In einer aktuellen Entscheidung hat der BGH sich zu der umstrittenen Frage klar positioniert und bestätigt, dass Spieler von ausländischen Internet-Sportwetten-Angeboten, die in Deutschland nicht zugelassen sind, ihre verlorenen Spiel-Einsätze zurückfordern können (BGH, Beschl. v. 22.03.2024 - Az.: I ZR 88/23).
Der Kläger hatte bei einem österreichischen Anbieter bei Internet-Sportwetten teilgenommen und verlangte nun die Erstattung seiner Einsätze zurück.
Zu Recht, wie der BGH nun in einem Hinweisbeschluss klärt.
Der Verstoß gegen den Glücksspiel-Staatsvertrag (GlüStV) führe zur Unwirksamkeit des gesamten Spielvertrages, sodass etwaige Leistungen zurückzugewähren seien:
"Dem Kläger dürfte im vom Berufungsgericht zuerkannten Umfang ein bereicherungsrechtlicher Rückzahlungsanspruch gegen die Beklagte zustehen.
Wer durch die Leistung eines anderen etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB zur Herausgabe verpflichtet. Nach § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Die Beklagte hat die Beträge, die der Kläger als Spieleinsätze an sie gezahlt hat, durch dessen Leistung erlangt. Die zwischen den Parteien geschlossenen Verträge dürften hierfür keinen rechtlichen Grund darstellen.
Die Beklagte hat durch das öffentliche Angebot von Sportwetten gegen die Regelungen in § 4 Abs. 1, 4 und 5 , § 4a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 verstoßen, die ein gesetzliches Verbot im Sinn des § 134 BGB darstellen (…). Aus diesem Verstoß dürfte im Streitfall die Nichtigkeit der Sportwettenverträge folgen (…)."
1. GlüStV ist Verbotsgesetz:
Bei den Regelungen des GlüStV handle es sich auch um ein Verbotsgesetz:
"Die Vorschrift des § 4 Abs. 1, 4 und 5, § 4a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 stellt ein gesetzliches Verbot im Sinn des § 134 BGB da (...)
Bei § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 handelt es sich schon nach dem Wortlaut der Regelungen ("sind verboten" beziehungsweise "ist verboten") um gesetzliche Verbote im Sinn des § 134 BGB. Entgegen der Ansicht der Revision (mit Verweis auf BGH, Urteil vom 14. Dezember 1999 - X ZR 34/98, BGHZ 143, 283 [juris Rn. 20] zu einer tarifvertraglichen Regelung) folgt aus dem in § 4 Abs. 5, § 4a Abs. 1 GlüStV 2012 geregelten Erlaubnisvorbehalt nicht, dass es sich um ein dispositives und damit nicht um ein gesetzliches Verbot handelt. In diesem Sinn dispositiv sind lediglich Normen des Privatrechts, von denen im Rahmen der Privatautonomie abgewichen werden kann. Öffentlich-rechtliche Vorschriften stehen dagegen nicht zur Disposition des Normadressaten. Ein Erlaubnisvorbehalt stellt die Einhaltung des gesetzlichen Verbots nicht frei, sondern zwingt den Verbotsadressaten, das hierfür vorgesehene Erlaubnisverfahren zu durchlaufen und die in diesem Rahmen geltenden Anforderungen zu erfüllen."
Und weiter:
"Die Beklagte hat gegen § 4 Abs. 1, 4 und 5, § 4a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 verstoßen, indem sie öffentlich im Internet Sportwetten angeboten hat, ohne im für den Streitfall relevanten Zeitraum über die hierfür erforderliche Erlaubnis zu verfügen. (...)"
2. Aber: Wirksamkeit des Spielvertrages in Ausnahmefällen
Der BGH weist darauf hin, dass in bestimmten Konstellationen ausnahmsweise doch von keiner Nichtigkeit des Gesamtspielvertrages auszugehen sei. Nämlich dann, wenn der jeweilige Anbieter sich bemüht habe, eine Lizenz zu erhalten, diese ihm aber rechtswidrig verweigert wurde von den deutschen Behörden:
“Der Senat muss im Streitfall nicht entscheiden, ob die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB ausnahmsweise nicht erforderlich ist, wenn ein Anbieter im maßgeblichen Zeitraum bereits eine Konzession für die Veranstaltung von Sportwetten beantragt hat, das für diesen Antrag geltende Konzessionserteilungsverfahren aber - wofür im Streitfall einiges spricht - unionsrechtswidrig war, und das Sportwettenangebot dieses Anbieters daher weder strafrechtlich sanktioniert noch verwaltungsrechtlich untersagt werden konnte.”