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LG Berlin: Wer Model-Jobs sucht, ist Verbraucher, kein Unternehmer = Wettbewerbsverstoß

Wer auf der Suche nach Model-Jobs ist, ist rechtlich als Verbraucher einzustufen und nicht als Unternehmer, so das LG Berlin (Urt. v. 09.08.2022 - Az.: 15 O 459/20).

Die Beklagte betrieb eine Internetseite, in der Daten und Fotos von Personen bereitgehalten wurden, die in Model-Tätigkeiten vermittelt werden wollten. Der Kunde zahlte hierfür ein entsprechendes Entgelt. Für die Auftraggeber, die Job zu vergeben hatten, war das Angebot kostenlos.

In der gerichtlichen Auseinandersetzung ging es nun um die Frage, ob die Kunden, die ein Entgelt bezahlten, als Verbraucher oder als Unternehmer einzustufen waren. Die Beklagte hatte nämlich ihre Webseite so gestaltet, dass sie von einer gewerblichen Tätigkeit ausging und bestimmte Verbraucherrechte ausgeschlossen.

Im Rahmen der Beauftragung unterschrieben die Kunden eine gesonderte Bestätigung, in der sie versicherten, dass sie den Auftrag "als freiberuflich tätiges Model, d.h. als Unternehmer" erteilen würden.

Das LG Berlin ging von einem Wettbewerbsverstoß aus, weil die Kunden als Verbraucher zu bewerten seien und die Beklagte somit bestimmte verbraucherschützende Normen verletze:

"Das Verständnis der Verkehrskreise - also der sich als (zukünftige) Unternehmer betrachten­den oder der nach einem Arbeitsverhältnis Suchenden - wird zwar aufgrund der Überschrift des Auftrags einheitlich dahin gehen, dass sie nach dem Auftrag keine Verbraucher darstellen sollen. Diese Vorstellung stimmt jedoch, soweit man auf die nach einem Arbeitsverhältnis Suchenden abstellt, mit den wirklichen Verhältnissen nicht überein. Ein Arbeitnehmer, der mit Bezug zu sei­ner Arbeit in einem geschäftlichen Zusammenhang betroffen wird, ist nämlich als Verbraucher iSd § 13 zu qualifizieren (...).

Erst recht muss dies gelten, wenn es - wie hier - um die Vorbereitung einer Ar­beitsaufnahme geht. Die Beklagte muss sich wegen Letzterem auch auf die von ihr mehrfach be­mühte Entscheidung des Bundesgerichtshofs verweisen lassen, wonach Unternehmer- (§ 14 BGB) und nicht Verbraucherhandeln (§ 1031 V 1 ZPO i.V. mit § 13 BGB) schon dann vorliegt, wenn das betreffende Geschäft im Zuge der Aufnahme einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit (so genannte Existenzgrundung) geschlossen wird (NJW 2005, 1273, beck-online); dieser Rechtsgedanke ist nach Auffassung des Gerichts eben auch hier anzuwen­den."

Und weiter:

"Das von der Beklagten zitierte Urteil des Bundesfinanzhofs (vom 8.6.1967 - IV 62/65, BeckRS 1967, 21001390) steht dem nicht entgegen. Danach sind Fotomodelle, die nur von Fall zu Fall und vorübergehend zu Werbeaufnahmen für die Bekleidungsindustrie herangezogen werden, zwar gewerblich tätig. Ausgeschlossen ist damit aber natürlich nicht, dass die Modelle - wenn sie eben hinreichend mehr als dies tun, wie hier im Raum stehend - in einem Arbeitsverhältnis tätig werden. (...)

Ein objektiver Dritter durfte jedoch nicht lediglich auf die (zukünftigen) Unternehmer abstellen, sondern musste auch die nach einem Arbeitsverhältnis Suchenden in Betracht ziehen. Letztere handeln nicht etwa aus subjektiven Vorstellungen und Motive, die für den Geschäftsgegner nicht erkennbar waren; vielmehr liegt es auf der Hand, dass diese Vorstellungen und Motive eine tra­gende Rolle spielen könnten."

Auch die Tatsache, dass der Kunde ausdrücklich eine schriftliche Bestätigung über die freiberufliche Tätigkeit unterschrieben habe, ändere an dieser Bewertung nichts:

"Auf die Bestätigungserklärung der Frau (...) kann es vor diesem Hintergrund nicht ankommen (vgl. KG, Hinweisbeschl. v. 31.1. 2011 - 8 U 107/10 NJW-RR 2011,1418).

Im Übri­gen ist diese Erklärung bereits gern. § 309 Nr. 12 b) BGB unwirksam. Auch der Überschrift des zugrunde gelegten Vertragsfomnulars kommt keine Aussagekraft zu.

Die Frage, ob eine Person als Verbraucher oder als Unternehmer agiert, lässt sich nicht anhand von durch den Geschäfts­partner vorformulierten Vertragsbestandteilen beantworten.

Vielmehr liegt die Einordnung als Ver­braucher sogar außerhalb der Bestimmungsmacht der Parteien. Ob jemand als Verbraucher oder Unternehmer handelt ist ausschließlich am objektiv zu bestimmenden Zweck der mit dem Vertrag verfolgt wird, zu beurteilen. Eine gegenteilige Überschrift des Vertrags (oder auch ein ent­sprechender Inhalt des Vertrags) ist schlicht als falsa demonstratio unbeachtlich (...)."

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

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