Selbst wenn ein Online-Coaching-Vertrag aufgrund eines Verstoßes gegen das FernUSG unwirksam ist, hat der Teilnehmer nicht automatisch einen Anspruch auf Rückzahlung der gezahlten Entgelte. Dem Anbieter kann in diesem Fall ein entsprechender Wertersatz in gleicher Höhe zustehen (AG Paderborn, Urt. v. 05.09.2025 - Az.: 57a C 183/24).
Die Klägerin buchte bei der Beklagten ein achtwöchiges Online-Coaching-Programm für 3.570 EUR. Sie erhielt Zugang zu Videomodulen, Live-Webinaren und Gruppenbetreuung. Nachdem sie mehr als 70 der 99 Stunden Videomaterial genutzt hatte, verlangte sie die Rückzahlung des Betrags mit der Begründung, der Vertrag sei wegen fehlender Zulassung nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) nichtig.
Das Gericht wies die Klage ab.
Zwar handle es sich bei dem Coaching-Vertrag um einen Fernunterricht. Die Teilnehmer lernten überwiegend räumlich getrennt, die Inhalte wurden aufgezeichnet und es fand eine Lernkontrolle durch Frageoptionen statt. Da die Beklagte jedoch keine Zulassung nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz hatte, sei der Vertrag tatsächlich nichtig.
Dennoch bestehe kein Rückzahlungsanspruch, weil die Klägerin nach § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz in gleicher Höhe zu leisten habe.
Die Klägerin habe die Leistungen im vollen Umfang in Anspruch genommen. Das Coaching sei auch nicht unverhältnismäßig teuer gewesen. Andere Angebote lägen in ähnlicher oder höherer Preisspanne:
"Aufgrund der fehlenden Zulassung der Beklagten nach § 12 FernUSG folgt gem. § 7 Abs. 1 FernUSG die Nichtigkeit des Vertrags.(…)
3. Als Rechtsfolge wäre grundsätzlich der Betrag von 3.570,00 € zurück zu gewähren. Im Rahmen der Saldierung reduziert sich der Betrag jedoch auf 0,00 €.
Denn der Beklagten steht wiederum ein Anspruch auf Wertersatz gem. §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 818 Abs. 2 BGB für die aus dem nichtigen Vertrag erbrachten Leistungen zu, die einen Wert von 3.570,00 € aufweisen.
Eine Kondiktionssperre nach § 817 S. 2 BGB liegt entgegen der Ansicht der Klägerin nicht vor. Dass sich die Beklagte der Einsicht in den Gesetzesverstoß zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses leichtfertig verschlossen hatte, ist nicht erkennbar.
Gemäß § 818 Abs. 2 BGB ist, wenn - wie hier - die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich ist, der Wert zu ersetzen. Bei Dienstleistungen bemisst sich die Höhe des Wertersatzes nach der üblichen und hilfsweise nach der angemessenen, vom Vertragspartner ersparten Vergütung, höchstens jedoch nach der vereinbarten Vergütung.
Die Dienstleistung aufgrund eines nichtigen Dienstvertrags ist nicht wertlos, wenn der Leistungsempfänger mit den Diensten sonst einen anderen, dazu Befugten, betraut hätte und diesem eine entsprechende Vergütung hätte zahlen müssen. Diese Abwicklung nach Bereicherungsrecht soll nicht demjenigen, der eine gesetzwidrige Dienstleistung vornimmt, auf einem Umweg doch eine Vergütung verschaffen, sondern nur verhindern, dass der Empfänger der Leistungen daraus einen ungerechtfertigten Vorteil zieht (BGH a.a.O.).
Insoweit bestätigte die Klägerin im Rahmen der persönlichen Anhörung, dass sie bereits vor Vertragsschluss, den Entschluss gefasst habe, mit dem Bereich Copywriting anzufangen. Hierzu erwarb die Klägerin vor dem streitgegenständlichen Vertrag bereits einen Selbstlernkurs. Aus dem Umstand des hiesigen Vertragsschlusses sowie dem Umstand, dass die Klägerin die Vertragsinhalte überwiegend in Anspruch nahm, ist der Beklagten dahingehend zuzustimmen, dass sich die Klägerin sonst an andere Anbieter gewandt hätte. Dem tritt die Klägerin auch nicht entgegen.
Insoweit richtet sich die Höhe des Wertersatzes nach der üblichen und hilfsweise nach der angemessenen, vom Vertragspartner ersparten Vergütung. Hierzu legt die Beklagte Kursangebote vor, die insgesamt über dem hier vereinbarten Preis bestehen. Zwar behauptet die Klägerin ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. Dies erfolgt jedoch ohne substantiierte Grundlage ins Blaue hinein und ist mithin unbeachtlich. Soweit sich die Klägerin auf ein Urteil des LG Stade beruft, ist in diesem selbst von Preisen bis zu 3.000,00 € die Rede. Selbst wenn man dies zugrunde legt, ist der vorliegende Preis von 3.570,00 € nur 19 % höher."