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Kategorie: Onlinerecht

OLG Saarbrücken: Prüfpflichten eines Hostproviders bei Bestandung einer Internetbewertung

Ein Host-Provider ist grundsätzlich nicht zu weiteren Prüfungsmaßnahmen verpflichtet, wenn die Internet-Bewertung eines Dritten beanstandet wird und zwei sich widersprechende Behauptungen vorliegen (OLG Saarbrücken, Urt. v. 09.09.2022 - Az.: 5 U 117/21).

Die Beklagte bietet den Internetdienst "Local Reviews" an, bei dem registrierte Nutzer der Beklagten die Möglichkeit haben, Unternehmen, Geschäfte, Arztpraxen, Orte und sonstige Einrichtungen zu bewerten. Der Kläger war Arzt und beanstandete den Eintrag eines Dritten, der bei ihm Patient war.

Es ging bei den Äußerungen um Tatsachen im Rahmen einer angedachten Zahnarzt-Behandlung. Beide Parteien (Kläger und Dritter) schilderten den Sachverhalt gänzlich unterschiedlich.

Als die Beklagte den Eintrag nicht löschte, nahm der Kläger sie auf Unterlassung in Anspruch.

Zu Unrecht, wie das OLG Saarbrücken nun entschied:

"Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die Beklagte hier ihren Prüfpflichten genügt und ist zutreffend zu der Annahme gelangt, dass das Persönlichkeitsrechts des Klägers durch die beanstandete Bewertung nicht in rechtswidriger Weise verletzt wird.

(1) Auf die Beanstandung der Prozessbevollmächtigten des Klägers (...) hat die Beklagte eine Prüfung eingeleitet, ob die streitgegenständliche Bewertung rechtswidrig ist, und die Verfasserin der Bewertung um eine Stellungnahme gebeten. Zu diesem Vorgehen wäre die Beklagte objektiv nicht einmal verpflichtet gewesen. Denn in der Beanstandung (...) wurde wahrheitswidrig behauptet, dem Kläger sei der Verfasser der Bewertung nicht bekannt, womit bei der Beklagten  - bewusst - der falsche Eindruck erweckt wurde, es bestehe überhaupt kein Patientenverhältnis der Nutzerin zum Kläger.

Die auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (...) wiederholte (...)) aufgestellte Behauptung, es sei nicht beabsichtigt gewesen, ein Patientenverhältnis zu bestreiten, entspricht nach Überzeugung des Senats gleichfalls nicht der Wahrheit, weil die Beanstandung anders nicht verstanden werden kann (...). Vielmehr spricht alles dafür, dass hier der Versuch unternommen wurde, eine Löschung der Bewertung zu erreichen, indem gezielt die für die Zulässigkeit der Bewertung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entscheidende Tatsachengrundlage - Bestehen eines Behandlungsverhältnisses, vgl. BGH, Urteil vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15 Rn. 36, BGHZ 209, 139 - der Wahrheit zuwider in Abrede gestellt wurde."

Und weiter:

"Indes können Beanstandungen gegenüber einem Hostprovider, die auf (bewusst) falschen Tatsachenvortrag gestützt werden, Prüfungspflichten des Hostproviders nicht auslösen, weil falsche tatsächliche Behauptungen objektiv ungeeignet sind, die Rechtswidrigkeit der beanstandeten Bewertung zu begründen.

Dessen ungeachtet hatte die Beklagte durch die überobligatorisch eingeleitete Prüfung und die daraufhin von der Nutzerin abgegebene ausführliche Stellungnahme den Sachverhalt so weit aufgeklärt, wie es möglich und geboten war. Daher brauchte sie auf die Beanstandung der Prozessbevollmächtigten des Klägers (...), die sich erstmals inhaltlich mit der Bewertung auseinandersetzte, keine weitere Sachaufklärung mehr zu betreiben, denn die unterschiedlichen Standpunkte des Klägers und der Nutzerin waren ihr bereits bekannt.

Es ist für den Senat nicht erkennbar, warum die Beklagte - wie der Kläger meint - in dieser Situation nochmals gehalten gewesen sein soll, eine weitere Stellungnahme der Nutzerin einzuholen, nachdem diese das tatsächliche Geschehen, das ihrer Bewertung zugrunde lag, sowohl in der Bewertung selbst als auch in ihrer E-Mail vom 31. Dezember 2020 (Anlage B 4) bereits eingehend aus ihrer Sicht geschildert hatte.

Der Kläger zeigt auch nicht konkret auf, welches Sachverhaltselement noch weiterer Aufklärung bedurft hätte, zumal sich dem Senat nicht erschließt, warum sich aus einer zusätzlichen und ergänzenden Stellungnahme der Nutzerin etwas für den Standpunkt des Klägers Günstiges hätte ergeben können. Jedenfalls ist die der Beklagten im Rahmen ihrer Prüfpflichten obliegende Aufklärung des Sachverhalts kein Selbstzweck, weshalb sie auf die inhaltliche Beanstandung der Prozessbevollmächtigten des Klägers hin die Nutzerin nicht nochmals zu einer Stellungnahme aufzufordern brauchte. Wie weiter unten noch auszuführen sein wird, genügten die bereits bekannten Umstände, um eine Entscheidung über die Berechtigung der Beanstandung treffen zu können."

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