Ein Telekommunikations-Anbieter darf einen Kunden, der gekündigt hat, nicht unter einem Vorwand um Rückruf bitten (OLG Schleswig, Urt. v. 11.12.2023 - Az.: 6 U 25/23).
Eine Kundin hatte bei der Beklagten einen Mobilfunkanschluss und kündigte die Vereinbarung. In der Kündigung schrieb sie:
"Bitte unterlassen Sie jegliche Form einer Kontaktaufnahme die in Bezug von (Rück-) Werbung steht. Darüber hinaus widerspreche ich jeder sonstigen Verarbeitung meiner personenbezogenen Daten (…).
Meine Rufnummer möchte ich gerne zu meinem neuen Anbieter mitnehmen. Bitte bestätigen Sie mir die Kündigung schriftlich.“
In dem Bestätigungsschreiben von Freenet an die Kundin hieß es:
"Zu Ihrer Vertragsbeendigung haben wir noch ausstehende Fragen. Rufen Sie uns bitte einfach an: (…)
Bitte nennen Sie uns zu Beginn des Gesprächs Ihre persönliche Bearbeitungsnummer: 7813.“
Die Klägerin sah darin einen Wettbewerbsverstoß, weil hier unter einem Vorwand der Ex-Kunde animiert werde, sich zu melden und so versucht werde, ihn zurück zu werben.
Freenet erwiderte, dass es durchaus häufiger Gründe für solche Rückfragen gebe. Aufgrund des Massengeschäfts sei es unverhältnismäßig, die konkret zu klärenden Probleme auch einzeln in den Briefen aufzuzählen.
Darüber hinaus verbiete die DSGVO, die zu sprechenden Fragen gegenüber Dritten offenzulegen.
Das OLG Schleswig verurteilte Freenet zur Unterlassung.
Es handle sich um einen Fall der unzumutbaren Belästigung in Form unerwünschter Werbung nach § 7 Abs.1 S.2 UWG.
"Das Schreiben selbst stellt (…) eine unzumutbare Belästigung (…) dar. Auf der Grundlage des Vortrags der Parteien steht fest, dass es allein dazu diente, der Kundin eine Werbung aufzudrängen, die sie ausdrücklich nicht wünschte.
Im zuvor genannten Urteil bestätigt der BGH „Mondpreise“ (…), dass dem Unterlassungsgläubiger Darlegungs- und Beweiserleichterungen in Bezug auf solche Tatsachen zukommen, die in den Verantwortungsbereich des Gegners fallen und zu denen nur er sich erklären kann (…). Genügt der Anspruchsgegner seiner sekundären Darlegungslast nicht, gilt die Behauptung des Unterlassungsgläubigers nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (…)."
Freenet sei seiner Beweislast nicht nachgekommen, so das Gericht:
"So ist es hier.
Der Kläger hat alles vorgetragen, was er zur Behauptung des Werbecharakters des Schreibens vortragen kann. Er hat das Kündigungsschreiben der Kundin vorgelegt, das klare Angaben enthielt. Die Kundin nannte den beabsichtigten Zeitpunkt des Vertragsendes und äußerte den Wunsch nach Mitnahme der Telefonnummer. Ihre zur Abwicklung des Vertrages notwendigen Daten müssen aufgrund der bisherigen Vertragsbeziehung bekannt gewesen sein. Dafür, dass der Beklagten alle notwendigen Tatsachen bekannt waren, spricht zudem, dass das Vertragsverhältnis in der Folge des Kündigungsschreibens unstreitig beendet werden konnte, ohne dass es noch eines Telefonats mit der Kundin bedurfte.
Bei dieser Sachlage fehlt es an jedem Anhaltspunkt dafür, welche offenen Fragen bestanden haben könnten. Dies lässt nur den Schluss zu, dass die Kundin mit dem Schreiben zu einem Anruf bewegt werden sollte, der zu ihrer Rückgewinnung als Kundin genutzt werden konnte. Selbst wenn das Telefonat nur einer Zufriedenheitsbefragung hätte dienen sollen, läge darin Werbung (…).
Die Beklagte hätte den gegen sie sprechenden Anschein nur durch substantiierten Vortrag im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast widerlegen können. Ihre sekundäre Darlegungslast ergibt sich zwingend daraus, dass nur sie wissen kann, welche Fragen noch offengestanden haben sollen."
Auch aus Datenschutzgründen sei das TK-Unternehmen nicht gehindert gewesen, hierüber im Prozess Auskunft zu geben:
"An näherem Vortrag war die Beklagte nicht aus datenschutzrechtlichen Gründe gehindert.
Die Beklagte beruft sich darauf, dass sie Gefahr laufe, unter Verstoß gegen die Voraussetzungen rechtmäßiger Datenverarbeitung nach Art. 6 DSGVO Einzelheiten zum Vertragsverhältnis offenzulegen (…).
Es erschließt sich schon nicht, weshalb die Beklagte nicht zumindest hätte darlegen können, welche Umstände noch klärungsbedürftig gewesen seien. Für solchen Vortrag müssen keine personenbezogenen Daten der Kundin preisgegeben werden."
Und dann werden die Richter noch deutlicher:
"Vor allem aber greift der Einwand nicht durch, weil nach dem unstreitigen Sachverhalt feststeht, dass nicht etwa datenschutzrechtliche Gründe die Beklagten an einer Darlegung der angeblich offenen Fragen hinderten, sondern der Umstand, dass es solche Fragen nicht gab.
Davon ist der Senat gerade auch nach den ausführlichen Darlegungen des Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung überzeugt.
Schriftsätzlich hatte die Beklagte vorgetragen, dass der Rückruf „von der Kündigung abgekoppelt“ sei und die Kündigung auch dann bearbeitet werde, wenn die Kundin nicht anrufe (…).
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Prozessbevollmächtigte klargestellt, dass dies nicht in dem Sinne zu verstehen sei, dass die Kündigung in jedem Fall durchgeführt wird. Vielmehr könne das Ergebnis der Bearbeitung auch die Zurückweisung der Kündigung sein. Dies war hier jedoch unstreitig nicht der Fall. Die Kündigung wurde durchgeführt. Rückfragen waren nicht vonnöten.
Hierzu wiederum hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten ausgeführt, dass es auch denkbar sei, dass nach Eingang einer Kündigung zunächst noch offene Fragen bestanden haben könnten, die sich bei ausbleibendem Rückruf des Kunden aber doch noch durch interne Nachforschungen klären ließen. Dies ist nichts anderes als eine Umschreibung der Tatsache, dass es letztendlich keine offenen Fragen gab."