Kanzlei Dr. Bahr
Navigation
Kategorie: Thema:Online

LG Hannover: Online-Händler muss auch Nebenkosten in Gesamtpreis einrechnen

Online-Händler müssen alle Nebenkosten im Endpreis angeben, auch etwaige Bearbeitungspauschalen bei Mindermengen)

Ein Online-Händler muss auch Nebenkosten (hier: Bearbeitungspauschale bei niedrigem Kaufpreis) in den Endpreis mit einberechnen. Geschieht dies nicht, handelt es sich um einen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung (PAngVO) und damit eine Wettbewerbsverletzung (LG Hannover, Urt. v. 10.07.2023 - Az.: 13 O 164/22).

Der Beklagte bot einen Online-Shop für Staubsauger und Zubehör an.

Auf einer Unterseite für Filtertüten für einen Vorwerk-Staubsauger gab der Beklagte einen Endpreis von 14,90 EUR an. Rechts neben der Preisangabe war ein Sternchenhinweis angebracht. Darunter befand sich eine Schaltfläche mit der Aufschrift “In den Warenkorb”. Rechts neben dieser Schaltfläche war eine weiße Schaltfläche zu sehen, auf der in schwarzer Schrift „Mehr Info“ stand. 

Sobald die Maus über diesen Sternchenhinweis bewegt wurde, erschien ein Text, nämlich 

“in kl. MwSt. zzgl. Nebenkosten”. 

Die Preisangabe iHv. 14,90 EUR als solche blieb unverändert.

Durch Anklicken des Sternchenhinweises wurden Verbraucher auf eine allgemeine Infoseite geführt, wo zu lesen war:

"Nebenkosten
Wir berechnen keine Gebühren für die Nutzung der Zahlarten Rechnung, PayPal, Lastschrift und Kreditkarte. Vom Warenwert abhängig (ab 50,-€) wird bei Nutzung der Zahlart Vorausüberweisung ein Skontoabzug von 2% gewährt. Vom Warenwert abhängig kann eine nicht erstattungsfähige Bearbeitungspauschale zwischen 3,95 € (ab 11,-€ Warenwert) und 9,-€ (unter 11,-€ Warenwert) anfallen. Ab einem Warenwert von 29,-€ entfällt diese Bearbeitungspauschale Zuschlag generell.“

Im Warenkorb waren schließlich zwei Positionen aufgeführt. Einmal das Produkt zu einem Preis von 14,90 EUR. Zusätzlich tauchte dann ein Betrag iHv. 3,95 EUR mit nachfolgendem Vermerk auf:

"Auf-/Abschlag Kleinstmengenaufschlag (entfällt ab 29,-€ Einkaufswert)" 

Der tatsächliche Kaufpreis lag somit bei 18,85 EUR.

Das LG Hannover stufte dies als klaren Verstoß gegen die PAngVO ein. Denn der Unternehmen habe gegenüber Verbrauchern den Endpreis inklusive aller Nebenkosten anzugeben:

"Der Beklagte hat bei der Bewerbung seiner Artikel im Internet gegen § 3 Abs. 1 PAngV verstoßen, weil bei dem streitgegenständlichen Artikel „Filtertüten FP200" passend für das Vorwerk Kobold VK 200 nicht der Gesamtpreis in Höhe von 18,85 Euro angegeben worden ist.

Nach § 2 Nr. 3 PAngV bedeutet „Gesamtpreis" den Preis, der einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile für eine Ware oder eine Leistung zu zahlen ist und die Gegenleistung in Geld für den Erwerb eines Produkts darstellt.

Es handelt sich also um das tatsächlich zu zahlende Gesamtentgelt (…). Die „sonstigen Preisbestandteile" sind in den anzugebenden „Gesamtpreis“ mit einzubeziehen, (…). Dabei sind „sonstige Preisbestandteile“ alle unvermeidbaren, vorhersehbaren obligatorisch vom Verbraucher zu tragenden Preisbestandteile, welche eine Gegenleistung in Geld für den Erwerb des betreffenden Erzeugnisses bilden (…).

Die beim Erwerb des streitgegenständlichen Artikels „Filtertüten FP200" zu einem Preis in Höhe von 14,90,-EUR seitens des Beklagten erhobene Bearbeitungspauschale über einen Betrag in Höhe von 3,95 EUR stellt nach diesen Grundsätzen einen unvermeidbaren, vorhersehbaren und zwingend zu zahlenden Preisbestandteil dar und ist somit in den Gesamtpreis mit einzubeziehen."
 

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Kleinstmengenaufschlag entfalle, wenn der Kunde mehrere kleinere Produkte bestelle und den Einkaufswert von 50,- EUR überschreite:

"Dass diese Pauschale bei dem Erwerb mehrerer (auch verschiedener) Artikel wieder entfällt, stellt aus Sicht der Kammer keine „Wahlmöglichkeit“ des Verbrauchers im Sinne der o.g. Rechtsprechung dar, sondern bezeichnet vielmehr eine Art „Mengenrabatt". 

Für den dargestellten Artikel aber stellt die Bearbeitungspauschale des Beklagten gerade ein zwingend zu zahlendes Entgelt als Gegenleistung für den Erwerb des jeweiligen Artikels dar. 

Dies folgt auch aus der Bezeichnung „Kleinstmengenaufschlag“ im Warenkorb. 

Der Zweck ist, Verbraucherinnen zu einem Einkauf von mehreren Artikeln zu bewegen, damit dieser Preisaufschlag wieder entfällt.

Für ein solches Verständnis spricht auch der bereits dargelegte Sinn und Zweck der Vorschrift, Verbraucherinnen besser zu informieren und ihnen einen Preisvergleich zu erleichtern (…).

 Für einen anzustellenden Preisvergleich bzgl. dieses Artikels mit anderen vergleichbaren Artikeln anderer Anbieter ist letztlich der zu zahlende Gesamtpreis für diesen einen Artikel (mit Bearbeitungspauschale) relevant. Durch die Preisgestaltung und Angabe des Beklagten wird Verbraucherinnen letztlich ein Preisvergleich deutlich erschwert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass durchschnittliche Verbraucherinnen bei einem Preisvergleich in der Regel den Preis eines einzelnen Produktes vergleichen und nicht den Preis einer Vielzahl von Produkten mit dem Preis einer Vielzahl von Produkten bei anderen Anbietern abgleichen."
 

Rechts-News durch­suchen

10. Januar 2025
Werbung für osteopathische Behandlungen darf nur auf wissenschaftlich gesicherte Aussagen gestützt werden. Irreführende Aussagen sind unzulässig.
ganzen Text lesen
09. Januar 2025
Das Arbeitsgericht Berlin bestätigt eine Abmahnung, da die kritische Online-Äußerungen des Arbeitnehmers die Grenzen der Meinungsfreiheit…
ganzen Text lesen
09. Januar 2025
Die EU-Kommission muss einem Nutzer 400 EUR DSGVO-Schadenersatz zahlen, da sie durch die Nutzung von "Sign in with Facebook" eine rechtswidrige…
ganzen Text lesen
06. Januar 2025
Ein Unternehmen, das ein insolventes Geschäft faktisch fortführt, muss sich negative Online-Bewertungen der Vorgängerfirma zurechnen lassen.
ganzen Text lesen

Rechts-News durchsuchen