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Die einzelnen News
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1.
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BGH: Kein jederzeitiges Kündigungsrecht bei Online-Partnervermittlungsportalen
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Kein jederzeitiges Kündigungsrecht bei Online-Partnervermittlungsportalen / Frühere Vertragsverlängerungsklauseln eines solchen Portalbetreibers überwiegend wirksam Der unter anderem für Dienstverhältnisse zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte in einem von einer Verbraucherschutzorganisation (Musterkläger) angestrengten Musterfeststellungsverfahren darüber zu entscheiden, ob Verträge zwischen der Betreiberin eines Online-Partnervermittlungsportals (Musterbeklagte) und ihren Kunden über eine kostenpflichtige Premium-Mitgliedschaft gemäß § 627 Abs. 1 BGB jederzeit gekündigt werden können sowie ob die bis zum 28. Februar 2022 von der Musterbeklagten in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendeten Vertragsverlängerungsklauseln nach der maßgeblichen damaligen Rechtslage Verbraucher nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen benachteiligen und deswegen unwirksam sind. Sachverhalt: Die Musterbeklagte betreibt ein Online-Partnervermittlungsportal. Die Nutzer haben die Wahl zwischen einer kostenlosen Basis-Mitgliedschaft und einer kostenpflichtigen Premium-Mitgliedschaft. Im Rahmen der Premium-Mitgliedschaft bot die Beklagte den Abschluss von Verträgen mit einer Erstlaufzeit von sechs, zwölf oder 24 Monaten zu folgenden Standardpreisen an: - sechs Monate für 479,40 € (79,90 € monatlich), - zwölf Monate für 790,80 € (65,90 € monatlich), - 24 Monate für 1.101,60 € (45,90 € monatlich). Die Verträge über die kostenpflichtige Premium-Mitgliedschaft enthielten Vertragsverlängerungsklauseln in Form Allgemeiner Geschäftsbedingungen, nach denen sich die Verträge automatisch um zwölf Monate verlängerten, wenn der Kunde nicht unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von zwölf Wochen vor Ablauf der Erstlaufzeit ordentlich kündigte. Bisheriger Prozessverlauf: Das Verfahren war erstinstanzlich beim Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg anhängig gemacht worden. Das Oberlandesgericht hatte entschieden, dass die Verträge nicht jederzeit gemäß § 627 Abs. 1 BGB gekündigt werden könnten und die Vertragsverlängerungsklausel beim Vertragsmodell mit einer bei Vertragsschluss gewählten Erstlaufzeit von 24 Monaten nicht gegen das bis zum 28. Februar 2022 gültige Recht verstoße. Bei den Vertragsmodellen mit Erstlaufzeiten von sechs und von zwölf Monaten seien die Vertragsverlängerungsklauseln hingegen nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Gegen das Urteil des Oberlandesgerichts haben beide Parteien Revision eingelegt. Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision des Musterklägers insgesamt zurückgewiesen und die Revision der Musterbeklagten teilweise für begründet erachtet. Der Senat hat entschieden, dass das Kündigungsrecht des § 627 Abs. 1 BGB, das eine besondere persönliche Beziehung voraussetzt, bei einem Vertrag über die Nutzung eines Online-Partnervermittlungsportals, bei dem die Leistung maßgeblich im Bereitstellen einer Online-Datenbank besteht und das die Partnersuche regelhaft ausschließlich durch vollständig automatisierte Vorgänge unterstützt, nicht besteht. Der Senat hat des Weiteren festgestellt, dass bezogen auf die bis zum 28. Februar 2022 geltende Rechtslage die Vertragsverlängerungsklausel bei Verträgen mit einer bei Vertragsschluss gewählten Laufzeit von sechs Monaten die Kunden der Musterbeklagten nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen benachteiligt und daher unwirksam ist. Er hat das damit begründet, dass bei diesem Vertragsmodell die finanzielle Belastung für alle Kunden, die nicht (fristgerecht) kündigen, während der Vertragsverlängerung doppelt so hoch ist wie während der Erstlaufzeit des Vertrags und - ausschlaggebend - hinzu kommt, dass die Musterbeklagte von diesen Kunden, die ihr durch das Unterlassen einer Kündigung finanzielle Planungssicherheit verschaffen, insgesamt mehr verlangt als von denjenigen, die fristgerecht kündigen, sie damit zunächst in finanzieller Ungewissheit lassen und erst bei Ablauf der sechsmonatigen Erstlaufzeit mit ihr einen zweiten Vertrag mit einer (weiteren) Erstlaufzeit von zwölf Monaten schließen. Bei den Vertragsmodellen mit Erstlaufzeiten von zwölf und von 24 Monaten ist das anders, weswegen bei ihnen eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht vorliegt. Vorinstanz und Vorschriften: Hanseatisches Oberlandesgericht - 3 MK 2/21 - Urteil vom 26. Oktober 2023 Urteil vom 17. Juli 2025 - III ZR 388/23 Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 18.07.2025
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2.
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BGH: Höchstrichterliche Grundlagen-Entscheidung zu Online-Coaching-Verträgen im B2B-Bereich + FernUSG anwendbar
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Der BGH hat eine wichtige Grundlagen-Entscheidung zu Online-Coaching-Verträge im B2B-Bereich getroffen und auch die Frage beantwortet, ob das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) anwendbar ist (BGH, Urt. v. 12.06.2025 - Az.: III ZR 109/24). Der Kläger schloss mehrere Online-Coaching-Verträge (u.a. über Trading) ab und zahlte dafür insgesamt rund 24.000,- EUR. Einige Zeit später widerrief er die Verträge und verlangte sein Geld zurück. Da die Beklagte nicht über eine Erlaubnis nach dem FernUSG verfüge, seien sämtliche Verträge nichtig, so seine Argumentation. Die Vorinstanz, das OLG Stuttgart, gab dem Kläger Recht und verurteilte die Beklagte zur Rückzahlung, vgl. unsere Kanzlei-News v. 06.09.2024. Dagegen lege das Coaching-Unternehmen vor dem BGH Revision ein. Der BGH wies die Revision nun zurück und bestätigte die Ansicht der Stuttgarter Richter. Im Einzelnen: 1. Das FernUSG ist anwendbar Der BGH hat die Anwendbarkeit des FernUSG klar bejaht. Es handelt sich nach Ansicht der Richter um Fernunterricht im Sinne dieses Gesetzes: “Bei dem vom Kläger gebuchten Programm handelt es sich um Fernunterricht im Sinne des § 1 Abs. 1 FernUSG. Danach ist Fernunterricht die auf vertraglicher Grundlage erfolgende, entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, bei der der Lehrende und der Lernende ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind (Nr. 1) und der Lehrende oder sein Beauftragter den Lernerfolg überwachen (Nr. 2).”
Und weiter: "Jedenfalls im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht auch das Tatbestandsmerkmal der zumindest überwiegenden räumlichen Trennung zwischen Lehrendem und Lernendem bei der Vermittlung der Kenntnisse und Fähigkeiten bejaht. Ob dieses Tatbestandsmerkmal entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts einschränkend dahingehend auszulegen ist, dass zusätzlich erforderlich ist, dass die Darbietung des Unterrichts und dessen Abruf durch den Lernenden zeitlich versetzt (asynchron) erfolgt, ist allerdings nicht entscheidungserheblich und kann daher offenbleiben. Denn im vorliegenden Fall wäre selbst bei einer solchen einschränkenden Auslegung von einer überwiegenden räumlichen Trennung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 FernUSG auszugehen, da asynchrone Unterrichtsanteile hier jedenfalls überwiegen."
Und weiter: “Dem asynchronen Unterricht sind neben den zur Verfügung gestellten Lehrvideos und den Hausaufgaben auch die zweiwöchig stattfindenden Online-Meetings zuzuordnen.”
2. Konsequenz: Verträge ohne FernUSG-Zulassung sind nichtig Hat der jeweilige Coaching-Vertrag - wie im vorliegenden Fall - keine FernUSG, ist der Vertrag nichtig, d.h. von Beginn an unwirksam. Mit der Konsequenz, dass der Anbieter das erhaltene Geld (hier: knapp 24.000,- EUR) zurückzahlen muss. 3. Kein Wertersatz für Anbieter Der Anbieter konnte auch keinen Wertersatz für bereits erbrachte Leistungen geltend machen, da er nicht konkret darlegen konnte, welchen messbaren Nutzen der Teilnehmer durch das Programm hatte: “Dass der Kläger durch die von ihr erbrachten Dienste entsprechende Aufwendungen erspart hat, hat die Beklagte indes nicht dargetan. Weder aus den Feststellungen des Berufungsgerichts noch aus dem Sitzungsprotokoll der Berufungsverhandlung ergibt sich Vorbringen der Beklagten dazu, ob und in welchem Umfang der Kläger, falls er gewusst hätte, dass der in Rede stehende Fernlehrgang nicht über die gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 FernUSG erforderliche Zulassung verfügt, mit einem anderen Veranstalter einen Vertrag über eine entsprechende Dienstleistung geschlossen hätte.”
4. Das FernUSG gilt auch bei Unternehmern Der BGH hat klargemacht, dass auch Unternehmer in den Schutzbereich des FernUSG fallen: "Auch der Sinn und Zweck der §§ 2 ff FernUSG steht einer Begrenzung des persönlichen Anwendungsbereichs auf Verbraucher im Sinne des § 13 BGB entgegen. Der Gesetzgeber wollte mit dem FernUSG die Fernunterrichtsteilnehmer vor unseriösen Fernunterrichtsangeboten schützen und das Fernunterrichtswesen als Bestandteil eines modernen Weiterbildungssystems fördern. Den §§ 2 ff FernUSG liegt dabei, wie ausgeführt, ein gegenstandsbezogenes Schutzkonzept zugrunde, das den Teilnehmer, der im Vorfeld des Vertragsschlusses und vor Erhalt der Unterrichtsmaterialien nur eingeschränkte Möglichkeiten hat, die Eignung und Qualität eines Fern- lehrgangs zu überprüfen, umfassend vor einer diesbezüglichen Fehleinschätzung bewahren soll, um eine Enttäuschung seiner Bildungswilligkeit zu verhindern (…). Dieses im Verhältnis zum Direktunterricht gesteigerte Schutzbedürfnis besteht unabhängig davon, ob der Teilnehmer den Fernunterrichtsvertrag zu privaten oder zu unternehmerischen Zwecken abschließt (…)."
Anmerkung von RA Dr. Bahr: Die Entscheidung ist erst seit Kurzem bekannt und hat bereits für viel Aufsehen in der Online-Coaching-Branche gesorgt. Da die weit überwiegende Anzahl aller Anbieter in diesem Bereich über keine FernUSG-Zulassung verfügt, sind all diese Verträge nichtig. Es ist davon auszugehen, dass ein nicht unerheblicher Teil der (ehemaligen) Kunden die gezahlten Entgelte zurückfordern wird. Der aktuelle BGH-Fall zeigt zudem, wie schwer es den Anbietern fallen wird, im Gegenzug einen realen Wertersatz zu fordern.
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BGH: PAYBACK-Bonus über 1 EUR bei Hörgeräte-Kauf verboten
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Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Wertgrenze für geringwertige Kleinigkeiten bei der Publikumswerbung mit Werbegaben für Medizinprodukte bei 1 € zu ziehen ist. Sachverhalt: Die Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Die Beklagte vertreibt in ihren Filialen in Deutschland Hörgeräte einer Vielzahl von Herstellern und sonstige Produkte für Hörbeeinträchtigte. Sie warb auf ihrer Internetseite mit der Gutschrift von PAYBACK-Punkten bei jedem Einkauf und der Umwandlung von PAYBACK-Punkten in Sachprämien, Gutscheine, Spenden oder Prämienmeilen. Pro Euro Umsatz wird ein PAYBACK-Punkt im Wert von 1 Cent gutgeschrieben. Die Klägerin ist der Auffassung, die Werbung mit PAYBACK-Punkten für den Kauf von Hörgeräten verstoße gegen das Verbot von Werbegaben gemäß § 7 Abs. 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG). Sie hat die Beklagte auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch genommen. Bisheriger Prozessverlauf: Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte auf den Hilfsantrag der Klägerin zur Unterlassung verurteilt, soweit die Gutschrift von PAYBACK-Punkten mit einem Gesamtwert von mehr als 5 € je Einkauf eines Produkts beworben beziehungsweise veranlasst wird. Hinsichtlich des Hauptantrags, der auf das Verbot einer Gutschrift von PAYBACK-Punkten im Wert von mehr als 1 € zielt, hat es die Berufung zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen. Beide Parteien haben Revision eingelegt, mit der sie jeweils ihre Anträge weiterverfolgen. Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Die Revision der Klägerin hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben, soweit es zum Nachteil der Klägerin ausgefallen war, und die Beklagte nach dem Hauptantrag zur Unterlassung und Erstattung der Abmahnkosten verurteilt. Die Revision der Beklagten blieb ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat mit Recht die Werbung mit der Gutschrift von PAYBACK-Punkten für jeden Einkauf bei der Beklagten als produktbezogen und damit vom Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes erfasst angesehen. Auch eine Werbung für das gesamte Warensortiment kann produktbezogen sein. Es genügt zudem, dass die Werbung auch auf den Absatz von Medizinprodukten gerichtet ist. Bei der Werbung für Heilmittel ist das Anbieten, Ankündigen und Gewähren von Werbegaben nach § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG verboten. Für die beanstandete Werbemaßnahme gilt keine Ausnahme. Bei der Gutschrift von PAYBACK-Punkten handelt es sich nicht um eine Werbegabe, die im Sinn des § 7 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 Nr. 2 Teilsatz 1 Buchst. a HWG in einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag gewährt wird. Dieser Ausnahmetatbestand erfasst allein unmittelbar wirkende Preisnachlässe und Zahlungen, nicht aber Werbegaben, die - wie die mit der angegriffenen Werbung beworbene Gutschrift von PAYPACK-Punkten - erst im Rahmen von Folgetransaktionen realisiert werden können. Derlei Werbegaben begründen im Gegensatz zu zulässigen Barrabatten die Gefahr einer unsachlichen Motivation des Erstkaufs von Heilmitteln, weil nicht mit einer Preisreduktion für das gewünschte Heilmittel, sondern mit einem Vorteil beim Erwerb anderer Waren geworben wird, der in keinerlei Zusammenhang mit dem Erwerb des Heilmittels steht. Solche Werbegaben sind daher nur als geringwertige Kleinigkeiten im Sinn der Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 Nr. 1 Halbsatz 1 Fall 2 HWG zulässig, deren Voraussetzungen hier jedoch nicht vorliegen. Unter den Begriff der geringwertigen Kleinigkeit fallen allein Gegenstände von so geringem Wert, dass eine relevante unsachliche Beeinflussung der Werbeadressaten als ausgeschlossen erscheint. Bei der Beurteilung, ob eine geringwertige Kleinigkeit vorliegt, ist nicht auf den einzelnen PAYBACK-Punkt, sondern auf die Summe der für den Kauf jedes einzelnen Medizinprodukts gewährten PAYBACK-Punkte abzustellen. Unter Berücksichtigung der leichteren Beeinflussbarkeit der Werbeadressaten bei einer Publikumswerbung im Vergleich zur Fachkreiswerbung sowie des Umstands, dass die unterschiedliche Ausgestaltung von Werbegaben den Preisvergleich bei nicht preisgebundenen Arzneimitteln und Medizinprodukten für die Verbraucherinnen und Verbraucher erschwert, ist die insoweit maßgebliche Wertgrenze entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht erst bei 5 €, sondern bereits bei 1 € zu ziehen. Die Werbung für Hörgeräte mit einer Gutschrift von PAYBACK-Punkten im Gesamtwert von mehr als 1 € je Einkauf eines Produkts ist deshalb unzulässig. Vorinstanzen: LG Hamburg - Urteil vom 12. Mai 2021 - 312 O 306/19 OLG Hamburg - Urteil vom 29. Februar 2024 - 3 U 83/21 Urteil vom 17. Juli 2025 - I ZR 43/24 Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 17.07.2025
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BGH: Alte Preisbindung gilt nicht für EU-Versandapotheken
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Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die in § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG aF vorgesehene Arzneimittelpreisbindung gegenüber Versandapotheken, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässig sind, nicht anwendbar ist. Daher kann die seinerzeit erfolgte Gewährung von Bonusprämien bei der Ausgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel durch eine in den Niederlanden ansässige Versandapotheke nicht als unlauter verboten werden. Sachverhalt: Der Kläger ist ein Verband, der die berufsständischen Interessen der in Bayern ansässigen Apotheker vertritt. Die Beklagte ist ein in den Niederlanden ansässiges Pharmaunternehmen. Sie reimportierte in den Jahren 2012 und 2013 verschreibungspflichtige Medikamente, die ihr von deutschen Pharmagroßhändlern geliefert wurden, indem sie diese nach Einreichung einer entsprechenden ärztlichen Verschreibung per Post an in Deutschland ansässige Patienten abgab. Die Beklagte warb zum einen damit, Patienten bei der Einlösung eines Rezepts einen direkt mit dem Rechnungsbetrag verrechneten Bonus in Höhe von 3 € pro Medikament, insgesamt aber höchstens 9 € pro Rezept, zu zahlen. Zum anderen warb sie damit, bei der Einlösung eines Rezepts eine Prämie in einer Höhe von bis zu 9 € zu zahlen, wenn der Patient sich bereit erklärte, durch Ausfüllen eines Formulars oder durch Beantwortung von Fragen im Rahmen eines Telefonats einen Arzneimittel-Check zu absolvieren. Der Kläger ist der Auffassung, die Gewährung von Boni verstoße gegen die Arzneimittelpreisbindung und sei wettbewerbswidrig. Er nimmt die Beklagte auf Unterlassung sowie auf Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch. Bisheriger Prozessverlauf: Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend angenommen, dass die von der Beklagten gewährten Boni als unmittelbarer Preisnachlass auf den eigentlichen Apothekenabgabepreis gegen § 78 Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 Satz 2 Arzneimittelgesetz (AMG) in der bis zum 14. Dezember 2020 geltenden Fassung und § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 3 Abs. 1 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) verstoßen. Das Berufungsgericht hat jedoch zu Unrecht einen hiermit verbundenen Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG aF sowie § 3a UWG angenommen. Denn die genannten früheren Regelungen zur Arzneimittelpreisbindung sind wegen Verstoßes gegen die Warenverkehrsfreiheit (Art. 34, 36 AEUV) unionsrechtswidrig und daher gegenüber der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Beklagten nicht anwendbar. Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Sache "Deutsche Parkinson Vereinigung" (EuGH, Urteil vom 19. Oktober 2016, C-148/15, GRUR 2016, 1312) stellt die in § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG aF vorgesehene Arzneimittelpreisbindung eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne des Art. 34 AEUV dar. Zur Rechtfertigung einer solchen Maßnahme wegen des Schutzes der Gesundheit und des Lebens von Menschen (Art. 36 AEUV) ist mit Hilfe statistischer Daten, auf einzelne Punkte beschränkter Daten oder anderer Mittel objektiv zu prüfen, ob die vorgelegten Beweise bei verständiger Würdigung die Einschätzung erlauben, dass die gewählten Mittel zur Verwirklichung der verfolgten Ziele geeignet sind, und ob es möglich ist, diese Ziele durch Maßnahmen zu erreichen, die den freien Warenverkehr weniger einschränken. Der Kläger hat es nicht vermocht, solche Daten oder andere Mittel zum Beweis seiner Behauptung vorzutragen, dass ohne die Arzneimittelpreisbindung die Aufrechterhaltung einer sicheren und flächendeckenden Arzneimittelversorgung und deshalb die Gesundheit der Bevölkerung gefährdet sei. Empirische Daten zu den Auswirkungen einheitlicher Apothekenabgabepreise auf die flächendeckende, sichere und qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sind nach der durch das Berufungsgericht eingeholten Auskunft der Bundesregierung nicht erhoben worden. Die von den Parteien vorgelegten Gutachten, Studien und Modellierungen beziehen sich sämtlich nicht auf den im Streitfall maßgeblichen Zeitraum der angegriffenen Rabattaktionen aus dem Jahr 2012 und stützen auch für die Folgejahre die Annahmen des Gesetzgebers zur Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit einer Arzneimittelpreisbindung nicht. Diese Annahmen des Gesetzgebers hat schon der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil "Deutsche Parkinson Vereinigung" als nicht hinreichend belegt angesehen. Auf die Frage, ob die von der Beklagten gewährten Boni - wie vom Berufungsgericht angenommen - gegen § 129 Abs. 3 Satz 3 SGB V verstoßen, kommt es danach nicht mehr an, weil es mangels Verstoßes gegen § 4 Nr. 11 UWG aF sowie § 3a UWG in Verbindung mit § 78 Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 Satz 2 AMG aF an der Wiederholungsgefahr fehlt und schon deshalb die Klage abzuweisen ist. Vorinstanzen: LG München I - Urteil vom 13. März 2014 - 11 HK O 12091/13 OLG München - Urteil vom 7. März 2024 - 6 U 1509/14 Urteil vom 17. Juli 2025 - I ZR 74/24 Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 17.07.2025
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BGH: Inkasso-Schreiben von Rechtsanwälten grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig
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Außergerichtliche Inkasso-Schreiben von Rechtsanwälten sind grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig, so der BGH (Urt. v. 18.06.2025 - Az.: I ZR 99/24). Der amtliche Leitsatz des Gerichts lautet: “Angaben eines Rechtsanwalts in einem an eine Privatperson gerichteten Inkassoschreiben zum Namen seines Auftraggebers sowie zum Grund und zur Höhe der geltend gemachten Forderung stellen regelmäßig keine geschäftliche Handlung des Rechtsanwalts dar.”
Ein Verbraucherschutzverband verklagte eine Anwaltskanzlei, die für Unternehmen Inkassodienstleistungen anbot. Die Kanzlei hatte einem Verbraucher ein Inkassoschreiben geschickt. Darin stand, der Verbraucher habe einen Mietvertrag über ein Mobilfunkgerät abgeschlossen, woraus noch ein Betrag offen sei. Das Schreiben bezog sich auf eine angebliche Rechnung und einen Vertragspartner, den es gar nicht gibt. Die Verbraucherschützer warfen der Kanzlei vor, Verbraucher mit irreführenden, wettbewerbswidrigen Angaben zu täuschen. Der BGH folgte dieser Ansicht nicht und lehnte den Anspruch ab. Die Kanzlei habe als Vertreterin ihrer Mandantin gehandelt. Solche Inkassoschreiben seien keine geschäftliche Handlung im Sinne des Wettbewerbsrechts, sondern Teil der anwaltlichen Tätigkeit. Der Anwalt müsse nicht im Voraus prüfen, ob der vom Mandanten behauptete Vertrag wirklich besteht. Solche Prüfpflichten seien unzumutbar und mit der unabhängigen Stellung des Anwalts nicht vereinbar. Irrtümer im Schreiben führten nicht automatisch zu einem Wettbewerbsverstoß, solange der Anwalt nicht wissentlich falsche Angaben mache. "Äußerungen und Maßnahmen eines Rechtsanwalts im Namen eines Mandanten stellen daher regelmäßig keine eigene geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG dar. Sie sind vorrangig darauf gerichtet, in Wahrnehmung der beruflichen anwaltlichen Aufgaben die vom eigenen Mandanten geltend gemachten Ansprüche durchzusetzen oder die gegen diesen gerichteten Ansprüche abzuwehren. Bei der gleichzeitigen Förderung der wettbewerblichen Interessen des Mandanten handelt es sich regelmäßig lediglich um eine Reflexwirkung (…) ."
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BPatG: Satz "Cooking is like Punkrock” nicht als Wortmarke für Gastronomie eintragbar
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Der Satz "Cooking is like Punkrock” ist nicht nicht als Wortmarke eintragbar, da ihm der betriebliche Herkunftsbedeutung fehlt. Er wird vielmehr als allgemeine Werbeaussage verstanden (BPatG, Urt. v. 18.06.2025 - Az.: 29 W (pat) 501/24). Ein bekannter Fernsehkoch wollte den englischen Slogan “Cooking is like Punkrock” als Wortmarke schützen lassen. Die Anmeldung bezog sich auf Bekleidung, Unternehmensberatung und Ausbildungsdienstleistungen im Gastronomiebereich. Das Deutsche Patent- und Markenamt lehnte die Eintragung jedoch wegen fehlender Unterscheidungskraft ab. Dagegen klagte der Koch vor dem BPatG und verlor. Das Gericht bestätigte die Entscheidung des Markenamtes und lehnte die Eintragung ab. Der Spruch “Cooking is like Punkrock” sei kein Hinweis auf einen bestimmten Anbieter. Vielmehr sei der Slogan eine gängige Werbeaussage, die lediglich Aufmerksamkeit erzeugen solle. Das Publikum verstehe die Formulierung als Statement, also ls Ausdruck einer Einstellung zum Kochen, nicht als Markenkennzeichen. Die Aussage erinnere an typische Fun-Sprüche auf Kochschürzen oder T-Shirts. Auch für Dienstleistungen wie Kochseminare oder Unternehmensberatung eigne sich der Ausdruck lediglich als werbliche Beschreibung oder thematischen Hinweis. Zudem gebe es viele ähnliche Sprüche wie “Kochen ist wie Musik” oder “Kochen ist wie Kunst”, die bereits weit verbreitet seien. Solche Vergleiche mit Musikrichtungen oder künstlerischen Tätigkeiten seien dem Publikum gut bekannt. Auch der Hinweis des Anmelders auf seine langjährige Nutzung des Slogans als Fernsehkoch ändere daran nichts. Es fehle an konkreten Nachweisen, dass das Publikum den Spruch mit ihm verbinde. “Der werblich-beschreibende Aussagegehalt der beanspruchten Wortfolge steht für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen so deutlich im Vordergrund, dass sie von den hier maßgeblichen Verkehrskreisen nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden wird. Dem Anmeldezeichen ist daher die erforderliche Unterscheidungskraft abzusprechen.”
Und weiter: "Der pauschale Vortrag des Anmelders im Amtsverfahren, er sei seit vielen Jahren als Sterne- und Fernsehkoch bekannt und aktiv, verwende seit geraumer Zeit die hier in Rede stehende Kennzeichnung und werde mit ihr auch entsprechend identifiziert, führt zu keinem anderen Ergebnis. Selbst wenn man hierin die Geltendmachung einer Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG sehen wollte, fehlt es diesbezüglich schon an der erforderlichen Anfangsglaubhaftmachung. Insbesondere wurden keinerlei nähere Angaben zu Art und Weise sowie Umfang der Verwendung des Slogans für die hier in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen gemacht oder Benutzungsunterlagen eingereicht."
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OLG Frankfurt a.M.: 3.000,- EUR Geldentschädigung für Modell wegen Foto unfreiwillig entblößter Brust bei Catwalk
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Wird ein Model mit einer erkennbar ungewollt aufgrund eines abrutschenden Oberteils entblößten Brust fotografiert, liegt in der Veröffentlichung des Fotos eine Persönlichkeitsrechtsverletzung. Unter Abwägung der Umstände des Einzelfalls hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit heute verkündeter Entscheidung dafür eine Entschädigung in Höhe von 3.000,00 € für angemessen gehalten. Die Klägerin arbeitete als Model auf einer Modewoche in Frankfurt am Main. Am Laufsteg waren an drei Stationen Fotografen positioniert. An der letzten der Stationen sollten die Models vor dem Verlassen des Laufstegs vor einem Sponsorenaufsteller eine einstudierte Pose zeigen. Nachdem die Klägerin bereits an den ersten beiden Stationen vorbeigelaufen war, bemerkte sie, dass ihr Oberteil begonnen hatte abzurutschen. Bei der letzten Station vor dem Sponsorenaufsteller, als die Klägerin die einstudierte Pose zeigte, nahm ein Fotograf das streitgegenständliche Foto auf. Auf ihm sieht man aufgrund des heruntergerutschten Oberteils die linke Brust der Klägerin bis unterhalb der Brustwarze. Das Foto wurde online und Print von der Beklagten, die eine bundesdeutsche Boulevard-Zeitung herausgibt, veröffentlicht, obwohl die Klägerin sich vorher gegen eine Veröffentlichung ausgesprochen hatte. Nachdem sich die Beklagte verpflichtet hatte, die Veröffentlichung des Fotos zu unterlassen, hat die Klägerin eine Geldentschädigung von mindestens 10.000,00 € begehrt. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 5.000,00 € stattgegeben. Auf die hiergegen von beiden Seiten eingelegte Berufung hat der für Presserecht zuständige 16. Zivilsenat des OLG das Urteil abgeändert und die Beklagte unter Zurückweisung der weitergehenden Begehren zur Zahlung von 3.000,00 € verurteilt. Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Geldentschädigung zu, bestätigte der Senat die angefochtene Entscheidung. Die Veröffentlichung des Fotos verletze ihr Persönlichkeitsrecht. Die Klägerin habe in die Veröffentlichung dieses Fotos nicht eingewilligt. Ihre Einwilligung habe sich auf die regulären Posen für die Fotografen beschränkt. Die Klägerin habe mit bedeckter Brust ihren „Walk“ begonnen und so überwiegend absolviert. Auch für die Beklagte, die im Textbeitrag die Formulierung „Busen-Blitzer“ verwendete, sei erkennbar gewesen, dass der nackte Busen und die Brustwarze „ungewollt zum Vorschein gekommen“ seien. Sie habe selbst dem Verhalten der Klägerin den Erklärungswert beigemessen, „dass die Entblößung ihrer Brust möglicherweise unbemerkt, jedenfalls aber unfreiwillig erfolgte“. Die Klägerin habe „erkennbar eine unzutreffende Vorstellung von ihrem äußeren Erscheinungsbild“ gehabt, als sie an der dritten Station für die Fotografen posierte. Gewicht und Tragweite der Verletzung und das Verschulden auf Seiten der Beklagten rechtfertigten hier eine Geldentschädigung. Es liege eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts vor. Auch wenn das Zeigen der (sekundären) Geschlechtsmerkmale nicht in jedem Fall als anstößig empfunden werde, obliege es allein der Klägerin, darüber zu entscheiden, ob sie sich mit unbekleideter Brust öffentlich zur Schau stellen möchte. Bedeutung erlange zudem, dass es sich um den ersten „Walk“ der damals 22-jährigen, unerfahrenen Klägerin gehandelt habe. Die Klägerin sei durch die Veröffentlichung „nicht nur in ihrem moralisch-sittlichen Gefühl gedemütigt worden, sondern auch dadurch, dass die Beklagte sich über ihren explizit erklärten Willen hinwegsetzte“. Abwägungsrelevant sei auch die Auflagenstärke des von der Beklagten verlegten Printmediums mit 1,1 Mio. verkauften Exemplaren und des bundesweit abrufbaren Onlineartikels. Die Beklagte treffe zudem ein grobes Verschulden gegen journalistische Sorgfaltspflichten. Angemessen sei hier eine Entschädigung von 3.000,00 €. Dabei erlange u.a. Bedeutung, dass die Klägerin sich sowohl unmittelbar vor als auch nach dem Vorfall auf von ihr veröffentlichten Fotos zum Teil „recht freizügig“ gezeigt habe. Auf ihrem eigenen Instagram-Account sei ein Foto zu sehen, auf dem das präsentierte Oberteil „erst unmittelbar über den Brustwarzen an(setze) und den gesamten darüber liegenden Bereich der Brüste unbedeckt (lasse)“, führte der Senat weiter an. Damit führe die Klägerin dem Betrachter sofort auch wieder das streitgegenständliche Foto vor Augen. Nachhaltige und fortwirkende Beeinträchtigungen durch die Veröffentlichung seien im Rahmen der persönlichen Anhörung der Klägerin nicht zu erkennen gewesen. Substanziierter Vortrag zu der behaupteten Ausgrenzung, Diskriminierung und Benachteiligung fehle. Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 17.7.2025, Az. 16 U 7/24 (vorausgehend Landgericht Frankfurt, Urteil vom 4.1.2024, Az. 2-03 O 588/23) Die Entscheidung ist nicht anfechtbar. Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt a.M. v. 17.07.2025
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LG Darmstadt: Irreführende Werbung mit emotionaler Kundenansprache
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Es ist irreführend, den Eindruck zu erwecken, dass Produktpreise aller Voraussicht nach steigen würden, wenn es für eine solche Annahme keine ausreichenden Hinweise gibt (LG Darmstadt, Urt. v. 30.06.2025 - Az.: 18 O 20/25). Ein Flüssiggas-Anbieter warb in seinen Werbeflyern mit folgender Aussage: “Perfekt zum Frühlingsanfang unser günstiges und faires Pfingstangebot…… Jetzt bevorraten, bevor zum Sommer die Ölförderung durch die OPEC wieder reduziert wird und geopolitische Spannungen zu Preisanstiegen führen!”
Die Klägerin, ein Mitbewerber, sah darin eine unzulässige emotionale Kundenansprache. Es gebe keine sachlichen Hinweise auf die von der Beklagten behaupteten Ereignisse, sodass es keinen Anhaltspunkt dafür gebe, dass die Preis zukünftig teurer seien. Dieser Meinung schloss sich das LG Darmstadt an. Es habe keine sicheren Anzeichen dafür gegeben, dass die OPEC tatsächlich im Sommer die Ölförderung tatsächlich reduzieren werde oder dass geopolitische Spannungen unmittelbar zu steigenden Flüssiggaspreisen führen würden. Die Werbeaussage der Beklagten suggeriere jedoch eine solche Sicherheit. Dadurch sei beim Verbraucher ein falscher Eindruck über die Notwendigkeit einer Bevorratung entstanden. Die Aussage habe keinen sachlich zutreffenden Kern und sei damit unlauter. Solche Emotionsansprachen seien nur dann zulässig, wenn sie auf objektiv zutreffenden Grundlagen beruhten: "Grundsätzlich gilt, dass es nicht wettbewerbsfremd ist, auf eine künftige Preiserhöhung bzw. die Tatsache, dass ein besonders günstiges Angebot bei zu langem Zögern nicht wahrgenommen werden kann, hinzuweisen (…). Die Werbung der Beklagten suggeriert dem Verbraucher, dass zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Werbung objektiv sicher feststand, dass zum Sommer eine Reduzierung der Ölfördermenge durch die OPEC und geopolitische Spannungen unweigerlich zu einem Preisanstieg bei Flüssiggas führen wird, und deswegen „jetzt“ (…) ein perfekter Zeitpunkt sei, um Flüssiggas bei der Beklagten einzukaufen und zu bevorraten. Der in dieser Aussage enthaltene sachliche Kern (…) ist unzutreffend und hatte keinen realen Hintergrund (…). Tatsächlich stand am 30.4.2025 überhaupt nicht fest, ob und gegebenenfalls in welchem Ausmaß es zu einer Reduzierung der Ölfördermenge durch die OPEC kommen würde, was selbst die Beklagte einräumt, wenn sie vorträgt, keine Aussagen mit Gewissheit über das zukünftige Verhalten der OPEC treffen zu könne."
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LG Frankfurt a.M.: Umweltbezogene Werbung nur dann erlaubt, wenn Verbraucher konkrete Informationen erhält
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Eine umweltbezogene Werbung für ein Produkt ist nur dann erlaubt, wenn der Verbraucher konkrete Informationen über die vorgenommenen Maßnahmen erhält. Allgemeine Aussagen oder die bloße Darstellung einer allgemeinen Strategie ist unzureichend (LG Frankfurt a.M., Urt. v. 18.06.2025 – 2-06 O 185/23). Das verklagte Unternehmen bewarb seine mit dem grünen Logo "X Protects" und mit Aussagen: "Mit unserem X Protects Programm reduzieren wir bis 2030 Schritt für Schritt unseren CO2-Ausstoß in Europa um 50% - für einen besseren ökologischen Fußabdruck. Weitere Informationen auf X(…). de"
und “Mit unserem X Protects Programm reduzieren wir bis 2030 Schritt für Schritt unseren CO2-Ausstoß in Europa um 50% - für einen besseren ökologischen Fußabdruck. X hat sich stets dafür eingesetzt, Menschen zu schützen. Es ist unsere Verantwortung, auch den Planeten zu schützen. Weitere Informationen auf X(…).de.”
Diese Aussagen fanden sich auf der Oberseite der Verpackung oder auf der Website. Auf der Vorderseite war nur das Logo zu sehen. Genaue Angaben zum aktuellen Stand, zu konkreten Maßnahmen oder zur Berechnungsweise der CO₂-Reduktion fehlten. Auch auf der Webseite fanden sich keine konkreten produktbezogenen Angaben. Das Gericht stufte die Werbung der Beklagten als Wettbewerbsverstoß ein. Der Verbraucher verstehe das grüne “X Protects”-Logo mit Weltkugel und Hand als Hinweis auf einen Umweltvorteil des konkreten Produkts. Die Werbeaussage suggeriere, das Produkt schütze die Umwelt. Da es sich um eine umweltbezogene Werbung handle, seien besonders klare und überprüfbare Informationen nötig. Die allgemeinen Hinweise wie “Schritt für Schritt CO₂-Ausstoß senken” oder “für einen besseren ökologischen Fußabdruck” seien zu vage. Es bleibe unklar, wie hoch der CO₂-Ausstoß derzeit sei, auf welches Produkt oder welchen Teil der Produktion sich die Aussagen beziehen, ob Zertifikate gekauft wurden oder echte Einsparungen vorlägen: "Aus diesen Erläuterungen wird lediglich eine grobe Stoßrichtung deutlich und sie beziehen sich lediglich unspezifisch auf ein Programm, nicht aber konkret auf das angebotene Produkt. Es wird weder erläutert, von welchem CO2-Ausstoß (Umfang, Zeitpunkt des Bezugspunkts) die Beklagte ausgeht, noch welche konkreten Schritte bzw. Maßnahmen sie bisher ergriffen hat und welche sie noch ergreifen wird, um das ausgelobte Ziel zu erreichen. Für den Verbraucher ist es insoweit darüber hinaus wichtig, nicht nur das angepeilte Ziel, sondern auch den aktuellen Stand zu erfahren, weil es um die konkrete Kaufentscheidung für das betroffene Produkt zum Kaufzeitpunkt geht. Die Hinweise der Beklagten auf der Verpackung lassen insoweit offen, ob die Beklagte bisher überhaupt Schritte (und welche) ergriffen hat oder ob diese lediglich für die Zukunft geplant sind."
Auch der Verweis auf eine Webseite genüge nicht, wenn dort nur allgemeine Informationen stünden und kein direkter Bezug zum gekauften Produkt hergestellt werde: "Hieraus wird jedoch für den Verbraucher nicht hinreichend deutlich, welche Maßnahmen die Beklagte ergriffen hat. Im Hinblick auf die CO2-Reduktion bleibt zudem offen, ob diese tatsächlich durch eine Reduktion bei der Produktion oder dem Vertrieb o.ä. erreicht wurde oder ob die Beklagte einen CO2-Ausgleich durch Erwerb von Zertifikaten vorgenommen hat. Der Begriff „Senkung unseres CO2-Abdrucks“ ist insoweit unklar und die Beklagte muss die mehrdeutige Äußerung gegen sich gelten lassen."
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LG München I: Irreführende Preisrabatte von Amazon im Rahmen der "Prime Deal Days"
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Wenn Amazon im Rahmen der “Prime Deals Days” mit Rabatten wirbt und dabei sogenannte Streichpreise angibt, müssen diese Preise maximal in den letzten 30 Tagen verlangt worden sein. Wird hingegen auf den allgemeinen UVP-Preis des Herstellers abgestellt, liegt darin ein Verstoß gegen die PAngVO (LG München I, Urt. v. 14.07.2025 - Az.: 4 HK O 13950/24). Amazon warb während der “Prime Deals Days” für Elektronikprodukte wie folgt: a) mit durchgestrichenen Preisen, Prozentangaben und Rabatten. Die dabei genannten Vergleichspreise bezogen sich auf Herstellerpreise ("UVP") b) mit durchgestrichenen Preisen, Prozentangaben und Rabatten. Die dabei genannten Vergleichspreise bezogen sich auf einen sogenannten "mittleren Verkaufspreis". Bei dem “mittleren Verkaufspreis” handelte es sich um den von Amazon errechneten Durchschnittswert aller Verkäufe dieses Produkts und c) mit der Aussage “19 % Rabatt”, wobei sich der Wert auf den UVP-Preis bezog und nicht auf den vorherigen, eigenen Amazon-Preis. Das LG München I sah dies als klaren Verstoß gegen § 11 Abs.1 PAngVO an, wonach immer nur mit dem niedrigsten Preis der letzten 30 Tage verglichen werden darf. Bei den Streichpreisen - also den Fällen a) und b) - liege ein direkter Verstoß gegen die Norm vor, da mit falschen Referenzpreisen geworben werde. Es müsse stets der niedrigste Preis der letzten 30 Tage zum Vergleich herangezogen werden. Dies sei hier nicht geschehen. Im Fall c) liege eine ebenfalls eine Verletzung der Preistransparenz vor, da der Kunde aufgrund der Werbung ("19% Rabatt") nicht davon ausgehe, dass hier mit dem UVP-Preis verglichen werde: "In der mit Klageantrag III. angegriffenen Werbung gemäß Screenshot in der Anlage K4 wird zunächst, wiederum unter dem Reiter Prime Deal Days, auf Seite 2 angegeben, dass das Prime-Angebot einen 19 %-igen Rabatt gewährt. Bereits hier wird der Verbraucher davon ausgehen, dass es sich um eine Eigen-Preissenkungswerbung darstellt und dass ihm hier von der Beklagten Preise angeboten werden, die um 19 % rabattiert im Verhältnis zu den zuvor verlangten Preisen sind. Dies ist jedoch nicht der Fall. Der sodann auf Seite 5 angegebene Vergleichspreis wird zwar als UVP genannt, gleichzeitig wird jedoch durch Hinzufügung der Überschrift „Prime-Angebot“ und die rot hervorgehobene Reduzierung um 19 % der Eindruck erweckt, es handele sich um ein besonders rabattiertes Angebot der Beklagten. Auch hier liegt deshalb keine reine Fremd-Preisvergleichswerbug vor, sondern allenfalls eine Kombination von Fremd-Preisvergleichs- und Eigenpreissenkungswerbung vor."
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
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