Ein Unternehmen darf die Datensätze ehemaliger Kunden bis zu 24 Monate nach Vertragsende für Werbezwecke nutzen, um diese zurückzugewinnen (VG Bremen, Urt. v. 23.04.2025 - Az.: 4 K 2873/23).
Ein Energieunternehmen aus Bremen verwendete die Daten ehemaliger Kunden für Werbemaßnahmen, u.a. für Haustürbesuche, bis zu 24 Monate nach Vertragsende.
Die Datenschutzbehörde untersagte dies unter Hinweis auf die DSGVO und begrenzte die zulässige Werbenutzung der Daten auf 6 Monate.
Dagegen wehrte sich das betroffene Unternehmen gerichtlich mit Erfolg.
Das Handeln des Unternehmens sei rechtmäßig. Es verfolge mit der Werbung ein berechtigtes Interesse, nämlich die Kundenrückgewinnung.
Dieses sei nach der DSGVO erlaubt, wenn die Betroffenen darüber bei der Datenerhebung informiert wurden und keine sensiblen Daten betroffen seien.
Zwar sei Haustürwerbung nicht ausdrücklich erwähnt worden, sie liege aber im Rahmen des Erwartbaren.
Auch die Speicherdauer von 24 Monaten sei erforderlich, weil Energieverträge üblicherweise so lange liefen.
Eine frühere Werbung sei daher kaum erfolgversprechend. Ein milderes Mittel sei nicht ersichtlich. Die Kunden könnten zudem jederzeit der Werbung widersprechen.
Zudem handle es sich um einfache Kontaktdaten wie Name und Adresse, die nicht besonders sensibel seien. Haustürbesuche seien auch wettbewerbsrechtlich Wettbewerbsrecht zulässig, solange der Kunde nicht ausdrücklich widersprochen habe.
"Der verfolgte Sekundärzweck der nachvertraglichen Haustürwerbung ist mit dem Primärzweck, zu dem die Daten ursprünglich erhoben wurden, gem. Art. 6 Abs. 4 DSGVO vereinbar. (…)
Selbst wenn man davon ausginge, dass der nachvertragliche Postversand nicht ausreichend benannt ist oder kein taugliches berechtigtes Interesse ist, so bestünde zur Überzeugung der Kammer eine enge Verbindung i.S.d. Art 6 Abs. 4 lit. a DSGVO zwischen dem dann vorliegenden Primärzweck der Werbung durch Postversand während des Vertrags und der nachvertraglichen Werbung per Haustürwerbung und per Postversand. Zwar ist die Marketingmaßnahme nach Vertragsbeendigung nicht unbedingter Folgeschritt der ursprünglichen Datenverarbeitung, es besteht jedoch eine nicht fernliegende Zweckorientierung, denn letztlich ist auch die Werbemaßnahme während des Vertrags auf die erneute Anbahnung eines Vertrages mit dem Kunden gerichtet. Auch ein Erhebungszusammenhang besteht, denn ein durchschnittlicher Kunde rechnet zur Überzeugung der Kammer im heutigen Zeitalter der Digitalisierung und unter Berücksichtigung der allgemeinen Erkenntnis, dass personenbezogene Daten ein kommerzielles Wirtschaftsgut geworden sind, damit, dass er auch nach Ende eines Vertrages eine gewisse Zeit lang noch zur Reakquise angesprochen wird. Teilweise dürfte von Kunden sogar erwartet werden, nach Vertragsende nochmals mit besseren Angeboten kontaktiert zu werden."
Und weiter:
"Die Datenverarbeitung ist zur Zweckerreichung erforderlich. Es ist erforderlich, die Daten über einen Zeitraum von 24 Monaten zu speichern und zu nutzen. (…)
Weiter stellt sich ein Zeitraum von 24 Monaten ab Zeitpunkt der Vertragsbeendigung als gerade noch erforderlich dar. Eine Verkürzung auf sechs Monate stellt kein milderes, gleich geeignetes Mittel dar. Denn die Klägerin hat nachvollziehbar dargelegt, dass es derzeit im Rahmen von Energieversorgungsverträgen üblich ist, dass eine Vertragslaufzeit von 12 bis 24 Monaten vereinbart wird. Vor Ablauf der Mindestvertragslaufzeit Zeit besteht regelmäßig keine Möglichkeit für den Kunden, den Vertrag bei dem Konkurrenzunternehmen vorzeitig zu beenden. Er wird eine Werbung erst dann beachten, wenn er den Nutzen eines etwaigen Vertragswechsels selbst erkennt und zeitnah herbeiführen kann. Insoweit stellt sich eine Werbung vor dem maßgeblichen ersten Kündigungszeitpunkt eines Vertrages als nicht gleich effektiv dar. Die Klägerin hat somit auch ein berechtigtes Interesse an der Speicherung für 24 Monate."