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OLG Stuttgart: PAngVO = Wettbewerbsverletzung?

Das OLG Stuttgart (Urt. v. 10.02.2005 - Az.: 2 U 153/04) hatte zu beurteilen, ob ein Verstoß gegen die PAngVO stets eine Wettbewerbsverletzung iSd. § 3 UWG darstellt.

Der Beklagte hatte in einer Postwurfsendung u.a. damit geworben, dass er Brillenfassungen mit Gläsern abgebildet und den jeweiligen Preis (etwa 98,00 €*, 79,00 €*) beigefügt hat. Das Sternchen verwies auf den ganz am unteren Rande eines in DIN A-3-Größe gehaltenen Faltblattes angeführten Text: "*Preise sind gültig für Gläser bis ± 6 dpt./cyl, ± 2,0 dpt. nur für Einstärken-Gläser. Aufpreis bei Gleitsichtgläsern 149,- Euro."

Die Klägerin sah darin einen Verstoß gegen die PAngVO und somit eine Wettbewerbsverletzung. Sie klagte vor Gericht auf Unterlassung. Und verlor.

"Gerade bei der Endpreisangabe wird (...) nicht jeder Fall geeignet sein, die Bagatellschwelle des § 3 UWG zu überschreiten, etwa weil das in jeder unvollständigen oder schlecht erkennbaren Endpreisangabe liegende Irreführungspotenzial so niedrig ist, dass sie den Endverbraucher in seiner Entscheidung letztlich nicht beeinflussen wird und daher auch den Wettbewerb auf dem jeweils relevanten Markt nicht beeinträchtigen kann (...)

(...) Der vorliegende Verstoß [ist] als unterhalb der wettbewerbsrechtlichen Wesentlichkeitsschwelle liegend anzusetzen und damit unbeachtlich.

Vorliegend ist der Hinweis auf den Aufpreis drucktechnisch, inhaltlich und seiner Platzierung in der Gesamtwerbung nach sehr dezent gehalten und so mit nur geringem Aufmerksamkeitsappell ausgestattet. Dem Verbraucher wird auch nicht eine genaue Information über den Aufpreis vorenthalten. Er wird vielmehr eindeutig benannt. Auch geht er nicht etwa in einer Fülle von weiteren Preisangaben unter. Nur er steht als Aufpreis an. Der Kunde kann leicht erkennen, dass ihn bei gleicher Brillenfassung die Gleitsichtausführung 149,00 € mehr kosten wird."


Und weiter:

"Er kann dies auch unschwer addieren und so seine tatsächliche wirtschaftliche Belastung im Falle einer solchen Wahl erfassen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Hemmschwelle des Kunden, sich für das teurere, nämlich Gleitsichtmodell, zu entscheiden, durch eine solche Preisstückelung in einem gewissen Umfang unterlaufen wird, da mangels Ausweisung des höheren Preises die Belastung auf Anhieb nicht so hoch erscheinen mag. Gleichwohl ist der Käufer an solche Varianten vielfach gewöhnt und als durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher gedacht, der oft kalkulieren und weit schwierigere Rechenoperationen für seine täglichen Dispositionen treffen muss, weder überfordert mit der raschen Erfassung des wahren Preises noch, entschließt er sich, sich mit dem Angebot der Beklagten näher zu befassen, dann durch den Mangel der Nennung eines Endpreises für die Gleitsichtausführung letztlich verführt.

Deshalb ist der Verstoß jedenfalls als unwesentlich einzustufen und damit nicht im Sinne der Klägerin ahndungswürdig. Zwar wird durch eine solche Sicht ein - gedachter - Wettbewerbsverstoß letztlich übergangen oder, wie die Klägerin ausführt, "eine materielle Frage des Rechtsverstoßes in unzulässiger Weise mit dem früheren Merkmal der wesentlichen Beeinträchtigung vermengt" (...).

Diese Folge, dass eine unlautere Wettbewerbshandlung im Ergebnis doch nicht unzulässig ist, ist aber gerade die gesetzgeberische Wertung in § 3 UWG, indem dort das weitere Tatbestandsmerkmal der nicht nur unerheblichen Beeinträchtigungseignung beigefügt worden ist (....)."


Siehe dazu auch die Entscheidung des BGH, dass ein PAngVO-Verstoß wesentliche Verbraucherbelange berühren muss, um durch einen Abmahnverein gerügt werden zu können, vgl.die Kanzlei-Info v. 10.03.2004. Zu den Preisangabepflichten im Internet vgl. das Urteil des OLG Hamburg und die in den dortigen Infos erwähnten weiteren Entscheidungen, vgl. die Kanzlei-Info v. 12.03.2005.

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