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Kategorie: Onlinerecht

AG Diez: Kein DSGVO-Schadensersatzanspruch bei Bagatellverstößen wegen unerlaubter E-Mail-Werbung

Das AG Diez (Urt. v. 07.11.2018 - 8 C 130/18) hat sich zu der Frage geäußert, ob dem Empfänger einer unerlaubten Werbe-Nachricht ein Schadensersatz-Anspruch nach der DSGVO zusteht.

Der Kläger begehrte Schadensersatz nach Art. 82 Abs.1 DSGVO, da er eine unerlaubte Werbe-Mail erhalten hatte.

Außergerichtlich zahlte die Beklagte, ohne Anerkenntnis, einen Betrag von 50,- EUR. Dies hielt der Kläger jedoch nicht für ausreichend, sodass er vor Gericht einen höheren Schmerzensgeldbetrag einforderte, der mindestens bei 500,- EUR liegen sollte.

Mit dem Inkrafttreten der DSGVO hat nach Art. 82 Abs.1 DSGVO jede Person, deren Daten nicht gesetzeskonform verarbeitet werden, einen Anspruch auf Schadensersatz. Weder im Gesetz noch in den Erwägungsgründen gibt es weiterführende Bestimmungen zur konkreten Höhe des Betrages. Erwägungsgrund 146 führt lediglich allgemein aus:

"Erwägungsgrund 146:
(...) Der Begriff des Schadens sollte im Lichte der Rechtsprechung des Gerichtshofs weit auf eine Art und Weise ausgelegt werden, die den Zielen dieser Verordnung in vollem Umfang entspricht. Dies gilt unbeschadet von Schadenersatzforderungen aufgrund von Verstößen gegen andere Vorschriften des Unionsrechts oder des Rechts der Mitgliedstaaten. (...) 

Die betroffenen Personen sollten einen vollständigen und wirksamen Schadenersatz für den erlittenen Schaden erhalten. (...)"

Das AG Diez hatte - soweit ersichtlich - als erstes deutsches Gericht über die genaue Höhe dieses Schadensersatzes zu urteilen.

Zunächst stellt das Gericht fest, dass nicht jede Verletzung gegen die DSGVO einen Ausgleichsanspruch begründet. Wörtlich führt es aus:

"Der Kläger, der am 25.05.2018 - als die DSGVO Gültigkeit erlangte - von der Beklagten eine als unzulässig monierte E-Mail erhielt, will seinen daraus hergeleiteten Schmerzensgeldanspruch vorliegend ohne Erfolg auf Art. 82 Abs. 1 DSGVO stützen, wonach jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO (hier: Art. 6 DSGVO) ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Verantwortlichen hat.

Daraus geht bereits hervor, dass ein bloßer Verstoß gegen die DSGVO, ohne dass eine Schadensfolge eintritt, nicht zu einer Haftung führt; der Verstoß gegen Vorschriften der DSGVO alleine führt nicht direkt zum Schadensersatz (Schaffland/Wiltfang, Art. 82 DSGVO Rn. 5; Plath, Art. 82 DSGVO Rn. 4 d m.w.N.)."

Vielmehr bedürfe es einer nicht unerheblichen Beeinträchtigung der Interessen des einzelnen Betroffenen. Erforderlich sei in jedem Fall eine tiefergehenden Einwirkung aif die Interessen des Users: 

"Einerseits ist eine schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts nicht (mehr) erforderlich. Andererseits ist auch weiterhin nicht für einen Bagatellverstoß ohne ernsthafte Beeinträchtigung bzw. für jede bloß individuell empfundene Unannehmlichkeit ein Schmerzensgeld zu gewähren; vielmehr muss dem Betroffenen ein spürbarer Nachteil entstanden sein und es muss um eine objektiv nachvollziehbare, mit gewissem Gewicht erfolgte Beeinträchtigung von persönlichkeitsbezogenen Belangen gehen (Plath, Art. 82 DSGVO Rn. 4 c, d).

Von diesen Grundsätzen ausgehend teilt das Gericht vorliegend die Auffassung der Beklagten, dass ein Schmerzensgeldanspruch, so er bestand, mit dem anerkannten Betrag als abgegolten anzusehen ist (so auch bereits der Hinweis des zunächst angerufenen Landgerichts Koblenz vom 31.07.2018). Dasjenige, was der Kläger hier moniert, beschränkte sich auf eine einzige E-Mail der Beklagten, mit welcher sie am 25.05.2018, als die DSGVO Gültigkeit erlangte, eben aus diesem Grund und unter Bezugnahme hierauf nach einer Einwilligung zum Newsletterbezug anfragte, weshalb im Ergebnis vorliegend ein weitergehendes Schmerzensgeld nicht mehr der Angemessenheit entsprochen hätte."

Mit anderen Worten: Das Gericht hat bereits erhebliche Zweifel, ob überhaupt ein Anspruch dem Grunde nach besteht. Es hatte inhaltlich darüber aber nicht weiter zu entscheiden, da der Beklagte den Betrag bereits außergerichtlich freiwillig gezahlt hatte.

Hinsichtlich des darüber hinausgehenden Entgeltes erklärt das AG Diez dem Kläger eine eindeutige, unmissverständliche Absage (im Ergebnis auch das zunächst angerufene LG Koblenz). Denn ein darüber hinausgehender Entgelt-Anspruch wäre unangemessen und unverhältnismäßig.

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