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LG Hamburg: Mangelhafte Sorgfaltspflicht führt zu unzulässiger Verdachtsberichterstattung im Web

Eine investigative Story erfordert nicht nur eine intensive Recherche, sondern auch die Einhaltung der presserechtlichen Sorgfaltspflicht. Schlampt der Redakteur, so ist die Verdachtsberichterstattung rechtswidrig.

Dies hat jüngst das Landgericht Hamburg entschieden und einen Artikel über den Korruptionsverdacht gegenüber einer Tischlerei aus Mecklenburg-Vorpommern für unzulässig erklärt (Urt. v. 11.04.2008 - Az. 324 O 818/07).

Aufhänger für die Geschichte auf der Homepage eines Anbieters von aktuellen Nachrichten über Mecklenburg-Vorpommern waren Ermittlungen der Rostocker Staatsanwaltschaft gegen eine Firma wegen des Verdachts des Subventionsbetruges. Das Unternehmen, über das später auf der Website unter voller Namensnennung berichtet wurde, hatte mit eben dieser Firma zusammengearbeitet.

Innerhalb der Berichterstattung wurde gemutmaßt, dass die Tischlerei in diesem Zusammenhang ein Dumpingangebot abgegeben habe, um an den Auftrag zu kommen.

Laut Gericht sei die Behauptung jedoch unwahr gewesen. Somit habe es sich um eine Verdachtsberichterstattung gehandelt, die jedoch wegen der fehlenden Einhaltung der Sorgfaltspflicht unzulässig gewesen sei.

Für die Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung verwies das Landgericht auf die ständige Rechtsprechung des BGH. Erforderlich ist demnach, dass „ein Mindestbestand an Beweistatsachen vorliegt; dass keine Vorverurteilung stattfindet; dass die zur Verteidigung des Beschuldigten vorgetragenen Tatsachen und Argumente berücksichtigt werden; eine Stellungnahme des Betroffenen eingeholt wurde und dass es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handelt, dessen Mitteilung durch ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit gerechtfertigt ist“.

Laut Aussagen der hanseatischen Richter folge die Unzulässigkeit aus den beiden Umständen, dass keine Stellungnahme der Tischlerei eingeholt wurde und „keinerlei entlastende Tatsachen mitgeteilt“ wurden.

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