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KG Berlin: Ungeprüfte Übernahme von fehlerhaften Agentur-Pressemeldungen

Das KG Berlin (Urt. v. 07.06.2007 - Az.: 10 U 247/06: PDF) hat entschieden, dass die ungeprüfte Übernahme von fehlerhaften Agentur-Pressemeldungen keinen Anspruch auf Unterlassung begründet.

"Die Veröffentlichung der Beklagten (...) stellt keine die Wiederholungsgefahr indizierende rechtswidrige Erstbegehung (...) dar, weil die Beklagte bei Abfassung des Redaktionsschwanzes berechtigt auf die Richtigkeit der am 11. September 2xxx um 22:47 Uhr versandten (...) Meldung gleichen Inhalts vertrauen durfte.

Die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung ergibt sich – entgegen der Ansicht der Klägerin – insbesondere nicht daraus, dass die Beklagte die Agenturmeldung ohne weitere Nachrecherche übernommen hat.

Medienangehörigen obliegt zwar grundsätzlich die Verpflichtung zur sorgfältigen Prüfung des Inhalts ihrer beabsichtigten Veröffentlichung (...) und ein Verstoß gegen diese journalistischen Sorgfaltspflichten ist geeignet, im Einzelfall die Rechtswidrigkeit des verletzenden Verhaltens zu begründen (...), vorliegend war die Beklagte von einer Verpflichtung zur
Nachrecherche jedoch entbunden, weil die übernommene Meldung aus einer so genannten privilegierten Quelle stammte (...)."


Und weiter:

"Im Rahmen des journalistischen Tagesgeschäfts können die Medien ihren verfassungsmäßigen Auftrag, umfassend und zugleich möglichst tagesaktuell zu berichten, nur erfüllen, wenn sie nicht jede ihrer Berichterstattungen vollständig selbst recherchieren und gegenprüfen müssen.

Gerade eine zeitnahe Publikation weltweiter Geschehnisse könnte von einem Printmedium wie der Beklagten nicht geleistet werden, wenn es ihm nicht erlaubt wäre, einen Teil seiner Berichterstattung aus anderen Quellen zu übernehmen. Ob und Inwieweit bei entsprechend übernommenen Meldungen eine Pflicht zur sorgfältigen Überprüfung oder konkreten Nachrecherche besteht, hängt von der Art der Quelle ab, aus der die Meldung stammt; je seriöser die Quelle ist, desto geringer ist die Pflicht zur journalistischen Sorgfalt (...).

In diesem Zusammenhang hat sich in Rechtsprechung (...) und Literatur (...) das so genannte „Agenturprivileg“ durchgesetzt, das den Journalisten unter Wahrung ihrer journalistischen Sorgfaltspflichten erlaubt, Meldungen der als seriös anerkannten Nachrichtenagenturen, zu denen auch der (...) gehört (vgl. Peters und Burkhardt jeweils a.a.O.), ohne weitere (Nach-)Recherche ihres Inhalts zu verwerten.

Diese Privilegierung findet ihre Grenze erst, wenn für den übernehmenden Journalisten Veranlassung zu konkreten Zweifeln an der inhaltlichen Richtigkeit der Meldung bestanden."

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