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Kategorie: Onlinerecht

BGH: Kein Wertersatz trotz ordnungsgemäßer Verwendung der fernabsatzrechtlichen Muster-Widerrufsbelehrung

Auch bei ordnungsgemäßer Nutzung der fernabsatzrechtlichen Muster-Widerrufsbelehrung steht einem Unternehmen kein Wertersatz zu, wenn es gleichzeitig an anderer Stelle fehlerhafte oder irreführende Hinweise hierzu erteilt (BGH, Urt. v. 20.05.2021 - Az.: III ZR 126/19).

Die Klägerin war Verbraucherin und hatte bei der Beklagten, einer Online-Partnervermittlung, einen kostenpflichtigen Vertrag abgeschlossen. Laufzeit des Kontraktes waren 12 Monate zu einem Gesamtpreis iHv. 269,40 EUR. Noch vor dem Ende der Widerrufsfrist forderte die Klägerin die Beklagte auf, mit ihren Leistungen zu beginnen.

Die Beklagte belehrte die Klägerin ordnungsgemäß nach der fernabsatzrechtlichen Musterwiderrufsbelehrung. Unter einem Link "Hinweise zum Wertersatz"  war zudem ausgeführt, dass das Unternehmen den Wertersatz nach näher erläuterten Bedingungen berechne.

Wenige Zeit später widerrief die Klägerin den Vertrag und verlangte die Rückzahlung des gezahlten Gesamtpreises. Die Beklagte berief sich jedoch auf Wertersatz und zahlte von den 269,40 EUR nur einen geringen Teilbetrag (51,40 EUR) zurück.

Daraufhin die Kunden Leistungsklage auf Rückzahlung des einbehaltenen Geldes.

Zu Recht wie der BGH nun entschied.

Zwar sei die amtliche Muster-Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß benutzt worden. Jedoch stünde dem Unternehmen gleichwohl kein Wertersatz zu, da es gleichzeitig fehlerhafte bzw. irreführende Hinweise erteilt habe:

"Die von der Beklagten verwendete Wertersatzklausel ist unwirksam, denn von den Regelungen zum Widerrufsrecht kann gemäß § 361 Abs. 2 BGB nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden. Dabei ist es unerheblich, dass - wie das Berufungsgericht meint - die Klausel sich auch zugunsten des Verbrauchers auswirken könnte. Maßgeblich ist, ob sie abstrakt eine Schlechterstellung des Verbrauchers ermöglicht (...) beziehungsweise ob sie sich im konkreten Fall nachteilig für den Verbraucher auswirkt (....).

 Durch die von der Beklagten verwendeten "Hinweise zum Wertersatz" wird der Verbraucher in die Irre geführt und kann von einem rechtzeitigen Widerruf abgehalten werden. Dies hat zur Folge, dass die Widerrufsbelehrung insgesamt nicht ordnungsgemäß ist, so dass die Voraussetzungen für einen Wertersatzanspruch der Beklagten (...) nicht erfüllt sind."

Unerheblich sei auch, dass die Klausel nicht direkt in der Widerrufsbelehrung enthalten waren:

"Dabei ist es (...) unerheblich, dass die Klausel nicht in der verwendeten Muster-Widerrufsbelehrung selbst enthalten war und diese mit dem Zusatz "Ende der Widerrufsbelehrung" abschloss.

Die "Hinweise zum Wertersatz" ergänzen und konkretisieren die in der Belehrung enthaltene Bezugnahme auf die Verpflichtung des Kunden, einen "angemessenen Beitrag" für die bereits erbrachten Leistungen der Beklagten zu zahlen, und sind damit als Einheit mit der Belehrung zu verstehen.

Die Hinweise waren nach den Feststellungen des Berufungsgerichts an der Stelle verortet, wo der Verbraucher mit einer solchen Information gewöhnlich rechnen darf. Inhaltlich ergänzen sie die ganz pauschal gehaltene Beschreibung der Rechtsfolgen in der Widerrufsbelehrung um die konkreten Einzelheiten, auf die es dem Verbraucher ankommt, wenn er eine informierte Entscheidung über den Widerruf treffen möchte. Ein Verbraucher, der vor einer solchen steht, wird daher nicht nur die Widerrufsbelehrung und den darin enthaltenen allgemeinen Hinweis auf eine Wertersatzpflicht, sondern auch die konkreten "Hinweise zum Wertersatz" zum Gegenstand seiner Erwägungen machen."

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