern allenfalls seitens der unbekannten Privatperson, welche die versteckten Kameras auf dem Schlachthof installiert hat. 

Der Anwendungsbereich der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 03.05.2018, Az. 3 StR 390/17, Juris), die für den Fall eines ermittlungsbehördlichen Verfahrensverstoßes eine Abwägung zwischen dem Gewicht dieses Verfahrensverstoßes und dem staatlichen Interesse an der Sachaufklärung fordert, ist daher bereits nicht eröffnet. 

Doch selbst wenn eine solche Abwägung geboten wäre, führte diese nicht zu einer Unverwertbarkeit der Videoaufnahmen. Denn das staatliche Interesse an der Aufklärung von Vergehen nach § 17 TierSchG und damit zusammenhängender Ordnungswidrigkeiten nach §§ 130, 30 OWiG, § 18 Abs. 1 Nr. 3 a) TierSchG i.V.m. § 16 Abs. 1 Nr. 1 TierSchlV und § 18 Abs. 1 Nr. 3 b) TierSchG i.V.m. § 16 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 5 TierSchlV wiegt schwerer als das Recht der Angeklagten, selbst darüber zu bestimmen, ob und wie sie an ihrem Arbeitsplatz gefilmt werden. 

Am Arbeitsplatz müssen die Angeklagten ohnehin damit rechnen, beobachtet zu werden, zumal der Schlachthof auch für Fremde – etwa Eigentümer der zu schlachtenden Tiere – zugänglich war. Der Kernbereich ihrer privaten Lebensgestaltung ist nicht berührt (…). Hingegen wird dem staatlichen Aufklärungsinteresse hinsichtlich der hier in Frage stehenden Straftaten und Ordnungswidrigkeiten besonderes Gewicht dadurch verliehen, dass der Tierschutz gemäß Art. 20a GG eine Staatszielbestimmung darstellt."

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