Ein Scrum-Programmierer ist selbstständig und nicht abhängig beschäftigt, sodass keine Sozialversicherungspflicht besteht (LSG Stuttgart, Urt. v. 17.12.2021 - Az.: L 8 BA 1374/20).
Der Kläger war selbstständiger Programmierer und für unterschiedliche Auftraggeber tätig. Eine seiner Tätigkeiten betraf die Software-Entwicklung auf Basis der Scrum-Methode: Er erhielt hierfür ein Tageslohn von 524,- EUR.
Nun ging es um die sozialversicherungsrechtliche Einstufung des Klägers, d.h., ob er abhängig beschäftigt war oder nicht. Die zuständige Behörde stufte dies als ein Abhängigkeitsverhältnis ein und bejahte die Sozialversicherungspflicht.
Hiergegen wehrte sich der Kläger vor Gericht erfolgreich.
Das LSG Stuttgart stufte den Kläger als selbständig ein:
"Der Senat stellt anhand der schlüssigen Angaben des Klägers im Erörterungstermin vom 23.06.2021 fest, dass dieser die Arbeitspakte ausgesucht hat, die sein Arbeitsgebiet – Programmierung mit der Programmiersprache Delphi – betreffen.
Seine Ergebnisse hat er dann in einen separaten Entwicklungszweig eingestellt, in dem sie dann durch den zuständigen Teamleiter der Beigeladenen zu 1) geprüft und im Fall, dass sie zufriedenstellend waren, in das Programm eingefügt wurden. Ansonsten wäre eine Rücksprache erfolgt.
Die Programmierung erfolgte anhand von sogenannten 2 - Wochen – Sprints nach der sogenannte Scrum - Methode. Diese bezeichnet eine agile Methodik im Bereich Projektmanagement, welche flexibel auf diverse Projekte angewendet werden kann. Sie unterscheidet sich vom klassischen Projektmanagement in der Hinsicht, dass es keine Projektleitung mehr gibt, welche die Aufgaben an die Teammitglieder verteilt. Für die 2 – Wochen – Sprints wurden das Vorgehen und die Arbeitsaufteilung besprochen.
Am Anfang dieses Sprints hat der Kläger mitgeteilt, wie viele Arbeitspakete er ungefähr erledigen will. Falls es in einer Woche weniger Pakete waren, hat er dies auch vorab mitgeteilt.
Der Kläger war daher in seinem Auftragsbereich bezüglich der Auswahl der Arbeitspakete frei. Dass er angesichts seiner Spezialisierung als Delphi – Programmierer vor allem Arbeitspakete mit entsprechenden Problemstellungen bearbeitet hat, welche ihm auch bei entsprechender Komplexität nach seinen Angaben im Erörterungstermin speziell zugewiesen wurde, stellt kein Argument für eine Eingliederung dar, da die Beigeladene zu 1) den Kläger gerade wegen seiner Spezialkenntnisse beauftragt hat und sein Einsatz daher gerade an Paketen erfolgen sollte, welche die Programmierer der Beigeladenen zu 1) mangels Kenntnisse nicht bearbeiten konnten."
Und weiter:
"Bedeutsam ist jedoch, das dem Kläger von Seiten der Beigeladenen zu 1) ab Annahme eines Arbeitspaketes zur Bearbeitung bis zur Abnahme der Programmkomponenten keine weiteren Vorgaben zum Inhalt oder Ablauf gemacht wurden.
Dass eine solche Abnahme erfolgte und der Kläger nicht selbst befugt war, die programmierten Komponenten selbst in das Programm einzufügen, ist der agilen Arbeitsweise im IT – Bereich geschuldet. Die Programmierung erfolgt kleinteilig und variabel nach den Anforderungen und Änderungswünschen des Endkunden. Die endgültigen Vorgaben entstehen oftmals erst nach Testung der Progammbestandteile auf Tauglichkeit und Kompatibilität mit den weiteren Programmierungen durch den Endkunden.
Das Einfügen der abgenommenen und fertigen Bestandteile in das Endprogramm erfolgt somit im letzten Schritt und erst nach Vornahme sämtlicher Testungen. Dass die Inbetriebnahme und Implementierung in das System des Endkunden von der Abnahme durch den zuständigen Fachbereich abhängt, ist somit der Komplexität und den hohen Sicherheitsanforderungen geschuldet und indiziert daher nicht per se eine Eingliederung des Programmierers des einzelnen Datenpakets (so auch bereits Senatsurteil vom 25.10.2019, L 8 BA 4226/18, nicht veröffentlicht). Insofern ist das Kriterium der Eingliederung im Rahmen solcher Arbeitsprozesse nicht ohne weiteres passend und bedarf der Fortentwicklung an die Gegebenheiten der modernen Arbeitswelt."