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Kategorie: Datenschutzrecht

EuGH: Geschlecht des Kunden für Erwerb eines Bahn-Tickets ist keine notwendige Angabe iSd. DSGVO

Die verpflichtende Angabe der Anrede beim Kauf eines Bahntickets verstößt gegen die DSGVO, da sie für den Vertrag nicht unerlässlich und datenschutzrechtlich unverhältnismäßig ist.

DSGVO und Schienentransport: Die Geschlechtsidentität des Kunden ist  keine für den Erwerb eines Fahrscheins erforderliche Angabe  

Die Erhebung von Daten hinsichtlich der Anrede der Kunden ist nicht objektiv unerlässlich, insbesondere wenn sie darauf abzielt, die geschäftliche Kommunikation zu personalisieren  

Der Verband Mousse beanstandete bei der französischen Behörde für den Schutz personenbezogener Daten  (CNIL) die Praxis des französischen Eisenbahnunternehmens SNCF Connect, seine Kunden beim Onlineerwerb von Fahrscheinen systematisch zu verpflichten, ihre Anrede („Herr“ oder „Frau“) anzugeben. 

Seiner Ansicht nach  verstößt diese Verpflichtung gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), insbesondere im Hinblick auf den  Grundsatz der Datenminimierung, da die Anrede, die einer Geschlechtsidentität entspreche, keine für den Erwerb  eines Fahrscheins erforderliche Angabe sein dürfte. 2021 wies die CNIL diese Beschwerde mit der Begründung  zurück, dass diese Praxis keinen Verstoß gegen die DSGVO darstelle.  

Mousse war mit diesem Bescheid nicht einverstanden und wandte sich an den französischen Staatsrat, um ihn für  nichtig erklären zu lassen. 

Der Staatsrat fragt den Gerichtshof insbesondere, ob die Erhebung von Daten hinsichtlich  der Anrede der Kunden, die auf die Angaben „Herr“ oder „Frau“ beschränkt ist, als rechtmäßig und insbesondere mit dem Grundsatz der Datenminimierung vereinbar eingestuft werden kann, wenn diese Erhebung darauf abzielt, eine  personalisierte geschäftliche Kommunikation mit diesen Kunden in Übereinstimmung mit der allgemeinen  Verkehrssitte in diesem Bereich zu ermöglichen.  

Der Gerichtshof weist darauf hin, dass nach dem Grundsatz der Datenminimierung, mit dem der Grundsatz der  Verhältnismäßigkeit zum Ausdruck gebracht wird, die erhobenen Daten dem Zweck angemessen und erheblich  sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein müssen.  

Die DSGVO enthält eine erschöpfende und abschließende Liste der Fälle, in denen eine Verarbeitung  personenbezogener Daten als rechtmäßig angesehen werden kann: Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Verarbeitung 

(1.) für die Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, oder 
(2.) zur  Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen dieser Verarbeitung oder eines Dritten erforderlich ist. 

Was den ersten dieser beiden Rechtfertigungsgründe anbelangt, muss die Verarbeitung von Daten für die  ordnungsgemäße Erfüllung des Vertrags objektiv unerlässlich sein, damit sie für die Erfüllung eines Vertrags als erforderlich angesehen werden kann. In diesem Zusammenhang erscheint eine Personalisierung der  geschäftlichen Kommunikation, die auf einer anhand der Anrede des Kunden angenommenen  Geschlechtsidentität beruht, nicht objektiv unerlässlich, um die ordnungsgemäße Erfüllung eines  Schienentransportvertrags zu ermöglichen. 

Das Eisenbahnunternehmen könnte sich nämlich für eine  Kommunikation entscheiden, die auf allgemeinen und inklusiven Höflichkeitsformeln beruht, die in keinem  Zusammenhang mit der angenommenen Geschlechtsidentität der Kunden stehen, was eine praktikable und  weniger einschneidende Lösung wäre.  

In Bezug auf den zweiten Rechtfertigungsgrund stellt der Gerichtshof unter Hinweis auf seine einschlägige ständige  Rechtsprechung klar, dass die Verarbeitung von Daten hinsichtlich der Anrede der Kunden eines Transportunternehmens, die darauf abzielt, die geschäftliche Kommunikation aufgrund ihrer Geschlechtsidentität zu personalisieren, nicht als erforderlich angesehen werden kann, wenn 

(1.) diesen Kunden bei der Erhebung  dieser Daten nicht das verfolgte berechtigte Interesse mitgeteilt wurde, oder 
(2.) die Verarbeitung nicht innerhalb der Grenzen dessen erfolgt, was zur Verwirklichung dieses berechtigten Interesses unbedingt notwendig ist, oder (3.) in Anbetracht aller relevanten Umstände die Grundrechte und Grundfreiheiten dieser Kunden gegenüber  diesem berechtigten Interesse überwiegen können, insbesondere wegen der Gefahr einer Diskriminierung  aufgrund der Geschlechtsidentität.  

Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-394/23 | Mousse  

Quelle: Pressemitteilung des EuGH v. 09.01.2025

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