Ein Online-Vermittlungsportal für Flugreisen muss sämtliche Kosten, die bei einer Bestellung anfallen, ausweisen. Dies gilt selbst dann, wenn es die Kosten für einzelne Positionen nicht von der Fluglinie erhält (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 18.04.2024 - Az.: 6 U 108/22).
Die Beklagte, ein Vermittlungsportal für Flugreisen im Internet, gab nicht bei allen Reisen die fakultativen Zusatzkosten (hier: Kosten für eine Gepäckbeförderung) an.
Die Klägerin sah darin einen Verstoß gegen Art. 23 Luftverkehrsdienste-VO. Diese Norm lautet:
"Art. 23 Luftverkehrsdienste-V: Information und Nichtdiskriminierung
(1) Die der Öffentlichkeit zugänglichen Flugpreise und Luftfrachtraten, die in jedweder Form — auch im Internet — für Flugdienste von einem Flughafen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, auf das der Vertrag Anwendung findet, angeboten oder veröffentlicht werden, schließen die anwendbaren Tarifbedingungen ein. Der zu zahlende Endpreis ist stets auszuweisen und muss den anwendbaren Flugpreis beziehungsweise die anwendbare Luftfrachtrate sowie alle anwendbaren Steuern und Gebühren, Zuschläge und Entgelte, die unvermeidbar und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vorhersehbar sind, einschließen. Neben dem Endpreis ist mindestens Folgendes auszuweisen:
a) der Flugpreis bzw. die Luftfrachtrate,
b) die Steuern,
c) die Flughafengebühren und
d) die sonstigen Gebühren, Zuschläge und Entgelte, wie etwa diejenigen, die mit der Sicherheit oder dem Kraftstoff in Zusammenhang stehen, soweit die unter den Buchstaben b, c und d genannten Posten dem Flugpreis bzw. der Luftfrachtrate hinzugerechnet wurden. Fakultative Zusatzkosten werden auf klare, transparente und eindeutige Art und Weise am Beginn jedes Buchungsvorgangs mitgeteilt; die Annahme der fakultativen Zusatzkosten durch den Kunden erfolgt auf „Opt-in“-Basis."
Die Beklagte verteidigte sich damit, dass diese Regelung nur für Fluglinien gelte, aber nicht für sie als Vermittler-Portal. Zudem erhalte sie diese Daten gar nicht von allen Airlines, sodass es ihr gar nicht möglich sei, diese immer anzugeben.
Das OLG Frankfurt a.M. hat der Klage stattgegeben und die Beklagte zur Unterlassung verurteilt.
Die Norm sei anwendbar, sodass die Beklagte sämtliche Pflichten treffe:
"Die Beklagte ist – und das ist der Kern ihrer Verteidigung – der Auffassung, als Vermittlungsportal nicht in jedem Fall Normadressatin zu sein. Sie müsse die Anforderungen dieser Vorschrift dann nicht erfüllen, wenn das Luftfahrtunternehmen die Informationen über die Zusatzleistung, hier: die Kosten für die Beförderung des Gepäcks, nicht preisgebe.
(1) Dagegen spricht bereits, dass der Kläger unwidersprochen vorgetragen hat, die Fluggesellschaft Coredon, um die es hier geht, kommuniziere auf ihrer Internetseite www.corendonairlines.com/de sehr wohl auch die Preise für die Gepäckbeförderung. Die Beklagte behauptet dagegen lediglich, dass sich die Informationen zur Gepäckkosten nicht aus der von ihr herangezogenen Datenbank ergeben habe. D. h., das Recherchieren der Gepäckkosten dürfte für die Beklagte im Streitfall aufwändiger sein als üblich, keineswegs aber unmöglich."
Und weiter:
"(2) Vor allem aber gibt es angesichts der Ratio der Verordnung keinen Grund, Vermittlungsportale von den Verpflichtungen des Art. 23 Abs. 1 Luftverkehrsdienste- VO zu entbinden, wenn sie die erforderlichen Informationen von dem Luftfahrtunternehmen tatsächlich nicht erhalten sollten.
Der EuGH hat entschieden, dass die Anforderungen aus Art. 23 Abs. 1 Satz 4 Luftverkehrsdienste-VO selbst in Bezug auf solche Zusatzleistungen einzuhalten sind, die zusammen mit dem Flug gebucht werden können, aber nicht vom Luftfahrtunternehmen, sondern von einem Dritten angeboten werden (EuGH, Urteil vom 19. Juli 2012 – C-112/11 – ebookers.com – Rn. 17 f. juris).
Das gilt dann erst recht für Zusatzleistungen, die von dem Luftfahrtunternehmen selbst angeboten werden. Die Beklagte sieht das anders und meint, ihr dürfe die Pflicht zur Angabe der Gepäckbeförderungskosten nicht auferlegt werden, wenn sie sich nicht die erforderlichen Informationen beschaffen könne (was, wie oben dargetan wurde, schon nicht zutreffend ist), weil sie als Vermittlungsportal die Funktion erfülle, im Dienste der Verbraucher für eine Vergleichbarkeit der Flugreisekosten zu sorgen. Dieser Aufgabe wird sie gerade nicht gerecht, wenn sie die Kosten für das Gepäck – die gerade bei Billig-Airlines ein erheblicher Preisbestandteil sein können – nicht angibt.
Die Beklagte ist also Normadressatin von Art. 23 Abs. 1 Luftverkehrsdienste-VO und verstößt gegen diese Vorschrift. Der Unterlassungsanspruch ist daher aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 3a UWG begründet."