Greifen Dritte umfangreich öffentlich zugängliche Daten von Facebook (sog. Scraping), so kann ein betroffener Nutzer gegen Facebook keinen Anspruch auf DSGVO-Schadensersatz geltend machen, da keine ersatzfähige Beeinträchtigung vorliegt (LG Bielefeld, Urt. v. 19.12.2022 - Az.: 8 O 182/22).
Der Kläger war User bei der Online-Plattform Facebook und verlangte wegen Datenschutzverstößen eine Geldentschädigung. Es ging dabei um die öffentlich zugänglich Daten des Klägers, die Dritte von den Facebook-Seiten abgreifen und konzentriert sammeln konnten (sog. Scraping).
Das Gericht lehnte den Anspruch ab, weil keine Beeinträchtigung vorliege:
"Auch und gerade unter Berücksichtigung eines weiten Verständnisses des immateriellen Schadens, das ausdrücklich auch Bagatellschäden einschließt, kann das Gericht nicht erkennen (...), dass der Kläger einen solchen Schaden tatsächlich erlitten hat.
Die in den Schriftsätzen beschriebenen formelhaften Ängste und Sorgen, das Unwohlsein, die aufgewendete Zeit und der Stress haben sich in der persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung nicht mehr gezeigt. Sie sind Teil einer Klageschrift und Replik, die mit dem gleichen Inhalt in einer Vielzahl von Verfahren rechtshängig wurden. Schon deswegen war der persönliche Eindruck des erkennenden Gerichts vom Kläger in seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung entscheidend. In dieser hat der Kläger zunächst geschildert, er habe sich zwischen 2009 und 2010 auf ... angemeldet und nutze die Plattform bis heute."
Und weiter:
"Es ist festzuhalten, dass alle Daten - bis auf die Handynummer - aus dem öffentlichen Profil des Klägers "abgelesen" wurden, die der Kläger bereitwillig dort selbst eingetragen hat. Ein Identitätsdiebstahl hat insoweit nicht stattgefunden. Soweit diese Daten öffentlich waren, standen sie bereits bei ihrer Eingabe nicht mehr unter der ausschließlichen klägerischen Kontrolle. Ein Kontrollverlust kann sich daraus gerade nicht ergeben.
Die schriftsätzliche Argumentation, der Kläger sei verstärkt misstrauisch bzgl. Spam-E-Mails, ist zurückzuweisen. Die E-Mail-Adresse des Klägers war nicht betroffen. Während dies in der Klage noch behauptet wurde (...), hat sich dies aus der persönlichen Anhörung gerade nicht ergeben: Nach den Kenntnissen des Klägers sei die E-Mail-Adresse nicht betroffen. Es passt zudem nicht zu den schriftsätzlichen Schilderungen des Klägers bezüglich des Scraping-Vorfalls. Es wäre völlig unklar, wie die Scraper an die E-Mail-Adresse des Klägers gekommen sein sollten.
Das Gericht konnte nicht erkennen, dass der Kläger sich tatsächlich "beobachtet" gefühlt hat. Er wirkte nicht hilflos oder sah sich zu einem reinen Objekt der Datenverarbeitung degradiert. Zu erkennen war lediglich ein verständlicher Ärger ("Mist") über die Veröffentlichung der Handynummer im Internet, der nicht genügt. Das Gericht hält schriftsätzlich behauptete Sorgen und Ängste des Klägers nicht für glaubhaft. Der Kläger war bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung auf Facebook angemeldet. (Drastische) Konsequenzen hat er nicht gezogen. "