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LG Itzehoe: Duldungsvollmacht bei Telefonsex-Verträgen

Das LG Itzehoe (Urt. v. 12.7.2005 - 1 S 335/04) hatte darüber zu entscheiden, ob der Vater eines minderjähriges Sohnes für die Entgelte haftet, die der Sohn vom väterlichen Anschluss für Telefonsex ausgegeben hat.

Der Vater hatte die Entgelte zunächst bezahlt, forderte dann aber das Geld im Klageverfahren wieder heraus.

Zu Unrecht wie das LG Itzehoe nun entschied:

"Dem Kläger steht (...) ein Anspruch auf Rückzahlung von Telefonentgelten, die sein angeblich geschäftsunfähiger Sohn verursacht hat, nicht zu, auch wenn die Gespräche des Sohns „Telefonsex“ zum Inhalt hatten.

Vertragspartner des als Dauerschuldverhältnis zu qualifizierenden Telefondienstvertrags ist der Kläger. Er hat die Gebühren zu vertreten, die z.B. Familienangehörige, Gäste und Mitbewohner verursachen, denen die Benutzung der Telefoneinrichtung offen steht. Es obliegt allein dem Anschlussinhaber, Vorsorge gegen eine unbefugte Benutzung zu treffen (vgl. AG Osnabrück, NJW-RR 2000, 934).

Die Geschäftsunfähigkeit des Sohns berührt die Wirksamkeit des Telefondienstvertrags, der den Kläger zur Zahlung der Verbindungsentgelte verpflichtet, nicht."


Und weiter:

"Der zwischen einem Netzbetreiber und seinem Kunden geschlossene Telefondienstvertrag stellt ein wertneutrales Hilfsgeschäft dar. Der Einwand des Klägers, die Gespräche seines Sohns hätten sittenwidrigen Telefonsex zum Inhalt gehabt, ist daher gegenüber dem Netzbetreiber unbeachtlich. Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass zu Beginn der fraglichen Gespräche die Preisbestandteile nicht offen gelegt worden seien.

Vorliegend sind dem Kläger Verbindungen zu Auskunftsdiensten in Rechnung gestellt worden. Auskunftsdienste (118xy-Nr.) geben Rufnummern weiter und können zu den Rufnummern weiter vermitteln. Es gelten insoweit die vom Bundesministerium für Post und Telekommunikation herausgegebenen Regeln für die Zuteilung von Rufnummern für Auskunftsdienste.

Nr. 6 dieser Regeln lautet wie folgt: „Vor Beginn der Entgeltpflichtigkeit für den Anrufer sollte der Tarif mitgeteilt werden, der vom Anrufer aus nationalen öffentlichen Festnetzen zu zahlen ist. Soweit eine Weitervermittlung zu einer Tariferhöhung führt, muss dies i.S.d. Verbraucherschutzes vor Wechsel des Tarifs kostenfrei angesagt werden.“

Die Mitteilung des Tarifs ist daher nur entsprechend Satz 2 dieser Regel zwingend vorgeschrieben. Der Kläger hat trotz eines entsprechenden gerichtlichen Hinweises nicht hinreichend dargelegt, dass die Weitervermittlung zu einer Tariferhöhung geführt hat. Sein Verweis auf ein Sachverständigengutachten vermag entsprechende Darlegungen - Nennung des normalen Preises einer Telefonauskunft der Bekl. und Bezifferung der Gebührenerhöhung bei der Weitervermittlung an Hand des Einzelverbindungsnachweises - nicht zu ersetzen."


Das LG Itzehoe geht - wie die überwiegende Anzahl der Instanzgerichte - von einer Duldungsvollmacht des väterlichen Anschluss-Inhaber für die Handlungen seines Sohnes aus. Zudem finden sich entsprechende vertragliche Vereinbarung in den meisten AGB der Netz-Anbieter.

Zur rechtlichen Problematik von Mehrwertdiensten unterhält die Kanzlei Dr. Bahr ein eigenes Info-Portal "Mehrwertdienste & Recht".

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