Zurück |
Newsletter vom 21.07.2021 |
Betreff: Rechts-Newsletter 29. KW / 2021: Kanzlei Dr. Bahr |
|
Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. BGH: Unternehmen darf Urteil gegen Mitbewerber auf Webseite veröffentlichen _____________________________________________________________ Ein Unternehmen darf ein Urteil gegen einen Mitbewerber wegen irreführender Werbung auf seiner Webseite veröffentlichen, wenn ein schutzwürdiges Interesse an der Information hierüber besteht (BGH, Urt. v. 06.05.2021 - Az.: I ZR 167/20). Die Parteien waren Mitbewerber. Der Beklagte erwirkte in der Vergangenheit ein Gerichtsurteil gegen die Klägerin wegen irreführender Werbung im Zusammenhang mit der Akquisition von Anzeigenkunden. Dieses Urteil veröffentlichte der Beklagte auf seiner Webseite unter voller Nennung des Namens der juristischen Person der Klägerin. Hierin sah die Klägerin eine Wettbewerbsverletzung und ging dagegen juristisch vor. Zu Unrecht wie der BGH nun entschied.
Ganz allgemein führt das Gericht aus:
"Eine beeinträchtigende wahre Tatsachenbehauptung kann umso eher zulässig sein, je nützlicher die Information für die Adressaten ist oder je mehr aus anderen Gründen ein berechtigtes Informationsinteresse oder hinreichender Anlass für die Kritik besteht und je sachlicher die Kritik präsentiert wird (...). Im vorliegenden Fall spreche ein hohes Informationsinteresse für die volle Veröffentlichung des Urteils: "Die Güter- und Interessenabwägung ergibt, dass die mit der Veröffentlichung des Urteilstenors unter namentlicher Nennung der Klägerin einhergehende Verringerung der Wertschätzung der Klägerin sachlich gerechtfertigt und daher nicht unlauter ist. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass das erwirkte Urteil bereits mehrere Jahre zurückliege: "Das Berufungsgericht hat das Informationsinteresse der angesprochenen Verkehrskreise wegen des schwerwiegenden Maßes der Irreführung der abgeurteilten Geschäftspraktiken der Klägerin erkennbar als gewichtig eingestuft. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 2. BGH: Sammelklage-Inkasso rechtmäßig _____________________________________________________________ Der II. Zivilsenat hat heute entschieden, dass ein sogenanntes Sammelklage-Inkasso zulässig ist.
Sachverhalt und Prozessverlauf: Auf einer von ihr betriebenen Webseite warb sie dafür, Ansprüche gegen die zwischenzeitlich insolvente Air Berlin PLC & Co. Luftverkehrs KG auf Rückzahlung des Flugpreises gesammelt über sie geltend zu machen. Den Kunden sollten keine Kosten entstehen, die Klägerin im Erfolgsfall 35% der Nettoerlöse aus dem Forderungseinzug erhalten. Aus abgetretenem Recht hat die Klägerin Schadensersatzansprüche von insgesamt sieben Kunden gegen den ehemaligen Geschäftsleiter der Air Berlin eingeklagt, da er verspätet Insolvenzantrag gestellt habe. Die Kunden haben zwischen Mai und Juli 2017 Flüge bei Air Berlin gebucht und bezahlt, die aufgrund der Insolvenz nicht mehr durchgeführt wurden. Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren in vollem Umfang weiter.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Weder dem Wortlaut noch der Systematik der § 1 Abs. 1 Satz 1, § 3 RDG lässt sich entnehmen, dass solche Inkassoformen keine zulässigen Rechtsdienstleistungen sind. Bei einer am Schutzzweck des Rechtsdienstleistungsgesetzes, die Rechtssuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen, orientierten Würdigung erfasst der Begriff der Inkassodienstleistung unter Berücksichtigung der Berufsausübungsfreiheit des Inkassodienstleisters (Art. 12 Abs. 1 GG) auch Inkassomodelle, die ausschließlich oder vorrangig auf die gerichtliche Einziehung von Forderungen abzielen, selbst wenn dazu eine Vielzahl von Einzelforderungen gebündelt werden. Der Klägerin ist ihre Tätigkeit auch nicht wegen der Unvereinbarkeit mit einer anderen Leistungspflicht nach § 4 RDG verboten. Ein Interessenkonflikt, der eine entsprechende Anwendung des § 4 RDG auf den vorliegenden Fall rechtfertigen könnte, liegt nicht vor. Da der Klägerin mit dem Sammelklage-Inkasso kein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz zur Last fiel, war die zwischen den Kunden von Air Berlin und der Klägerin vereinbarte Abtretung wirksam. Der Bundesgerichtshof hat deshalb das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen, damit weitere Feststellungen zum Bestehen der mit der Klage geltend gemachten Ansprüche wegen Insolvenzverschleppung nachgeholt werden können.
Urteil vom 13. Juli 2021 - II ZR 84/20
Vorinstanzen: Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 13.07.2021 Die maßgeblichen Vorschriften lauten:
§ 1 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) - Anwendungsbereich
§ 2 RDG - Begriff der Rechtsdienstleistung
§ 3 RDG - Befugnis zur Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen
§ 4 Unvereinbarkeit mit einer anderen Leistungspflicht
§ 10 RDG Rechtsdienstleistungen aufgrund besonderer Sachkunde Die Parteien betreiben jeweils ein Lokal mit italienischen Speisen in der Umgebung von Darmstadt. Das Lokal des Antragstellers heißt „Ciao“ und ist nach eigener Darstellung ein gehobenes italienisches Restaurant mit Pizzeria. Die Antragsgegnerin bewirbt ihr Lokal als „Hamburgeria“ und „Pizzeria“ unter dem Namen „Ciao Mamma“. Der Antragsteller nimmt die Antragsgegnerin auf Unterlassen der Verwendung der Bezeichnung „Ciao Mamma“ in Anspruch. Das Landgericht hat den im Eilverfahren geltend gemachten Anspruch zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Die Bezeichnung „Ciao“ sei zwar eine besondere Geschäftsbezeichnung, der auch Unterscheidungskraft zukomme, führte das OLG aus. Insbesondere bei Gaststätten und Hotels sei der Verkehr daran gewöhnt, dass sich Unternehmen häufig glatt beschreibender Etablissementsbezeichnungen bedienten es aber in einem umgrenzten örtlichen Gebiet nur einen einzigen Geschäftsbetrieb mit diesem Namen gebe. Der Bezeichnung „Ciao“ könne damit eine gewisse originäre Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Da es sich erkennbar um eine Grußformel handele, sei der Schutzbereich allerdings geringer. Es liege jedoch keine Verwechslungsgefahr vor. Die Parteien betrieben zwar beide Lokale, in denen italienisches Essen, insbesondere Pizzen, angeboten würden, so dass Branchenidentität vorliege. Die Kennzeichnungskraft der älteren Bezeichnung „Ciao“ – also ihre Eignung, sich als Unterscheidungsmittel bei den Kunden einzuprägen - sei jedoch mit Rücksicht auf die Bedeutung des Begriffs als italienische Grußformel durchschnittlich. Die einander gegenüberstehenden Bezeichnungen „Ciao“ und „Ciao Mamma“ seien nicht hinreichend ähnlich, um eine Verletzungsgefahr zu begründen. Zu vergleichen sei dabei der Gesamteindruck. Der Bestandteil „Mamma“ führe zu einem deutlich abweichenden Gesamteindruck. Der Verkehr verstehe die Bezeichnung „Ciao Mamma“ auch nicht als Ableger des Lokals „Ciao“, da der Bestandteil „Ciao“ nicht als eigenständiger Stammbestandteil wahrgenommen werde. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 30.6.2021, Az. 6 W 35/21
Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt a.M. v. 14.07.2021
Die Klägerin meldete an Amazon den Gesetzesverstoß eines Mitbewerbers auf der Plattform. Die Beklagte sah hierin ein wettbewerbswidriges Anschwärzen und mahnte die Klägerin ab. Zu Unrecht wie nun das OLG Hamm entschied.
Es sei nicht zu beanstanden, dass die Gläubigerin den Weg der Beschwerde über Amazon gewählt und nicht direkt abgemahnt habe:
"Dass die Klägerin ihre Beschwerde an den Plattformbetreiber aus sachfremden – wettbewerbsfremden – Interessen abgesetzt hat, ist nicht ersichtlich. Dass die Klägerin zunächst den Weg der Beschwerde an den Plattformbetreiber gewählt hat, der überdies schnell und effizient zu einer Entfernung der nicht gesetzeskonformen Produktangebote aus dem Internet geführt hat, und nicht sofort eine gegebenenfalls Kostenerstattungsansprüche auslösende Abmahnung ausgesprochen hat, spricht im Gegenteil dafür, dass ihr Vorgehen dem Interesse an einem lauteren, gesetzeskonformen Wettbewerb entsprang. In der Meldung liege auch kein Wettbewerbsverstoß, denn die Beklagte habe tatsächlich gegen gesetzliche Vorschriften bei ihrem Angebot verstoßen: "Die Beschwerde der Klägerin (...) enthielt auch keine Herabsetzung oder Verunglimpfung der Beklagten (...) im Sinne des § 4 Nr. 1 UWG. Die in dieser Beschwerde von der Klägerin geäußerte Rechtsauffassung, die beiden Produktangebote, die Gegenstand der Beschwerde waren und die hier auch nur in Rede stehen, entsprächen nicht den Vorgaben der VO (EU) Nr. 874/2012, war vielmehr zutreffend." zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 5. OLG Hamm: Universitäten steht kein zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch bei querulatorischen Telefonanrufen zu _____________________________________________________________ Einer Universität als Körperschaft des öffentlichen Rechts steht wegen querulatorischer Telefonanrufe kein zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch wegen eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu. Vielmehr kann sie zum Schutz der Funktion ihrer Behörde von ihrem digitalen Hausrecht Gebrauch machen und es durch Verwaltungsakt durchsetzen. Dies hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm mit Urteil vom 09.07.2021 in einem Eilverfahren entschieden. Der Beklagte war von August 2017 bis Januar 2018 bei der klagenden Universität als Arbeitnehmer tätig. Das Arbeitsverhältnis endete innerhalb der Probezeit durch Kündigung der Universität. Danach führten die Parteien u. a. noch ein arbeitsgerichtliches Verfahren. Ab dem Sommer 2020 kam es zu einer Vielzahl von Anrufen von anonymen Telefonnummern bei der Universität, die dem Beklagten zuzuordnen sind, soweit es zu einem Gespräch kam. Die Universität hat in diesem Eilverfahren verlangt, es dem Beklagten zu untersagen, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter telefonisch insbesondere dann zu kontaktieren, wenn mehrere Anrufe an einem Tag hintereinander erfolgen, obwohl bereits zuvor Anrufe erfolgt sind. Das Landgericht Bochum (Az. 2 O 299/20) hat mit Urteil vom 01.03.2021 den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung unter anderem ausgeführt, die Universität könne sich als öffentlich-rechtliche Körperschaft nicht auf das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb berufen, weshalb ihr ein zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch nicht zustünde. Die Berufung der Universität gegen dieses Urteil blieb ohne Erfolg. Ein Unterlassungsanspruch folge – so der 7. Zivilsenat – nach den gegebenen Umständen nicht aus § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1 BGB wegen eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Die massiven und von der Universität mangels sachlichen Grundes nicht mehr hinzunehmenden, teils mit unterdrückter Rufnummer durchgeführten Telefonanrufe des Beklagten auf Festnetz- und Mobilfunkanschlüssen im Rektorat, beim Kanzler und dem Justiziariat würden zwar unmittelbar die Behördenabläufe stören. Dennoch bestehe kein Bedürfnis, den vorerwähnten zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch insoweit auf den Betrieb der Universität auszudehnen, da sie als Behörde originäre verwaltungsrechtliche Maßnahmen gegen den Beklagten ergreifen könne. Zum Schutz ihrer Funktion könne sie aus eigener Befugnis und ohne Inanspruchnahme der Gerichte von ihrem digitalen Hausrecht Gebrauch machen, das insbesondere auch einen störungsfreien Telefonverkehr ermöglichen solle. Dieses Hausrecht könne sie durch Verwaltungsakt durchsetzen. Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 09.07.2021 (Az. 7 U 14/21, OLG Hamm)
Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm v. 14.07.2021
Die Klägerin betrieb einen Online-Versand für Kosmetikprodukte und bewarb diesen auch mittels E-Mail-Marketing. Bei der zuständigen Datenschutzbehörde beschwerten sich im Jahr 2019 sieben verschiedene Personen, die behaupteten, dass die Klägerin ihnen Spam-Mails zugeschickt habe. Es habe weder eine Kundenbeziehung bestanden noch sei eine Einwilligung erteilt worden.
Daraufhin wandte sich die Behörde an die Klägerin und verlangte schriftlich mehrere Auskünfte:
Frage 1: Von welchen Verantwortlichen und Auftragsverarbeitern und für Werbezwecke werden Daten verarbeitet?Das Amt drohte pro nicht erteilter Auskunft ein Zwangsgeld iHv. 200,- EUR an. Das betroffene Unternehmen lehnte eine Beantwortung ab und berief sich im weiteren Verlauf auf ihr Auskunftsverweigerungsrecht, da sie sich selbst belasten wollte. Die Datenschutzbehörde verhängte daraufhin ein Zwangsgeld iHv. 1.000,- EUR (= 5 Fragen a 200,- EUR). Hiergegen ging die Klägerin nun gerichtlich vor. Vor dem OVG Schleswig bekam sie jedoch nur teilweise Recht. Hinsichtlich der Fragen 3 und 5 sei die Verhängung eines Zwangsgeldes rechtswidrig, so die Richter. Bei den anderen Punkten hingegen sei das Vorgehen der Behörde nicht zu beanstanden.
Grundsätzlich müsse sich kein Betroffener selbst belasten, indem er der Datenschutzbehörde Auskünfte erteile und sich damit einem Straf- oder Ordnungswidrigkeiten aussetze. Für ein solches Auskunftsverweigerungsrecht sei es nicht notwendig, dass eine tatsächliche Gefahr einer Rechtsverfolgung bestünde. Vielmehr reiche es bereits aus, wenn dies ernsthaft möglich erscheine:
"Die Ausübung des Auskunftsverweigerungsrechts des § 40 Abs. 4 Satz 2 BDSG ist nur insoweit berechtigt, wie der an sich zur Auskunft Verpflichtete die Auskunft auf solche Fragen verweigert, deren Beantwortung ihn der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. Es gibt kein generelles, umfassendes Schweigerecht, und es muss dem Betroffenen eine bestimmte "Gefahrenlage" drohen (...). Mittels dieses Maßstabs bewertete das Gericht im Einzelnen nun die fünf Fragen. Und kam bei Frage 1 2 und 4 zu keiner Gefahr einer Selbstbelastung: "Ein Verstoß gegen Art. 5 und Art. 6 DSGVO, der hier zur Einleitung eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten führen könnte, ergibt sich nicht a priori aus der Beantwortung dieser Fragen, die darauf abzielen aufzuklären, von welchen Verantwortlichen und Auftragsverarbeitern die Antragstellerin Daten erhebt und für Werbezwecke verarbeitet (Frage 1), welche personenbezogenen Daten insoweit erhoben werden (Frage 2) und wie viele Personen betroffen sind (Frage 4). Nach Auffassung des OVG Schleswig hätte das betroffene Online-Unternehmen somit nicht die Auskunft auf diese Fragen verweigern dürfen.
Anders hingegen seien die Fragen 3 und 5 zu bewerten. Hier existiere ein reales Risiko, sodass ein Auskunftsverweigerungsrecht bestünde:
"Die Fragen 3 und 5 (...), zielen anders als die Fragen 1, 2 und 4, auf die Einholung von solchen Auskünften ab, die die Antragstellerin der Gefahr eines Verfahrens nach dem Gesetz über die Ordnungswidrigkeiten aussetzen können. In diesen beiden Fällen sei es daher rechtswidrig gewesen, ein Zwangsgeld zu verhängen.
Anmerkung von RA Dr. Bahr: Jedem betroffenen Unternehmen sollte aber klar sein, dass, selbst wenn es sich erfolgreich auf ein Auskunftsverweigerungsrecht beruft, am Ende eines ins Haus steht: Eine umfangreiche Datenschutzprüfung durch die Behörde, häufig vor Ort.
Ob das Geltendmachen einer Auskunftsverweigerung daher tatsächlich sinnvoll ist, kann nur in jedem konkreten Einzelfall beantworten werden. Die Praxis zeigt aber, dass eine kooperative Verhaltensweise häufig ein sinnvolleres Vorgehen ist und am Ende, für alle Beteiligten, mit einem annehmbaren Ergebnis endet.
Die Klägerin machte gegen ihren ehemaligen Anwalt u.a. einen DSGVO-Auskunftsanspruch geltend. Dieser übergab die Informationen erst verspätet in der mündlichen Verhandlung. Der Verzug betrug insgesamt 8 Monate. Daraufhin verlangte die Klägerin Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO.
Zu Unrecht wie das LG Bonn nun entschied:
"Der Klägerin steht aufgrund der erst nach acht Monaten erteilen Datenauskunft kein Anspruch auf Schadensersatz in Form eines Schmerzensgeldes aus Art. 82 DSGVO zu. Und weiter: "Unabhängig davon scheitert der Anspruch auch daran, dass ein Schaden nicht dargelegt ist. Allein dass die Klägerin auf die Datenauskunft „warten“ musste, kann auch nach dem Schadensmaßstab der DSGVO keinen ersatzfähigen Schaden begründen. Anmerkung von RA Dr. Bahr: Die Rechtsfrage, wann und unter welchen Bedingungen ein Unternehmen Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO an einen Betroffenen leisten muss, ist nach wie vor höchstrichterlich ungeklärt. Es ist aber absehbar, dass der EuGH demnächst dazu Stellung nehmen wird, vgl. unsere Kanzlei-News v. 18.02.2021. Zudem läuft aktuell auch ein Revisionsverfahren vor dem BGH zu dieser Problematik.
In der Praxis ist derzeit weiterhin keine klare Linie erkennbar. Die meisten Instanzgerichten entscheiden vielmehr nach wie vor sehr unterschiedlich.
Der Kläger wurde durch den Beklagten, einen Fotografen, abgemahnt. Ihm wurde vorgeworfen, unerlaubt ein Foto auf seiner Webseite benutzt zu haben. In der anwaltlichen Abmahnung forderte er Unterlassung, Schadensersatz und Ersatz von Rechtsanwaltsgebühren. Er verwies dabei auf seine Tätigkeit als Fotograf und zur Berechnung seines Schadensersatzanspruchs auf die Preisliste auf seiner Homepage. In dem Schreiben fehlte u.a. die Anschrift des Fotografen und das Bild selbst.
Der Abgemahnte stufte die ausgesprochene Abmahnung daher als unwirksam ein und verlangte entsprechend Schadensersatz (§ 97a Abs.5 iVm. Abs.2 UrhG).
§ 97a UrhG: Abmahnung Zu Recht wie das LG Köln nun entschied.
Die Abmahnung sei unwirksam, da sie nicht die Mindestanforderungen des § 97a Abs.2 UrhG erfülle:
"Der Antrag zu 2. der Klage ist ebenfalls begründet, weil der Beklagte gegen den Kläger keinen Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten aus § 97a Abs. 3 UrhG hat, weil die Abmahnung nicht den Anforderungen aus § 97a Abs. 2 UrhG entspricht.Auch der Schadensersatzanspruch des Abgemahnten sei gegeben: "Aus den vorstehenden Erwägungen ist auch der Antrag zu 3. der Klage dem Grunde nach begründet. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 9. VG Weimar: Verfassungsschutz darf AfD-Landesverband nicht als "Prüffall" bezeichnen _____________________________________________________________ Bezeichnung des Landesverbandes der AfD als „Prüffall“ durch den Präsidenten des Thüringer Amtes für Verfassungsschutz unzulässig Die öffentliche Äußerung des Präsidenten des Thüringer Amtes für Verfassungsschutz im September 2018, dass er den Landesverband der AfD als Prüffall bearbeite, ist rechtswidrig. Das hat das Verwaltungsgericht Weimar mit Urteil vom 11.06.2021, das am heutigen Tage verkündet wurde, entschieden. Es hat damit der auf Unterlassung dieser Äußerung gerichteten Klage des Landesverbandes Thüringen der Partei „Alternative für Deutschland“ stattgegeben. Am 06.09.2018 hatte der Präsident des Thüringer Amtes für Verfassungs-schutz anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2017 geäußert: „Daher habe ich als Präsident des Amtes für Verfassungsschutz in Thüringen den Landesverband der AfD in Thüringen in der hiesigen Bearbeitung bei uns im Amt mit heutiger Wirkung als Prüffall eingestuft“. Über diese Äußerung wurde danach in der Presse berichtet. Mit seiner Klage vertritt der Landesverband der Partei die Auffassung, diese Äußerung greife in rechtswidriger Weise in sein Recht als politische Partei aus Art. 21 des Grundgesetzes ein, da es hierfür an einer gesetzlichen Grundlage fehle. Zur Urteilsbegründung hat die 8. Kammer des Gerichts ausgeführt, dass die Klage zulässig und begründet sei. Mit der öffentlichen Äußerung habe der Präsident des Amtes für Verfassungsschutz in das Recht der AfD, als politische Partei gleichberechtigt am politischen Wettbewerb teilzunehmen (Art. 21 Abs. 1 GG), eingegriffen. Sie sei geeignet gewesen, die Mitwirkung der Partei an der politischen Willensbildung des Volkes und ihre Chancengleichheit im Wettbewerb der Parteien negativ zu beeinflussen. Für diesen Eingriff habe es einer gesetzlichen Grundlage bedurft, an der es fehle. Insbesondere könne das Recht, eine politische Partei in der Öffentlichkeit als „Prüffall“ zu bezeichnen, nicht aus dem Thüringer Verfassungsschutzgesetz hergeleitet werden. Soweit dieses in §§ 5 Abs. 2 Bestimmungen über die Veröffentlichung von Informationen enthalte, setzten diese voraus, dass entweder sichere Erkenntnisse über verfassungsfeindliche Bestrebungen und Tätigkeiten vorlägen oder zumindest tatsächliche Anhaltspunkte für einen diesbezüglichen Verdacht. Das Thüringer Verfassungsschutzgesetz enthalte jedoch keine Befugnis, bereits im Stadium des sog. „Prüffalls“ zu informieren. Hierbei gehe es um Fälle, in denen tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen noch nicht vorlägen, sondern nur vermutet würden und deshalb erst ermittelt werden müssten. Dabei sei unstreitig, dass die Beobachtungs- und Ermittlungstätigkeit selbst auch auf dieser Stufe zulässig sei; sie habe allerdings außerhalb der Wahrnehmung der Öffentlichkeit zu erfolgen. Das streitgegenständliche Informationshandeln könne auch nicht auf das Thüringer Pressegesetz gestützt werden. Denn der presserechtliche Auskunftsanspruch reiche nicht weiter als das verfassungsschutzrechtliche Informationsrecht, so dass der Beklagte verfassungsschutzrechtlich zum Stillschweigen verpflichtet gewesen sei. Die Äuße-rungen könnten auch nicht auf das allgemeine Recht zu staatlichem Informa-tionshandeln gestützt werden. Das Gericht hat mit dem Urteil lediglich die Frage der Rechtsgrundlage für die Bekanntgabe eines „Prüffalls“ geklärt. Damit war keine rechtliche Bewertung verbunden, ob der Thüringer Landesverband der AfD als „Prüffall“ behandelt werden darf oder nicht. Eine weitere Klage einzelner Landtagsabgeordneter sowie der Landtagsfraktion der Partei wies das Gericht als unzulässig ab, weil den Klägern die Klagebefugnis fehle. Sie seien in der streitigen Äußerung nicht namentlich genannt und damit nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar von der Äußerung berührt. Aktenzeichen 8 K 1151/19 We und 8 K 498/20 We. Die Entscheidungen sind nicht rechtskräftig.
Quelle: Pressemitteilung des VG Weimar v. 12.07.2021
Der EDSA ist der europäische Zusammenschluss aller nationalen Datenschutzbehörde in Deutschland. Inhaltlich geht es in dieser Angelegenheit um die neuen Nutzungsbedingungen, die Facebook vor einiger Zeit eingeführt hat und zu denen der Nutzer seine Zustimmung erklären sollt. Der Hamburgische Datenschutzbehörde hatte im Mai 2021 eine vorübergehendes Verbot gegenüber Facebook erlassen, vgl. die Kanzlei-News v. 12.05.2021. Da es sich nur um eine vorübergehende Maßnahme handelt, riefen die Hanseaten den EDSA an, um eine Lösung auf europäischer Ebene herbeizuführen. Dies lehnte der EDSA nun ab.
Zwar sei es sehr wahrscheinlich, dass Facebook gegen die DSGVO verstoßen habe. Jedoch sei es vor Einleitung weiterer Maßnahmen zuerst notwendig, den Sachverhalt weiter zu ermitteln:
"Based on the evidence provided, the EDPB concluded that there is a high likelihood that Facebook IE already processes WhatsApp IE user data as a (joint) controller for the common purpose of safety, security and integrity of WhatsApp IE and the other Facebook Companies, and for the common purpose of improvement of the products of the Facebook Companies. However, in the face of the various contradictions, ambiguities and uncertainties noted in WhatsApp’s user-facing information, some written commitments adopted by Facebook IE and WhatsApp IE’s written submissions, the EDPB concluded that it is not in a position to determine with certainty which processing operations are actually being carried out and in which capacity. Daher sei es notwendig, dass die nationale Datenschutzbehörde in Irland, dem Sitz von Facebook Ireland, entsprechende Ermittlungen durchführe: "Considering the high likelihood of infringements in particular for the purpose of safety, security and integrity of WhatsApp IE and the other Facebook Companies, as well as for the purpose of improvement of the products of the Facebook Companies, the EDPB considered that this matter requires swift further investigations. In particular to verify if, in practice, Facebook Companies are carrying out processing operations which imply the combination or comparison of WhatsApp IE’s user data with other data sets processed by other Facebook Companies in the context of other apps or services offered by the Facebook Companies, facilitated inter alia by the use of unique identifiers. Gegenüber Heise Online erklärt der Hamburgischen Datenschutzbeauftragten Prof. Caspar, dass er den Beschluss des Gremiums mit großer Sorge sehe. Er könne nicht erkennen, warum es an einer Dringlichkeit fehle, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit bestünde, dass mehrere 100 Millionen EU-Bürger DSGVO-Verletzungen ausgesetzt seien. zurück zur Übersicht |