Die personalisierte Briefwerbung ist nach Art. 6 Abs.1 f) DSGVO ausdrücklich erlaubt, da die Direktwerbung und die damit verbundene Neukundengewinnung ein berechtigtes Interesse iSd. DSGVO darstellen (OLG Stuttgart, Beschl. v. 02.02.2024 - Az.: 2 U 63/22).
Der Kläger fand in seinem Briefkasten personalisierte Werbung einer Versicherung. Er machte daraufhin gegen den Dienstleister, der der Absender der Nachricht war, einen DSGVO-Schadensersatzanspruch geltend.
Erstinstanzlich hatte das LG Stuttgart (Urt. v. 25.02.2022 - Az.: 17 O 807/21) den Anspruch abgelehnt, weil das Handeln der Beklagten durch die berechtigten Interessen gedeckt sei, vgl. dazu unsere Kanzlei-News v. 29.03.2022.
Im Rahmen der Berufung hat sich das OLG Stuttgart dieser Ansicht angeschlossen und das Rechtsmittel als erfolglos eingestuft.
Die Zusendung der Werbung sei durch Art. 6 Abs.1 f) DSGVO abgedeckt, so die Richter:
"Entgegen der Auffassung der Berufung ist für die Rechtmäßigkeit einer Direktwerbung nicht Voraussetzung, dass bereits eine Kundenbeziehung besteht. Bei seiner Auslegung des Artikels 6 Absatz 1 Satz 1 lit. f DS-GVO hat das Landgericht überzeugend den Erwägungsgrund Nr. 47 herangezogen, der die Direktwerbung beispielhaft als berechtigtes Interesse im Sinne der genannten Norm anerkennt. Unter diesem Begriff versteht die Verordnung – etwa in Artikel 21 Absatz 2 DS-GVO – jede unmittelbare Ansprache der be troffenen Person, etwa durch Zusendung von Briefen (…).
Weder aus Artikel 6 Absatz 1 Satz 1 lit. f DS-GVO noch aus den Erwägungsgründen ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass die Direktwerbung nur innerhalb einer bestehenden Kundenbeziehung als berechtigtes Interesse anerkannt wird.
Unter dem Begriff der berechtigten Interessen sind vielmehr sämtliche rechtlichen, wirtschaftlichen oder ideellen Interessen zu verstehen (…), die auch außerhalb oder im Vorfeld einer Kundenbeziehung liegen können. Zutreffend hat das Landgericht auch gesehen, dass das berechtigte Interesse eines Dritten – hier das Interesse der X(…) AG - n der Verteilung der Werbebotschaft – dem Interesse des Beklagten als Verantwortlichen gleichsteht."
Hierzu sei auch die Verarbeitung personenbezogener Daten erlaubt:
"Weiter hat das Landgericht überzeugend herausgearbeitet, dass die Verarbeitung der personenbezogenen Daten erforderlich war.
Insbesondere steht der Erforderlichkeit nicht der Einwand der Berufung entgegen, dass auch eine Übersendung der Werbung per elektronischer Post möglich wäre.
Zwar sollen personenbezogene Daten nicht verarbeitet werden, wenn der Zweck der Verarbeitung in zumutbarer Weise durch andere Mittel erreicht werden kann, die weniger stark in die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Personen eingreifen (…).
Dabei kann der Kläger die Beklagte allerdings nicht darauf verweisen, die Zusendung elektronischer Nachrichten sei weniger belastend für Betroffene. Nach der Wertung der deutschen Rechtsordnung stellt die Versendung elektronischer Nachrichten ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung vielmehr eine unzumutbare Belästigung dar (vgl. § 7 Absatz 2 Nr. 2 UWG), während die Zusendung eines Briefes mit einer sofort als Werbung erkennbaren Botschaft als zulässig bewertet wird (BGH, Urteil vom 30. April 1992 – I ZR 287/90, juris Rn. 14 – Briefwerbung; BGH, Urteil vom 3. März 2011 – I ZR 167/09, juris Rn. 19 – Kreditkartenübersendung)."
Noch deutlicher wird das Gericht bei Abwägung der Interessen:
"Weiter hat das Landgericht auch überzeugend die Interessen der Streitparteien miteinander abgewogen und ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Interessen, Grundrechte und Grundfreiheiten des Klägers die Interessen der Beklagten und ihrer Auftraggeberin jedenfalls nicht überwiegen.
Alleine das Interesse des Klägers, keine Werbung zu erhal- ten, führt nicht zu einer ihm günstigen Interessenabwägung. Erst wenn er einen Widerspruch erhebt, ist die künftige Direktwerbung unzulässig (Artikel 21 Absatz 2 DS-GVO). "