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Kategorie: Onlinerecht

LG Berlin: Werbeaussage "Bis zu 90 % unter Neupreis" irreführend, wenn ursprünglicher Verkaufspreis unklar

Die Werbeaussage "Bis zu 90 % unter Neupreis"  ist irreführend, wenn unklar ist, wie hoch der ursprüngliche Verkaufspreis war (LG Berlin, Urt. v. 20.12.2019 - Az.: 15 O 50/18).

Die Beklagte betrieb einen Online-Shop für gebrauchte Kleidung und hatte auf ihrer Webseite nachfolgenden Text:

"UNSER ZIEL: NACHHALTIGKEIT BEIM SHOPPEN

Wir haben der Verschwendung den Kampf angesagt. Anstatt immer neue Kleidung zu kaufen, möchten wir mit u.com eine Plattform für Nachhaltigkeit schaffen, die Second Hand Einzelstücke bis zu 90 % unter Neupreis anbietet und einen Beitrag zum Umweltschutz leistet."

Bei den Preisen waren die vermeintlichen ursprünglichen Zahlen den aktuellen Werten gegenübergestellt. Es wurde zudem in Prozent dargestellt, welchen Einsparung der Käufer erzielte. Am Ende der Übersichtsseite erläuterte die Beklagte den Ursprungspreis:

"* von uns geschätzter Neupreis für diesen Artikel".

 Das LG Berlin stufte dies als irreführend ein.

Denn durch die Werbeaussagen werde der Eindruck erweckt, dass der Verbraucher hier bis zu 90 % an Kosten gegenüber dem Neupreis einsparen könne. Dies sei jedoch objektiv nicht der Fall, denn die Beklagte habe in Fällen gar nicht den ursprünglichen Preis ermitteln können. Daher könne sie auch gar nicht sagen, wie hoch die Ersparnis gewesen sei:

"Die Beklagte wird aber der durch die Angabe geweckten, berechtigten Erwartung, einer Schätzung liege stets eine entsprechende tatsächliche Ermittlung zugrunde, nach dem Eingeständnis der Beklagten nicht gerecht, weil es sich – etwa wenn die angebotene Ware nicht nach Modell und Ausstattung näher verifizierbar ist oder eine Internetrecherche keinen früheren Neupreis ergebe – durchaus um einen gewissermaßen aus der Luft gegriffenen Vergleichspreis handeln kann.

Die Beklagte richtet sich an preisbewusste oder dem Nachhaltigkeitsgedanken anhängende Verbraucher. Ihnen ist es noch weniger als der marktaffinen Beklagten möglich, selbst den Neupreis zu ermitteln.

Dies erschwert oder verunmöglicht ihnen eine eigenständige Prüfung der Preiswürdigkeit der Angebote der Beklagten. Sie sind daher in besonderem Maße auf die Wahrhaftigkeit des von der Beklagten jeweils angegebenen Neupreises angewiesen. Mondpreise oder Preisahnungen werden dem aber nicht gerecht. Ist die Bezugsgröße für eine angegebene Preisersparnis (...) aber der Willkür des Anbieters entsprungen, so ist der angegriffenen Vorteilswerbung insgesamt die Vergleichsgrundlage entzogen.

Damit liegt zugleich eine unzulässige vergleichende Werbung (...) vor."

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