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OLG Köln: Angabe einer Jahreszahl in Werbung muss idR. Datum der Firmengründung entsprechen

Wirbt ein Unternehmen im Rahmen seiner Werbung mit einer bestimmten Jahreszahl (hier: "Zeitsprung 1883"), so sieht der Verbraucher darin grundsätzlich das Datum, an dem die Firma gegründet wurde (OLG Köln, Urt. v. 23.12.2020 - Az.: 6 U 74/20).

Die Beklagten vertrieben u.a. Schweizer Uhren. Sie verwendete als Unternehmenskennzeichen und Marke "Josef Pallweber". Josef Pallweber war ein Ingenieur, der 1883 ein Patent auf Uhren mit Sprungziffertechnik eintragen ließ, bei denen Stunden und Minuten mit Zahlen anstatt Uhrzeigern angezeigt wurden.

Basierend auf diesem Konzept entwickelten die Beklagten mehrere Uhrenmodelle und bewarben diese mit der Bezeichnung

"Zeitsprung 1883".

Dies stufte das OLG Köln als irreführend ein.

Soweit eine Werbeaussage mehrdeutig oder unklar sei, so die Richter, müsse der Werbende sämtliche Interpretationen gegen sich gelten lassen.

Im vorliegenden Fall erwarte der Verbraucher bei der Angabe einer Jahreszahl, dass es sich dabei um das Datum der Firmengründung handle:

"Dieses Verständnis ergibt sich daraus, dass der Verbraucher im Bereich von zahlreichen Branchen – auch bei Marken von hochwertigen Uhren – daran gewöhnt ist, in der Jahreszahl das Datum der Firmengründung zu sehen.

Ein Zusatz, der auf die Tradition ausdrücklich hinweist (etwa „seit“ oder „since“), ist für das Verkehrsverständnis nicht erforderlich. Vielmehr liegt es nahe, dass die Darstellung einer Jahreszahl im Zusammenhang mit dem Firmennamen inklusive des Logos einen Bezug zu der Firma aufweist und nicht allein auf das Produkt bezogen wird oder in der zweiten angegriffenen Darstellung auf die „Tradition“ Bezug genommen wird.

Es kommt hinzu, dass es sich bei hochwertigen Uhren um Produkte handelt, die – was die Klägerin dargelegt hat – verstärkt aufgrund der Tradition des jeweiligen Unternehmens erworben werden, zumal hochwertige mechanische Uhren auch aufgrund der Faszination der darin verbauten Feinmechanik erworben werden, so dass die Tradition des jeweiligen Unternehmens auch unter diesem Gesichtspunkt eine besondere Bedeutung hat."

 Daran ändere auch nichts der Zusatz des Wortes "Zeitsprung":

"Die Tatsache, dass die Angabe der Jahreszahl stets mit dem Zusatz „Zeitsprung“ einhergeht, führt zu keinem anderen Ergebnis.

Denn der Begriff „Zeitsprung“ wird allenfalls von einem kleinen Teil der angesprochenen Verkehrskreise als ein Hinweis auf die Technik oder Optik der Uhr verstanden. Der überwiegende Anteil der angesprochenen Verkehrskreise wird keine Kenntnis davon haben, dass der Begriff „Zeitsprung“ auf die Technik oder Optik hinweist. Denn dies setzt eine vertiefte Kenntnis der Entstehungsgeschichte der Uhren in der genannten Technik oder Optik voraus. (...)

Auch wenn anzunehmen ist, dass dem Kauf eines Luxusprodukts – wie vorliegend einer hochwertigen Uhr für mehrere tausend Euro – in der Regel eine erhöhte Aufmerksamkeit entgegengebracht wird, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn selbst die erhöhte Aufmerksamkeit führt nicht dazu, dass der angesprochene Verkehrskreis den Begriff „Zeitsprung“ richtig verstehen wird.

Auch in diesem Fall muss eine Auseinandersetzung mit der Geschichte des Produkts erfolgen, die selbst für einen interessierten Verbraucher nicht naheliegend ist, weil jedenfalls ein wesentlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise ein entsprechendes Produkt aufgrund der ihm zusagenden Optik und ggf. Zuordnung zu einer bestimmten Marke erwirbt, ohne die Entstehungsgeschichte des Produkts zu hinterfragen."

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