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VGH Baden-Württemberg: Sperrgebiets-Verbot für Prostituierte teilweise unwirksam

Die Verordnung des Regierungspräsidiums Karlsruhe über das Verbot der Prostitution in Weinheim vom 5.3.2007 ist unwirksam, soweit sie sich auf das Gebiet der "Hildebrand`schen Mühle" erstreckt. Die Sperrgebietsverordnung steht damit der Errichtung des dort geplanten Bordells nicht entgegen. Das hat der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) mit einem heute verkündeten Urteil entschieden und damit einem Normenkontrollantrag der Eigentümer des Anwesens (Antragsteller) stattgegeben.

Das Regierungspräsidium hat auf Antrag der Stadt Weinheim eine Sperrgebietsverordnung erlassen. Danach ist im gesamten Stadtgebiet die Prostitution grundsätzlich verboten. Eine Ausnahme gilt für bestimmte Gewerbegebiete, die als sogenannte Toleranzzonen ausgewiesen sind. Die baurechtlich genehmigten Bordelle genießen Bestandsschutz.

Mit dem Erlass der Verordnung hat das Regierungspräsidium auf ein erhöhtes Interesse an der Ansiedlung von Prostitutionsbetrieben in Weinheim reagiert. Die Verordnung verfolgt das Ziel, einer Überfrachtung der Stadt mit Bordellen entgegenzutreten und deren Ansiedlung in dafür geeignete Gebiete zu lenken. Das Regierungspräsidium sieht ansonsten die Gefahr, dass sich ohne die Verordnung das Gepräge der Stadt grundlegend verändert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Verordnung grundsätzlich nicht beanstandet. Er hat ausgeführt, dass Sperrgebietsverordnungen weiterhin aufgrund der Ermächtigungsgrundlage des Art. 297 EGStGB erlassen werden dürften. Der Wandel der gesellschaftlichen Bewertung der Prostitution und die Verabschiedung des Prostitutionsgesetzes im Jahre 2001 stünden dem nicht entgegen. Danach sei die Prostitution nicht mehr automatisch als sittenwidrig anzusehen. Sie könne aber, wenn sie und ihre Begleitumstände nach außen in Erscheinung träten, zur Wahrung des öffentlichen Anstands und zum Schutz der Jugend weiterhin besonderen Beschränkungen unterworfen werden.

Die Sperrgebietsverordnung für Weinheim diene dieser Zielsetzung. Das Regierungspräsidium habe zu Recht davon ausgehen dürfen, dass bei dem zu befürchtenden Anstieg der Prostitution in Weinheim auch ein Personenkreis angezogen werde, der auf Diskretion keinen Wert lege. Angesichts des kleinstädtischen Umfelds in Weinheim sei dann zu erwarten, dass auch Unbeteiligte und insbesondere Kinder und Jugendliche mit ihren Auswirkungen konfrontiert würden.

Bei der Ausweisung der Toleranzzonen habe das Regierungspräsidium allerdings nicht beachtet, dass auch beim Gelände der "Hildebrand`schen Mühle" aufgrund der örtlichen Verhältnisse eine Beeinträchtigung des öffentlichen Anstands und eine Gefährdung der Jugend nicht zu besorgen sei. Hiervon gehe selbst das Regierungspräsidium bei dem von den Antragstellern geplanten Vorhaben aus; dieses sehe im Interesse der Anwohner des Mühlwegs die Erschließung des Bordells über eine neu zu errichtende Brücke vor.

Solche baurechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten müssten auch bei der Prüfung berücksichtigt werden, ob sich ein Gebiet als Toleranzzone eigne. Schließlich könne eine Gefährdung der Kinder und Jugendlichen nicht angenommen werden, die die Birkenauer Talstraße auf der anderen Seite der Weschnitz als Schulweg benutzten.

Die Revision wurde nicht zugelassen. Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

Az.: 1 S 2256/07

Quelle: Pressemitteilung des VGH Baden-Württemberg v. 15.12.2008

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