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Newsletter vom 13.08.2008 |
Betreff: Rechts-Newsletter 33. KW / 2008: Kanzlei Dr. Bahr |
Der Angeklagte hatte seinen eBay-Account seinem Bruder überlassen, über den dieser gestohlene Ware verkaufte. Die jeweiligen Käufer zahlten den Kaufpreis auf ein Girokonto des Angeklagten ein, der den entsprechenden Betrag dann von seinem Konto abhob und das Geld bar an sein Bruder aushändigte. Die höchsten deutschen Strafrichter entschieden, dass ein solches Verhalten als Beihilfe zur Hehlerei bzw. zum Diebstahl zu werten sei. "Denn nach den Feststellungen stellte der Angeklagte seinem Bruder eine seinen eBay-Account bereits spätestens Anfang 2005 in dem Wissen zur Verfügung, das sein Bruder unter seinem (...) Namen (...) die entwendeten Waren veräußern würde. Hat er damit seinem Bruder aber schon im Voraus die Hilfestellung beim Absatz der entwendeten Gegenstände zugesagt, liegt darin zugleich eine Beihilfe zu denen von seinem Bruder begangenen Diebstählen (...) bzw. zu der Hehlerei (...)."
Nun hat das OLG Frankfurt a.M. (Urt. v. 10.01.2008 - Az.: 6 U 177/07) entschieden, dass nicht ausnahmslos jede Markennutzung als Meta-Tag eine Rechtsverletzung ist. Vielmehr bedürfe es für einen Verbotsausspruch der konkreten Annahme einer Verwechslungsgefahr. Eine solche Verwechslungsgefahr - und somit auch eine Markenverletzung - scheide aber dann aus, wenn für den Internet-User ersichtlich sei, dass es sich lediglich um einen Zufallstreffer handele. "Im vorliegenden Fall entnimmt der Nutzer aus den Kurzangaben in der Trefferliste zwar, dass sich das Angebot des Antragsgegners ebenfalls auf einen Begleitservice bezieht. Er erkennt aber zugleich, dass es hier nicht um eine unter der Bezeichnung „S(...)-Escort" angebotene Dienstleistung, sondern um eine „Escort Lady" namens S(...) geht. Auf dieser Grundlage, also bei Einbeziehung der aus der Trefferliste ersichtlichen Angaben in das für die Annahme einer Markenverletzung maßgebliche Vorstellungsbild des Internetnutzers, scheidet wiederum - entsprechend den eingangs gemachten Ausführungen - jedenfalls die Annahme einer Verwechslungsgefahr aus. Denn bei Betrachtung der Kurzangaben ergibt sich für den Nutzer, dass es sich bei dem Hinweis auf die Unterseite des Antragsgegners nur um einen „Zufallstreffer" handelte, bei dem die Marke des Antragstellers nicht in verwechselbarer Form verwendet wird." Auch wenn durch die Verwendung einer vorderer Platz bei den Suchergebnissen erreicht werde, so das OLG Frankfurt a.M., ändere dies nichts hieran: "Schließlich führt auch die Behauptung des Antragstellers, der Antragsgegner habe durch die Formulierung des Quelltextes nicht nur die Aufnahme in die Trefferliste, sondern dort auch die Belegung eines vorderen Platzes erreicht, zu keinem anderen Ergebnis. Natürlich findet der Nutzer in dem Treffer „Escort ... - S(...) - Escort Lady" seine Sucheingabe wieder, wobei er aber auch erkennt, warum es sich um einen unbeabsichtigten „Zufallstreffer" handelt. Dass der Nutzer Anlass hätte, über diesen schlichten Befund hinausgehend, aus der guten Platzierung auf eine inhaltliche Nähe des Treffers mit seiner Sucheingabe zu schließen, ist nicht nachvollziehbar dargetan, jedenfalls aber nicht glaubhaft gemacht."
"Da die bewusst fehlerhafte Eingabe eines tatsächlich nicht erteilten Auftrages in das System der Antragsgegnerin zugleich ursächlich für die in den Anträgen zu 2., 3. a) und 3. b) genannten Verhaltensweisen waren, kann die Antragstellerin von der Antragsgegnerin die Unterlassung dieses Verhaltens verlangen." Ausgenommen seien lediglich Fälle, in denen es versehentlich zu fehlerhaften Auftragsbestätigungen oder Portierungsablehnungen gekommen sei. Hier liege keine wettbewerbswidrige Handlung vor: "Nach der (...) Entscheidung "Änderung der Voreinstellung" des Bundesgerichtshofs (WRP 07, 1341) sind die genannten Verhaltensweisen nur dann als Wettbewerbshandlung (...) und zugleich als gezielte Behinderung (...) einzustufen, wenn es sich hierbei nicht um versehentliche Fehlleistungen im Massengeschäft der Vertragsabwicklung handelt, sondern um eine bewusste Verletzung der Verpflichtung zur Ausführungen von Portierungsaufträgen (...) bzw. der Verpflichtung, Kunden keine unzutreffenden Auftragsbestätigungen zuzusenden (...)."
"Leitsätze: 1. Der Unterlassungsanspruch eines schon seit mehreren Jahren wegen einer Straftat rechtskräftig Verurteilten gegen einen ihn identifizierenden Artikel in einem sog. Online-Archiv hängt wesentlich von der durch den Bericht erzielten Breitenwirkung ab. 2. Ist der Täter noch in Haft, ist davon auszugehen, dass die Berichterstattung keine derartig negativen Auswirkungen hat, die das öffentliche Informationsinteresse hinter das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen zurückgetreten lassen." Siehe dazu unsere Webseite "Suchmaschinen & Recht", auf der alle bis dato veröffentlichten Entscheidungen zu den Löschungspflichten bei Online-Archiven zum Abruf bereitstehen.
Zunächst stellen die Richter fest, dass die Suchmaschine vor Kenntnis gar nicht haftet: "Zu teilen ist die Ansicht des Erstgerichts, dass ein Suchmaschinenbetreiber vor Abmahnung durch einen Dritten, der sich in seinen Rechten verletzt sieht, grundsätzlich nicht Störer einer (behaupteten) Rechtsgutverletzung ist. Der Senat schließt sich insoweit den Ausführungen des Erstgerichts in vollem Umfang an." Dann führen die Richter weiter aus, dass den Suchmaschinen-Betreiber nach Kenntnis eine Prüfungspflicht obliege, Google aber eine Löschung nur dann vornehmen müsse, wenn die beanstandete Rechtsverletzung offensichtlich und eindeutig ist. "Wie die (...) E-Mail der Antragsgegnerin (...) zeigt, hat die Antragsgegnerin die vom Antragsteller genannten Urteile auch tatsächlich ausgewertet. Dass die Antragsgegnerin dennoch eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Antragsteilers verneinte, ist nicht als Verstoß gegen ihre Prüfpflicht zu werten. Sie durfte sich vielmehr (...) auf den Standpunkt stellen, dass es an einer klaren Rechtsgutverletzung fehle, da sich der beanstandete Beitrag primär mit der Rechtsprechungspraxis der Gerichte zur vollen Namensnennung verurteilter Straftäter und den daraus gewonnen Möglichkeiten für zahlreiche Klageverfahren beschäftigt. (...) Die Rechtslage ist im vorliegenden Fall im Gegensatz zu dem vom BGH entschiedenen Sachverhalt keineswegs klar und eindeutig. Die vom Antragsteller zitierten gerichtlichen Entscheidungen sind auf den vorliegenden Fall nur sehr eingeschränkt übertragbar, da sie Zeitungsartikel betreffen, die sich ausschließlich mit dem Antragsteller und seiner Tat beschäftigen. Die Antragstellerin ist ihrer Prüfpflicht im vollen Umfang nachgekommen und scheidet damit als Störerin der behaupteten Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers aus."
Ärzte dürfen bei der Auswahl von Medikamenten nicht mehr durch Software beeinflusst werden, die das Produkt bestimmter Pharma-Unternehmen bevorzugt. Deshalb können Kassenärzte seit dem 1. Juli 2008 nur noch Software benutzen, die ein Zertifizierungsverfahren durchlaufen hat. Die gesetzlichen Krankenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung haben dazu einen „Anforderungskatalog“ für Ärzte-Software aufgestellt. Gegen dieses Zertifizierungsverfahren wandten sich mehrere Software-Hersteller mit Eil-Anträgen an das Sozialgericht Berlin. Sie wollten erreichen, dass Kassenärzte ihre Software auch weiterhin ohne Zulassung benutzen können. Sie gaben an, dass Umsatzeinbußen von mehr als 40 Millionen Euro allein in den nächsten drei Jahren durch die Neuregelung zu befürchten seien. Das Gericht hat die Anträge als unzulässig abgewiesen. Nur die Kassenärzte seien durch die Regelung betroffen. Software-Hersteller könnten auch weiterhin ungeprüfte Programme verkaufen. Sie hätten aber keinen rechtlich geschützten Anspruch darauf, dabei die gleichen Marktchancen zu haben, wie in früheren Jahren. Demzufolge bestehe auch kein Recht darauf, dass Kassenärzte weiterhin ungeprüfte Software für die Auswahl von Medikamenten benutzen können. Im Übrigen habe ein Vertreter der Software-Betriebe in einem Interview ausdrücklich betont, dass die Produkte „ohne Probleme zertifiziert werden, weil wir sowieso machen, was vom Gesetz her gewollt ist“. Wenn dies so sei, so das Gericht, dann sei nicht nachvollziehbar, warum die Antragsteller nicht einfach das Zertifizierungsverfahren einleiten würden. Gerichtlicher Rechtsschutz gegen das Zertifizierungsverfahren sei doch dann gar nicht erforderlich. Die Software-Hersteller haben inzwischen Beschwerde gegen den Beschluss beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Aktenzeichen des Sozialgerichts: S 79 KA 148/08 ER Quelle: Pressemitteilung des SG Berlin v. 06.08.2008
"Leitsätze: 2. Wirbt ein Unternehmen im Rahmen des Google-AdWords-Programmes mit einem Begriff und wählt die Option "weitgehend passende Keywords" ist es verpflichtet, die von Google vorgeschlagene Keyword-Liste vorab auf Rechtsverletzungen zu überprüfen. Die Überprüfungspflicht ist jedoch auf diese Keyword-Liste begrenzt, die Google im Rahmen der Schaltung der Anzeigen-Schaltung dem Inserenten vorab anzeigt. Eine generelle Überprüfungspflicht trifft das werbende Unternehmen nicht. Insbesondere kann nicht verlangt werden, alle denkbaren Abweichungen durchzuprobieren. 3. Ab Aufforderung durch den jeweiligen Markeninhaber hat das werbende Unternehmen jedoch dafür Sorge zu tragen, dass zukünftig die AdWords-Anzeigen bei Eingabe des Markenbegriffs nicht mehr erscheinen." Siehe zu der Problematik von AdWords auch unseren Video-Beitrag "Markenrisiko Google AdWords" auf Law-Vodcast.de.
"Schließlich ist die Antragsgegnerin auch verpflichtet für die unter Nutzung ihres Anschlusses begangenen Urheberrechtsverletzungen nach den Regeln der Störerhaftung einzustehen. (...) Störer ist nämlich, wer in irgendeiner Weise willentlich und adäquat - kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beigetragen und zumutbare Sicherungsmaßnahmen unterlassen hat (...). Hierfür genügt es, dass die Antragsgegnerin willentlich einen Internetzugang geschaffen hat, der objektiv für Dritte, nach ihren Ausführungen für ihre Kinder und deren Freunde, nutzbar war. Ohne die von der Antragsgegnerin geschaffene Internetzugangsmöglichkeit wäre die Rechtsverletzung unterblieben, so dass eine Kausalität zu bejahen ist. Zumutbare Sicherungsmaßnahmen hat die Antragsgegnerin dagegen unterlassen. Gerechtfertigt ist es, zumindest die Sicherungsmaßnahmen zu verlangen, die eine Standardsoftware erlaubt."
Der Sender hatte in seinem Programm im Juni 2007 über die Arbeit einer Münchner Gerichtsvollzieherin berichtet. Im Fernsehen war zu sehen, wie die Gerichtsvollzieherin mit Hilfe eines Schlossers in Begleitung von zwei Polizeibeamten und einem Kamerateam die Wohnung eines gesuchten Schuldners betritt. Dort trifft die Gerichtsvollzieherin den nur mit einer Unterhose bekleideten Kläger, der bei der Kontrolle seines Ausweises brav seinen Namen nennt. Problem bei der Sache: Der aus der Slowakei stammende Kläger war – wie sich noch während des Drehs herausstellte – nicht der gesuchte Schuldner. Gesendet wurde trotzdem. Der Kläger verklagte daraufhin den Sender wegen der Ausstrahlung dieser – für den Kläger entwürdigenden – Szene auf Schmerzensgeld. Die Beklagte verteidigte sich damit, den Kläger aufgeklärt und von ihm die Zustimmung für die Ausstrahlung erhalten zu haben. Der Kläger erklärte dem Gericht hingegen, er sei überrumpelt worden und der deutschen Sprache gar nicht ausreichend mächtig gewesen. Auch das Gericht sah es als eine Überrumpelung an, von zwei Polizisten aus dem Schlaf geweckt zu werden, die den Ausweis verlangen. Hinzu kam – so die 9. Zivilkammer –, dass das Kamerateam durch das Betreten der Wohnung den Straftatbestand des Hausfriedensbruchs erfüllt und eben diese Situation dann ausgenutzt hat, um dem Kläger ein Einverständnis abzuringen. Ein solch sittenwidrig erworbenes Einverständnis ist nichtig. Eine wirksame Einwilligung in die schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers sah die Kammer daher als nicht gegeben und verurteilte den Sender zur Zahlung eines beträchtlichen Schmerzensgeldes. Urteil des Landgerichts München I, Az.: 9 O 18165/07; nicht rechtskräftig Quelle: Pressemitteilung des LG München I v. 06.08.2008
"Er hat keine Überwachungspflichten verletzt. Vor Kenntniserlangung von dem streitgegenständlichen Beitrags durch den Beklagten oblagen ihm solche Pflichten nicht. Bei der Beurteilung der Weite der Prüfungspflicht sind die Grundrechte der Meinungsfreiheit der Nutzer, deren Äußerungen dem Beklagten zugerechnet werden sollen, und das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der von den Äußerungen Betroffenen miteinander abzuwägen (...). Dabei war vorliegend zum einen zu berücksichtigen, dass es vor den nun streitgegenständlichen Äußerungen keine Beanstandungen durch Dritte im Hinblick auf die im Rahmen des Blogs abgegebenen Kommentare gab. Ausgehend davon durfte der Beklagte - bis zur Kenntnis der Beanstandungen - darauf vertrauen, dass die Nutzer der Blogs lediglich politische Diskussionen führen, sich bei der Abfassung ihrer Kommentare aber ehrverletzenden Äußerungen enthalten." Und weiter: "Soweit die Klägerseite dagegen einwendet, dass gerade bei Blogs mit kritischen Inhalt und Diskussionen mit provozierenden Inhalt eine generell Prüfpflicht besteht, ist dies abzulehnen. Dabei ist zu beachten, dass das Betreiben eines Internetforums unter dem Schutz der Presse- und Meinungsäußerungsfreiheit steht, und dass die Existenz eines derartigen Forums bei Überspannung der Überwachungspflichten gefährdet wäre (...). Bei der Annahme einer generellen Vorab-Zensur-Pflicht bei der Einstellung von Artikeln mit kritischen Stellungnahmen oder brisanten Inhalt, würden zwangsläufig auch zulässige Meinungsäußerungen erfasst und das Modell des Internetforums/-blogs insgesamt in Frage stellen (...). Berücksichtigung muss auch finden, dass das vorliegende Forum nicht gewerblich betrieben wird und der Beklagte als technischer Administrator mit der rechtsverletzenden Äußerung weder direkt noch indirekt Umsatz erzielt, worauf der Bundesgerichtshof jedoch bei der Feststellung der Prüfungspflichten maßgeblich abgestellt hat (...)."
Inhalt: Während früher der Bereich der Glücksspiele überwiegend unter dem Aspekt der Spielsucht-Bekämpfung erörtert wurde, rückt in den letzten Jahrzehnten zunehmend die wirtschaftliche Bedeutung dieses Marktes in den Vordergrund. Dies ist auf zwei Umstände zurückzuführen: Zum einen ist es angesichts der leeren Staatskassen wenig verwunderlich, dass auch der Staat diesen Bereich nicht nur unter präventiven, sondern zunehmend auch unter fiskalischen Gesichtspunkten betrachtet. Zum anderen positionieren sich verstärkt private Anbieter in diesem Gebiet, deren oberstes Ziel die Gewinnmaximierung ist. Aufgrund des großen Umfangs ist der Podcast in zwei Teile geteilt. Heute hören Sie den ersten Teil. Der zweite Teil erscheint nächste Woche.
"Zwei-Buchstaben-Domains - der Weg ist frei!" Inhalt: Die Kanzlei Dr. Bahr zeigt in ihrem kostenlosen Vortrag am 3. September 2008, 19:30 Uhr, im Hotel Steigenberger (Raum „Galeria“), Hamburg, insbesondere Unternehmen auf, welche Konsequenzen das Urteil hat und wie und unter welchen rechtlichen Voraussetzungen Zwei-Buchstaben-Domains registriert werden können. Es besteht die Möglichkeit zur Diskussion und zu Nachfragen. Referent ist Rechtsanwalt Noogie C. Kaufmann, Master of Arts, aus der Kanzlei Dr. Bahr. Herr Kaufmann beschäftigt sich bereits seit mehr als zehn Jahren intensiv mit dem Recht der Neuen Medien und ist Autor zahlreicher Fachpublikationen, unter anderem in ComputerTechnik - c´t. Hintergrund für die neue Rechtslage ist die erfolgreiche Klage des Autokonzerns Volkswagen auf Freigabe der Domain „vw.de“. Nähere Infos und Anmeldung online unter http://www.dr-bahr.com/vortrag-zwei-buchstaben-domains.html.
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