Schaltet ein Dritter Google Ads -Werbung und verletzt damit Kennzeichenrechte, hat der Markeninhaber gegen Google nur einen begrenzten Auskunftsanspruch. Nicht umfasst vom, Auskunftsanspruch sind der Zeitpunkt der Anzeige, die Anzahl der Klick und die Klickpreise (BGH, Urt. v. 14.07.2022 - Az.: I ZR 121/21).
Die Klägerin war Markeninhaberin und stellte fest, dass ein Dritter unter Verletzung ihrer Kennzeichenrechte Google Ads - Werbung geschaltet hatte. Sie verlangte daraufhin von Google Auskunft über den Zeitpunkt der Annoncen-Schaltung, die Anzahl der generierten Klicks und welche Entgelte der Inserent gezahlt hatte.
Anspruchsgrundlage war hierbei § 19 Abs. 1 und Abs. 3 MarkenG:
§ 19 Auskunftsanspruch
(1) Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung kann den Verletzer in den Fällen der §§ 14, 15 und 17 auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg von widerrechtlich gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen in Anspruch nehmen.
(...)
(3) Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über
1. Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Waren oder Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und
2 die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren sowie über die Preise, die für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen bezahlt wurden.
Bereits in der Vorinstanz hatte das KG Berlin (Urt. v. 13.07.2021 - Az.: 5 U 87/19) entschieden, dass die Klicks und die gezahlten Entgelte nicht unter diese Norm fallen würden.
Der BGH hatte diese Entscheidung nun zu überprüfen. Er kam zu dem Ziel, dass hinsichtlich keiner der Informationen eine Auskunftspflicht bestünde:
Hinsichtlich des Zeitpunkts der Anzeige:
"Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts steht der Klägerin kein Anspruch gegen die Beklagte auf Erteilung der mit dem Klageantrag a begehrten Auskunft über den Zeitpunkt zu, ab dem die streitgegenständliche Anzeige auf der Internetseite www.google.de sichtbar war.
Das Berufungsgericht hat angenommen, die von der Klägerin mit dem Klageantrag a begehrte Auskunft dazu, ab welchem Zeitpunkt die streitgegenständliche Anzeige auf der Internetseite www.google.de sichtbar gewesen sei, sei eine solche zum Vertriebsweg im Sinne von § 19 Abs. 1 MarkenG. (...)
Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision der Beklagten mit Erfolg. (...)
Das Berufungsgericht ist danach rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die von der Klägerin begehrte Auskunft über den Zeitpunkt der Anzeigenschaltung nicht zu den Angaben gehört, über die gemäß § 19 Abs. 3 MarkenG Auskunft zu erteilen ist."
Und hinsichtlich der Anzahl der Klicks:
"Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch aus § 19 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG auf Auskunft über die Anzahl der Klicks zu, mit denen die über die Anzeige zugängliche Internetseite aufgerufen wurde.
Das Berufungsgericht hat angenommen, bei der von der Klägerin begehrten Auskunft über die Anzahl der Klicks gehe es nicht um die Frage, ob und ab wann ein Vertriebsweg zur Verfügung gestanden habe, so dass diese Angaben nicht von § 19 Abs. 1 MarkenG umfasst würden. Die Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 Nr. 1 und 2 MarkenG lägen ebenfalls nicht vor. Die Beurteilung hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.
Die Regelung in § 19 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG begründet (...) nach ihrem Wortlaut unmittelbar nur eine Auskunftspflicht betreffend "die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren" sowie "über die Preise, die für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen bezahlt wurden". Die Auskunftspflicht bezieht sich damit lediglich auf "die Menge von Waren" und nicht auf "die Menge von Dienstleistungen". (...)
Selbst wenn man hiervon zugunsten der Klägerin ausginge, umfasste die Auskunft über "die Menge der Dienstleistungen" nicht die Anzahl der Klicks, mit denen die über die streitgegenständliche Anzeige zugängliche Internetseite aufgerufen wurde. Die Marke und das Unternehmenskennzeichen der Klägerin sind in der beanstandeten Werbeanzeige zwar in rechtsverletzender Weise für Dienstleistungen der Entsorgung und Verwertung von Abfall sowie für ein in dieser Branche tätiges Unternehmen benutzt worden. Die von der Klägerin begehrte Auskunft bezieht sich jedoch nicht auf rechtswidrig gekennzeichnete Dienstleistungen, sondern auf eine rechtswidrige Verwendung ihrer Marke und ihres Unternehmenskennzeichens in der Adwords-Anzeige, also in einer Internetwerbung. Kennzeichenverletzende Werbemittel werden vom Wortlaut des § 19 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG nicht erfasst."
Und in puncto der gezahlten Klickpreise:
"Das Berufungsgericht hat mit Recht auch den Klageantrag c abgewiesen, mit dem die Klägerin Auskunft über den Preis begehrt, den der Besteller an die Beklagte für die Schaltung der streitgegenständlichen AdWords-Anzeige gezahlt hat.
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, bei den "Dienstleistungen" im Sinne von § 19 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG handele es sich nicht um diejenigen Dienstleistungen, die der Verletzer für die rechtsverletzende Tätigkeit genutzt habe, sondern um die widerrechtlich gekennzeichneten Dienstleistungen im Sinne von § 19 Abs. 1 MarkenG. Dafür spreche, dass in § 19 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG die Dienstleistung neben die Ware gestellt werde und in Bezug auf letztere eindeutig sei, dass es sich um diejenige im Sinne von § 19 Abs. 1 MarkenG handele. Eine analoge Anwendung von § 19 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG scheide aus, ebenso ein Anspruch aus § 242 BGB. Dagegen wendet sich die Revision der Klägerin ohne Erfolg. Die Beurteilung des Berufungsgerichts weist keinen Rechtsfehler auf."