Das OLG Düsseldorf hat in einer aktuellen Entscheidung (Urt. v. 07.06.2006 - Az.: I-15 U 21/06) festgestellt, dass ein Forums-Betreiber für fremde, rechtswidrige Dritt-Einträge erst ab Kenntnis haftet.
Die OLG-Richter haben damit das Urteil der 1. Instanz (Urt. v. 25.01.2006 - Az.: 12 O 546/05) auf.
In der 1. Instanz vertraten die Richter die Ansicht, dass für den Fall, wenn in der Vergangenheit rechtswidrige Postings aufgetaucht seien, es nicht ausreiche, lediglich die betreffenden IP-Nummern zu sperren. Der Betreiber des Forums habe vielmehr durch andere technische Mittel dafür Sorge zu tragen, dass zukünftige rechtswidrige Postings zu diesem Thema nicht mehr auftauchten. Dies sei insbesondere dann nicht gewährleistet, wenn Dritte - ohne jede Registrierung im Forum - Beiträge senden könnten.
Dieser Ansicht ist die Berufungsinstanz nicht gefolgt:
"Nach Auffassung des Senats ist es (...) nicht gerechtfertigt, dem Verfügungsbeklagten weitergehende Überwachungs- und Prüfungspflichten hinsichtlich rechtsverletzender Äußerungen deswegen aufzuerlegen, weil er aufgrund des Schreibens vom 12. September 2005 und wohl auch aufgrund seiner eigenen Recherchen Kenntnis davon hatte, dass in dem Forum Beiträge veröffentlicht wurden, die den Verfügungskläger möglicherweise in seinen Rechten verletzten.
Soweit der BGH in der bereits zitierten Entscheidung vom 11. März 2004 - I ZR 304/01 - (MMR 2004, 668 [671/672]] der dortigen Beklagten aufgegeben hat, auch Vorsorge dafür zu treffen, dass es nicht zu weiteren Rechtsverletzungen komme, ist dies auf den hier zu entscheidenden Fall nicht zu übertragen.
Der Umfang der dem Diensteanbieter obliegenden Prüfungspflichten bestimmt sich nämlich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (...). Entscheidend sind mithin die Umstände des Einzelfalles, wobei die betroffenen Rechtsgüter, der zu betreibende Aufwand und der zu erwartende Erfolg in die vorzunehmende Abwägung eingestellt werden müssen.
Dabei kann sich der Diensteanbieter nicht von vornherein auf den erheblichen Aufwand angesichts des massenhaften Datenverkehrs berufen noch kann jede Rechtsgutverletzung einen immensen Kontrollaufwand erfordern. Es ist vielmehr danach zu fragen, inwieweit es dem als Störer in Anspruch Genommenen technisch und wirtschaftlich möglich und zumutbar ist, die Gefahren von Rechtsgutverletzungen zu vermeiden, welche Vorteile der Diensteanbieter aus seinen Diensten zieht, welche berechtigten Sicherheitserwartungen der betroffene Verkehrskreis hegen darf, inwieweit Risiken vorhersehbar sind und welche Rechtsgutverletzungen drohen (...)."
Auf den konkreten Fall übertragen bedeutet dies:
"Nach diesen Kriterien vermag der Senat eine weitergehende Prüfungspflicht des Verfügungsbeklagten nicht zu erkennen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass aufgrund der Häufung von Verletzungen des Persönlichkeitsrechts und der Ehre des Verfügungsklägers auch für den Verfügungsbeklagten erkennbar war, dass ein Risiko künftiger weiterer Rechtsverletzungen bestand. (...)
Auch in Ansehung dieser Umstände spricht jedoch zum einen entscheidend gegen die Annahme weiterer Prüfpflichten, dass der Verfügungsbeklagte als nicht professionellen Forumsbetreiber tätig war, der – soweit ersichtlich - in keiner Weise von dieser Tätigkeit wirtschaftlich profitierte. Dies unterscheidet den vorliegenden Fall von dem durch Urteil des BGH vom 11. März 2004 (MMR 2004, 668) entschiedenen Fall, bei welchem die Vorsorgepflichten des beklagten Internet-Auktions-Anbieters maßgeblich unter bezug auf dessen Provisionsinteresse hergeleitet wurden.
Zum anderen ist nicht ersichtlich, wie mit zumutbaren Aufwand der Verfügungsbeklagte Vorsorge gegen weitere Rechtsgutverletzungen hätte treffen können. Wirtschaftlich war es unzumutbar, Mitarbeiter in ausreichender Zahl zu beschäftigen, die das gesamte Forum mit seinen verschiedenen Diskussionsforen rund um die Uhr hätten überwachen können. Technisch war die Sperrung der IP-Nummern nicht geeignet, weitere Rechtsverletzungen zu vermeiden, wie der tatsächliche Umgehungserfolg zeigt.
Eine Sperrung der Pseudonyme war praktisch ungeeignet, da Pseudonyme gewechselt werden können. Eine Suche nach bestimmten Kennworten ("Pornokönig", "dumm" etc.) mag technisch ohne großen Aufwand realisierbar und bei Markenrechtsverletzungen auch sinnvoll sein, ist aber angesichts der unübersehbar großen Möglichkeiten, Äußerungen ehrverletzend zu formulieren, bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen ersichtlich ohne großen praktischen Sinn.
Schließlich rechtfertigt auch die Möglichkeit, nur registrierten Usern Zugang zu den Foren zu eröffnen, nicht, dem Verfügungsbeklagten weitere Prüfungspflichten aufzuerlegen."
Die Richter verneinen somit eine Überwachungspflicht auch für die Fälle, wo in der Vergangenheit schon rechtswidrige Äußerungen aufgetaucht waren.
Entscheidende Bedeutung kommt dabei nach Meinung der Richter aber dem Umstand zu, dass der Forums-Betreiber "nicht professionell" gehandelt hat, soll heißen, von dem Forum in keiner Weise wirtschaftlich profitierte.
Dies ist exakt auch der entscheidende Unterschied z.B. zum "Heise-Fall" des LG Hamburg (Urt. v. 02.12.2005 - Az.: 324 0 721/05), denn dort betrieb ein profitorientiertes Unternehmen und keine reine Privatperson das Forum.