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Kategorie: Wettbewerbsrecht

OLG Frankfurt a.M.: Missbräuchliches Erschleichen einer einstweiligen Verfügung, wenn Antwort des Antragsgegners nicht dem Gericht vorgelegt wird

Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist rechtsmissbräuchlich, wenn die Reaktion der Gegenseite auf eine Abmahnung verschwiegen wurde.

Teilt der Antragsteller einer einstweiligen Verfügung dem Gericht lediglich sporadisch mit, die außergerichtliche Abmahnung sei ergebnislos verlaufen, obgleich die Gegenseite inhaltlich Stellung genommen hat, liegt darin der Versuch eines rechtsmissbräuchlichen Erschleichens einer Verfügung (OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 07.05.2024 - Az.: 6 W 37/24).

Die Antragstellerin  hatte wegen einer gerügten Rechtsverletzung des Antragsgegners bei Gericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt.

In dem Verfügungsantrag hieß es wörtlich:

"Die Antragsgegnerin ist vor Antragstellung durch Übersendung eines Anwaltschreibens vom 23.02.2024 ergebnislos abgemahnt worden. Insoweit ist der anhängig gemachte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Durchsetzung der Rechte der Antragstellerin dringend geboten.

Beweis: Kopie des anwaltlichen Schreibens vom 23.02.2024 als Anlage 20-26"

Die Antragsgegnerin hatte auf die Abmahnung außergerichtlich reagiert und zu den behaupteten Verstößen inhaltlich Stellung genommen. Zudem hatte sie explizit darauf hingewiesen, dass im Falle eines Verfügungsverfahrens ihre Antwort vorzulegen sei.

Beides erwähnte die Antragstellerin jedoch nicht, sondern trug nur ganz allgemein vor.

Dies bewertete das OLG Frankfurt a.M. als klaren Rechmissbrauch:

"Entgegen der Auffassung der Antragstellerin hat für das angerufene Gericht bis zur Antragserwiderung durch die Antragsgegnerin kein greifbarer Anhaltspunkt dafür bestanden, dass die Antragsgegnerin auf die Abmahnung reagiert hat und dieser mit rechtlichen Ausführungen entgegengetreten ist.

Davon hat das Gericht entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht bereits aufgrund der Angabe der Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin im Rubrum ausgehen können. Daraus folgt nur, dass die Antragstellerin von der Bevollmächtigung der benannte Prozessbevollmächtigten für das Eilverfahren ausgeht. Der Grund dafür ist für das Gericht nicht ersichtlich gewesen.

Der Hinweis auf die „ergebnislos[e]“ Abmahnung hat insoweit von der Annahme einer möglichen vorgerichtlichen Erwiderung weggeführt. 

Nach zutreffender rechtlicher Würdigung des Landgerichts hat die Antragstellerin dadurch den Eindruck erweckt, die Antragsgegnerin habe nicht - jedenfalls nicht inhaltlich - auf die Abmahnung reagiert.

 Ein hinreichend konkreter Hinweis darauf, dass die Abmahnung nicht den von der Antragstellerin gewünschten Erfolg gehabt hat, da die Antragsgegnerin keine Unterlassungserklärung abgegeben hat und der Abmahnung mit rechtlichen Erwägungen entgegengetreten ist, wäre grundsätzlich anders formuliert worden. Ein konkreterer Hinweis auf die Reaktion der Antragsgegnerin wäre im Streitfall auch deshalb zu erwarten gewesen, weil die vorformulierte Unterlassungserklärung schon ausweislich des mit dem Eilantrag vorgelegten Abmahnschreibens (ohne vorformulierte Unterlassungserklärung) über den gestellten Eilantrag hinausgegangen ist."

Somit habe die reale Gefahr bestanden, dass das Gericht die einstweilige Verfügung ohne weitere Anhörung sofort erlässt:

"Ausgehend von einem nicht hinreichend konkreten Hinweis auf die vorgerichtliche Reaktion der Antragsgegnerin stellt sich der Eilantrag als rechtsmissbräuchlich dar. (…)

Da einstweilige Verfügungen in Kennzeichen- und Wettbewerbssachen vielfach im Beschlusswege ohne (erneute) vorherige Anhörung des Gegners ergehen, ist bei objektiver Betrachtung aus der Sicht der Antragstellerin bei Einleitung des Eilverfahrens nicht auszuschließen gewesen, dass das Gericht die Antragsgegnerin nicht anhört, da es davon ausgeht, dass diese der vorgerichtlichen Abmahnung nichts entgegengesetzt hat. (…)

Schon das Vorenthalten der Erwiderung trotz des ausdrücklichen rechtlichen Hinweises der Antragsgegnerin auf das Erfordernis ihrer Vorlage rechtfertigt insoweit nach zutreffender Auffassung des Landgerichts die Annahme einer gezielten Gehörsverletzung, um rasch eine Beschlussverfügung zu erlangen. (…)."

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