Wenn ein Schuldner durch eine Täuschung Geld falsch überweist und das Geld verloren geht, trägt er selbst das Risiko dafür (BGH, Urt. v. v. 08.10.2025 - Az.: IV ZR 161/24).
Die Klägerin forderte nach dem Tod ihres Vaters von ihren Geschwistern - den Beklagten - einen Pflichtteil. Es kam zu einem Vergleich: Die Beklagten sollten 30.000,- EUR auf ein Anderkonto der Anwältin der Klägerin überweisen.
Dieses Konto war korrekt im Vertragsentwurf angegeben. Doch bevor das Dokument an die Gegenseite zurückgeschickt wurde, wurde es auf dem Postweg von einem Unbekannten manipuliert: Die Kontoverbindung wurde auf ein anderes Konto geändert.
Die Beklagten überwiesen dorthin. Das Geld kam nie bei der Klägerin an.
Der BGH entschied, dass die Gefahr einer Fehlüberweisung grundsätzlich der Schuldner trage, sodass die Beklagten den Betrag erneut überweisen müssen.
Der Vergleich sei wirksam geschlossen worden. Die falsche IBAN im Vergleich sei nicht der Klägerin zuzurechnen, da sie nicht von ihr oder ihrer Anwältin eingefügt worden sei. Die Klägerin habe die Kontodaten nicht bewusst geändert oder genehmigt.
Eine bloße Angabe einer IBAN im Vertrag genüge nicht als Ermächtigung zur Zahlung auf dieses Konto.
Die Zahlung auf das fremde Konto habe daher keine schuldbefreiende Wirkung.
Auch das Schweigen der Klägerin nach Rückerhalt des manipulierten Dokuments könne nicht als Zustimmung gewertet werden, da sie nichts von der Fälschung gewusst habe.
Das Risiko des Verlustes der Zahlung liege beim Schuldner, nicht beim Gläubiger.
Eine Ausnahme davon bestehe nur, wenn der Gläubiger durch eigenes Verhalten den Schaden verursacht habe. Hier sei das nicht der Fall gewesen.
Die Nutzung des Postweges statt des sicheren elektronischen Postfachs (beA) begründet keine Pflichtverletzung. Die Manipulation sei so unwahrscheinlich, dass sie der Klägerin nicht zugerechnet werden kann.
“Die Gefahr des Verlusts bei einer Geldüberweisung geht bei einem unwahrscheinlichen Kausalverlauf (hier: Fälschung einer Kontobezeichnung durch einen unbekannten Dritten) nicht nach dem Rechtsgedanken des § 270 Abs. 3 BGB i.V.m. § 242 BGB auf den Gläubiger über.”
Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Mit dieser aktuellen Entscheidung beantwortet der BGH die umstrittene Frage, wer in Fällen von getäuschten Fehlüberweisungen haftet, relativ deutlich.
Für Aufsehen hatte unter anderem vor kurzem das OLG Schleswig gesorgt, das der Ansicht war, dass im B2C-Bereich beim Rechnungsversand per E-Mail die Transportverschlüsselung unzureichend und eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung erforderlich ist, vgl. die Kanzlei-News v. 05.02.2025. Mit dem aktuellen Urteil des BGH wird man die dortigen Wertungen nicht mehr aufrechterhalten können.