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Newsletter vom 23.11.2011 |
Betreff: Rechts-Newsletter 47. KW / 2011: Kanzlei Dr. Bahr |
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____________________________________________________________ 1. BGH: Merchant haftet für Wettbewerbsverletzungen seines Affiliates _____________________________________________________________ Der BGH hat in einer aktuellen Entscheidung (Urt. v. 17.08.2011 - Az.: I ZR 134/10) seine bisherige Rechtsprechung bestätigt und bejaht auch im vorliegenden Fall die Mithaftung des Merchants für die von seinem Affiliate begangenen Wettbewerbsverletzungen. Bereits Ende 2009 hatte die Karlsruher Richter eine Grundlagen-Entscheidung zur Mitstörerhaftung des Merchant für seinen Affiliate getroffen (BGH, Urt. v. 07.10.2010 - Az.: I ZR 109/06). Das damalige Verfahren wurde an das OLG Köln zurückverwiesen, wo es mit einer Klageabweisung endete (OLG Köln, Urt. v. 28.01.2011 - Az.: 6 U 200/05). Im nun zu beurteilenden Fall nahm die Verbraucherzentrale Hamburg den Beklagten in Anspruch. Diese hatte - unaufgefordert - "Auftragsbestätigungen" für Zeitschriften-Abonnements an Verbraucher geschickt. Das verklagte Unternehmen verteidigte sich u.a. damit, dass die von ihr eingesetzten Affiliates Anmeldungen von Verbrauchern vorgetäuscht hätten. Dies ließen die BGH-Richter nicht gelten. Die die Beklagte könne sich nicht damit herausreden, dass keine Kenntnis von den wettbewerbswidrigen Handlungen gehabt habe, weil sie selbst Opfer eines Betrugs geworden sei. Denn ein derartiger Irrtum sei nur dann zu entschuldigen, wenn er seine Ursache nicht im Verantwortungsbereich des Unternehmens habe. Vorliegend habe sich die Beklagte jedoch Dritter für den Vertrieb der Abonnements bedient. Sie habe daher in ihrem Unternehmen dafür Sorge zu tragen, dass die von ihr eingesetzten Affiliates und Vertriebspartner sich rechtmäßig verhalten. Deren Verhalten habe sich die Beklagte auch bei fehlender Kenntnis über die Täuschungshandlungen zurechnen zu lassen. Insofern sei das wettbewerbswidrige Zusenden der Auftragsbestätigungen der Beklagten zuzurechnen. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 2. BGH: Bloßes Indiz für tatsächlichen Zugang von Fax bei „OK-Vermerk“ _____________________________________________________________ Der "OK-Vermerk" auf einem Fax-Sendebericht bestätigt nicht den tatsächlichen Zugang beim Adressaten. Der Vermerk hat insoweit nur bloße Indizwirkung (BGH, Beschl. v. 21.07.2011 - Az.: IX ZR 148/10). Die Karlsruher Richter erklärten, dass der bloße "OK-Vermerk" auf einem Fax-Sendebericht nicht als Beweis für den tatsächlichen Zugang des Faxes ausreiche. Der Vermerk habe insoweit lediglich Indizwirkung, denn es werde nur das Zustandekommen der Verbindung belegt, nicht die erfolgreiche Übermittlung. Darüber hinaus könne der Kläger auch nicht erfolgreich geltend machen, dass erhebliche Beweisanträge nicht berücksichtigt worden seien. Denn der Zeuge, den der Kläger benannt habe, könne lediglich bestätigen, dass das Schreiben abgesendet worden sei. Er könne aber nicht bekunden, dass das Fax aber auch tatsächlich beim Adressaten angekommen sei. zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 3. KG Berlin: Bei massiven Verletzungen hat Behörde Anspruch auf presserechtliche Gegendarstellung _____________________________________________________________ Behörden haben nur dann einen Anspruch auf eine presserechtliche Gegendarstellung, wenn die Berichterstattung unabhängig von dem Wahrheitsgehalt in massiver und gravierender Weise in die Rechte eingreift und dadurch die Gefahr besteht, dass die Integrität staatlicher Stellen gefährdet wird (KG Berlin, Beschl. v. 21.10.2011 - Az.: 10 W 138/11). Bei dem Kläger handelte es sich um das Berliner Bezirksamt Neukölln. Dieses ging gegen den Beklagten, einen Verlag vor, der in der Print- und Online-Ausgabe seiner Zeitung über das Bezirksamt berichtete. Dem Amt wurde u.a. vorgeworfen, dass es sich in einem Gerichtsverfahren nicht ausreichend bemüht habe, den Sachverhalt und das Geschehen aufzuklären. Die Behörde begehrte nun einen Gegendarstellungsanspruch. Dies lehnte das Gerichte ab. Die Berichterstattung müsse - unabhängig von dem Wahrheitsgehalt - in massiver und gravierender Weise in die Rechte der Behörde eingreife und dadurch die Gefahr bestehe, dass die Integrität staatlicher Stellen gefährdet werde. Davon sei im vorliegenden Fall jedoch nicht auszugehen. Der Artikel beschäftige sich mit dem Gerichtsverfahren, an dem das Bezirksamt beteiligt gewesen sei. Der Bericht enthalte wahre Behauptungen, die in neutraler Weise beschrieben seien. An keiner Stelle werde der Eindruck erweckt, dass die Behörde in ihrer Integrität oder Funktionsfähigkeit gefährdet sei. zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 4. KG Berlin: Keine Eintragung eines Vereins zur Aufklärung über "Zoophilie" ins Vereinsregister _____________________________________________________________ Ein neu gegründeter Verein, dessen satzungsmäßiger Zweck die Aufklärung der Gesellschaft über „Zoophilie“ sein sollte, ist in zweiter Instanz vor dem Kammergericht mit dem Versuch gescheitert, ins Vereinsregister eingetragen zu werden. In der Vereinssatzung wird „Zoophilie“ beschrieben als „die partnerschaftliche Liebe zum Tier, die die nach geltendem deutschen Recht erlaubten sexuellen Kontakte einschließen kann, jedoch nicht muss“. Das Registergericht hatte die Eintragung wegen Verstößen der Satzung gegen § 17 des Tierschutzgesetzes und gegen § 184a Strafgesetzbuch abgelehnt. Das hat der 25. Zivilsenat des Kammergerichts nun im Beschwerdeverfahren bestätigt. Die beabsichtigte Vereinstätigkeit sei nicht auf neutrale Informationsvermittlung gerichtet, sondern als Lobbyarbeit zugunsten zoophiler Personen durch Sammeln und Zugänglich-Machen entsprechender Informationen vorgesehen. Beschluss vom 19.10.2011. Az.: 25 W 73/11 Vorinstanz: AG Charlottenburg, Beschluss vom 10.08.2011, Az.: 95 AR 498/11 B Quelle: Pressemitteilung des KG Berlin v. 11.11.2011 zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 5. OLG Frankfurt a.M: "Nutella"-Nähwerttabelle irreführend und rechtswidrig _____________________________________________________________ Die Gestaltung der Nährwerttabelle der Nuss-Nougat-Creme "Nutella" ist irreführend und damit wettbewerbswidrig, wenn bei einem durchschnittlichen Kunden der Eindruck erweckt wird, dass die Creme kaum Zucker und Fett, dafür aber viele Vitamine und Mineralstoffe enthält. Eine Irreführung ist auch dann anzunehmen, wenn die Nährwerttabelle den Vorschriften der Nähwertkennzeichnungsverordnung entspricht (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 20.10.2011 - Az.: 6 U 40/11). Die Beklagte bot die bekannte Nuss-Nougat-Creme "Nutella" an. Auf dem Produkt war auch eine Nährwerttabelle abgedruckt. Der Kläger war der Meinung, dass diese Gestaltung der Tabelle irreführend sei, weil der Eindruck erweckt werde, dass der Fett- und Zuckergehalt relativ niedrig sei. Durch die Herausstellung der Vitamine und Mineralstoffe werde dem Kunden suggeriert, dass diese Werte sehr hoch seien. Dies stelle eine Irreführung und damit einen Wettbewerbsverstoß dar. Die Frankfurter Richter folgten dieser Ansicht. Zwar seien die Angaben in der Nährwerttabelle objektiv richtig und entsprächen den Vorgaben der Nähwertkennzeichnungsverordnung. Gleichwohl sei eine Wettbewerbsverletzung zu bejahen. Die Besonderheit liege hier darin, dass die Beklagte neben den ausdrücklich zugelassenen Angaben auch freiwillige Kennzeichnungen, wie die Nährstoffangabe pro Portion, auf der Tabelle abbilde. Dies stelle naturgemäß einen geringeren Wert dar. Wenn dieser neben dem Vitamin- und Mineralstoffwert pro 100g stehe, werde der durchschnittliche Käufer, der nur einen kurzen Blick auf die Tabelle werfe, annehmen, dass die Zucker- und Fettwerte relativ niedrig seien. Der Vitamingehalt hingegen erscheine durch den Vergleichswert recht hoch. Dadurch werde der unzutreffende Eindruck erweckt, das Produkt enthalte besonders viele Vitamine und Mineralstoffe. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 6. OLG Hamm: Werbung mit "Festpreis" irreführend bei variablen Preisbestandteilen _____________________________________________________________ Die Werbung für einen Stromtarif mit dem Begriff „Festpreis“ kann irreführend sein, wenn der Verbraucher nicht ausreichend über den erheblichen Anteil der variablen Preisbestandteile (hier mehr als 40%) aufgeklärt wird. Dies hat der Wettbewerbssenat des Oberlandesgerichts Hamm am 08.11.2011 entschieden und damit die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Dortmund vom 16.03.2011 (20 O 101/10) im Ergebnis bestätigt. Die Klägerin, ein Energieversorgungsunternehmen aus Norddeutschland, verlangte von ihrer Konkurrenz aus dem Ruhrgebiet Unterlassung der Internetwerbung mit dem Begriff „Festpreis“ für einen bestimmten Stromtarif. Am Ende dieser Werbung war als „Sternchenhinweis“ ausgeführt, dass Änderungen durch Umsatz- und/oder Stromsteuer und eventuelle neue Steuern sowie durch Änderungen der Erneuerbare-Energie-Gesetz-Umlage ausgenommen seien. Dem mit dem Begriff „Festpreis“ werbenden Stromerzeuger bliebe es grundsätzlich unbenommen, bestimmte Ausnahmen von dieser Preisgarantie durch einen Sternchenhinweis zu kennzeichnen, führte der Senat aus. Dann müsse diese Aufklärung aber geeignet sein, eine Fehlvorstellung des Verbrauchers über den erläuterungsbedürftigen Begriff „Festpreis“ zu vermeiden. Der Verbraucher gehe nicht davon aus, dass weniger als 60% des Stromtarifs fest, der übrige Teil variabel sei. Der Stromerzeuger habe nur auf Steuern, Stromsteuer, neue Steuern und die EEG-Abgabe verwiesen, ohne deutlich zu machen, wie hoch der Anteil dieser Bestandteile in Bezug auf den Gesamtpreis sei. Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 08.11.2011 (I-4 U 58/11) Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm v. 18.11.2011 zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 7. OLG Nürnberg: Bezeichnung "Bio-Mineralwasser" für natürliches Mineralwasser zulässig _____________________________________________________________ Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat der Senat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Die Frage, welche Auswirkungen werbende Maßnahmen des Diensteanbieters zu rechtsverletzenden Angeboten seiner Nutzer im Rahmen der hier einschlägigen sog. Störerhaftung haben, sei bislang höchstrichterlich nicht geklärt worden. Urteil vom 04.11.2011, Az.: 5 U 45/07 Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamburg v. 08.11.2011 zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 8. LG Berlin: Loriot-Erbin erwirkt gegen Wikipedia wg. Urheberrechtsverletzung einstweilige Verfügung _____________________________________________________________ Das LG Berlin (Beschl. v. 06.10.2011 - Az.: 15 O 377/11) hat der Wikimedia Foundation, der Betreiberin von Wikipedia, verboten, weiterhin urheberrechtlich geschützte Bilder des bekannten Künstlers Loriot auf ihren Webseiten zum Abruf bereit zu halten. Die Antragstellerin war die Loriot-Erbin. Sie hatte beanstandet, dass Briefmarken-Motive von Loriot in der Online-Enzyklopädie einsehbar waren. Zudem war auch ein Schriftzug der Unterschrift von Loriot vorhanden. Sie wandte sich an Wikipedia und verlangte die Löschung. Diese Aufforderung verhallte jedoch reaktionslos. Daraufhin erwirkte sie beim LG Berlin die vorliegende einstweilige Verfügung. Die Berliner Richter bejahten eine Urheberrechtsverletzung, da es sich bei den Briefmarken-Motiven um urheberrechtlich geschützte Werke handle. Die Wiedergabe der Unterschrift sei eine Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Auch wenn es sich um fremde Inhalte handle, sei im vorliegenden Wikipedia verantwortlich. Denn durch die Abmahnung habe das Portal Kenntnis erlangt und mehr als zwei Wochen Zeit gehabt, die beanstandeten Inhalte zu löschen. Dies sei jedoch nicht geschehen. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 9. LG Düsseldorf: Webseite muss Pressemitteilung bereits im Teaser als Werbung kennzeichnen _____________________________________________________________ Ein werbefinanziertes Online-Portal, welches auch werbende Pressemitteilungen veröffentlicht, muss bei der Veröffentlichung bereits im Teaser ("Anleser") deutlich machen, dass es sich um eine "Anzeige" bzw. "Werbung" handelt. Derartige Veröffentlichungen müssen den werbenden Charakter aufgrund des Grundsatzes der strikten Trennung zwischen Werbung und redaktionellem Text klarstellen (LG Düsseldorf, Urt. v. 24.08.2011 - Az.: 12 O 329/11). Bei der Beklagten handelte es sich um die Betreiberin eines werbefinanzierten Internet-Portals, auf dem Kosmetik- und Wellnessprodukte vorgestellt werden. Die Webseite war so gestaltet, dass dort Anleser platziert wurden und der User beim Anklicken der angegebenen Links auf den vollständigen Presse-Artikel gelangte. Die Düsseldorfer Richter stuften dies als unzulässige Schleichwerbung ein. Veröffentlichungen müssten den werbenden Charakter immer zweifelsfrei erkennen lassen. Andernfalls liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der strikten Trennung zwischen Werbung und redaktionellem Textinhalt vor. Vorliegend seien Artikel und Pressemitteilungen auf der Webseite als Anleser eingebunden worden. Diese warben für ein bestimmtes Produkt. Da der werbende Charakter aber nicht verdeutlicht werde, liege ein Wettbewerbsverstoß vor. Die Beklagte sei verpflichtet, derartige Inhalte eindeutig mit den Worten "Anzeige" oder "Werbung" zu kennzeichnen. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 10. LG Hamburg: Erneut: Amazon-Händler haftet für Vertrieb nicht lizenzierter Konzertaufnahme auf DVD _____________________________________________________________ Ein Amazon-Händler, dem es ohne weiteres möglich ist zu erkennen, dass die von ihm verkaufte Musik-DVD offensichtlich nicht lizenzierte Konzertaufnahmen enthält, haftet für den Rechtsverstoß (LG Hamburg, Urt. v. 13.10.2011 - Az.: 310 O 142/11). Das Gericht bestätigt damit seine Ansicht, die es im bereits zuvor im Beschlussverfahren geäußert hatte (LG Hamburg, Beschl. v. 23.05.2011 - Az.: 310 O 142/11). Die Klägerin war ausschließliche Rechteinhabern an den Musikstücken eines Künstlers. Die Beklagte war Amazon-Händlerin und bot unerlaubt eine DVD mit eben diesen Werken online an. Die Beklagte berief sich auf die "Buchhändler-Entscheidung" des LG Hamburg (Urt. v. 11.03.2011 - Az.: 308 O 16/11), wonach ein Online-Buchhändler grundsätzlich nicht für die fremden Urheberrechtsverletzungen, die in dem Werk durch den Autoren geschehen, mit haftet. Die Hamburger Robenträger ließen diese Ansicht jedoch nicht gelten, sondern bejahten den klägerischen Anspruch auf Unterlassung. Die "Buchhändler-Entscheidung" sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar, denn der Rechtsverstoß sei hier offensichtlich. In dem damaligen Verfahren ging es um ein grundsätzlich rechtmäßiges Produkt, von dem letztlich nur 4 Fotos problematisch waren. Hier sei die DVD jedoch nie rechtmäßig gewesen. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 11. LG München: Verschütteter Kaffeebecher löst keine Schmerzensgeldansprüche aus _____________________________________________________________ Die 30. Zivilkammer des Landgerichts München I hat heute entschieden, dass der Kundin eines Schnellrestaurants keine Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche zustehen. Die Klägerin hatte im April 2009 morgens vor der Schule gemeinsam mit ihrem Freund per Auto ein Schnellrestaurant der Beklagten aufgesucht. Beide kauften sich im Drive In unter anderem je einen Becher Kaffee. Der Fahrer nahm den ersten Kaffeebecher entgegen und gab ihn an die Klägerin weiter, die Beifahrerin war. Diese stellte den Becher zwischen ihren Oberschenkeln ab, um dem Fahrer auch den zweiten Kaffeebecher abnehmen zu können. Dies hatte für die Klägerin unangenehme Folgen, denn der zwischen den Oberschenkeln abgestellte Kaffeebecher ergoss sich nun über einen Oberschenkel der Klägerin, wodurch diese Verbrennungen zweiten Grades erlitt. Das Amtsgericht München hat im Urteil vom 21.01.2011 die Klage auf Schadenersatz und Schmerzensgeld gegen das Schnellrestaurant von rund € 1500 abgewiesen, da das Verschulden der Klägerin die weitaus überwiegende Schadensursache darstelle. Denn die Klägerin hat den heißen Kaffeebecher auf dem Beifahrersitz zwischen ihren Oberschenkeln abgestellt, obwohl ihr bewusst war, dass sich im Becher eine heiße Flüssigkeit befindet und ohne zu prüfen, ob der Deckel tatsächlich fest auf dem Becher sitzt und dicht ist. Das Landgericht hat eigene Prüfungen zur Dichtigkeit der Kaffeebecher der Beklagten angestellt und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass nicht sicher davon ausgegangen werden könne, dass der Deckel des Kaffeebechers von den Bediensteten der Beklagten nicht fest auf den Kaffeebecher aufgesetzt worden sei, bevor der Kaffeebecher an den Freund der Klägerin überreicht wurde. Das Landgericht gelangte - wie auch das Amtsgericht - zu dem Ergebnis, dass selbst für den Fall, dass der Deckel doch durch einen Mitarbeiter der Beklagten unvollständig aufgesetzt worden sein sollte, hier ein überwiegendes Mitverschulden der Klägerin vorliege, denn die Verkehrssicherungspflicht gehe nicht soweit, dass den Menschen jegliches Risiko abgenommen werde, eigenverantwortlich zu handeln und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um eine erkennbare Gefahr für eigene Rechtsgüter abzuwenden. Die Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen. Urteil vom 10.11.2011, Az.: 30 S 3668/11 Quelle: Pressemitteilung des LG München I v. 11.11.2011 zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 12. LG Potsdam: Ermittlung von Lizenzgebühr anhand von DJV-Honorartabelle _____________________________________________________________ Die Honorartabelle des Deutschen Journalistenverbandes (DJV) kann in Fällen von Urheberrechtsverletzung zur Ermittlung einer fiktiven Lizenzgebühr für einen bisher unlizenzierten Gedichttext herangezogen werden (LG Potsdam, Urt. v. 27.01.2011 - Az.: 2 O 232/10). Die Beklagte hatte einen gedichteten Text der Klägerin unerlaubt übernommen. In dem Rechtsstreit ging es u.a. um die Frage, wie die konkrete Schadenshöhe zu bestimmen war. Die Potsdamer Richter erklärten, dass für die Ermittlung einer fiktiven Lizenzgebühr für einen bisher unlizenzierten Text grundsätzlich die Honorartabelle des Deutschen Journalistenverbandes (DJV) herangezogen werden könne. Bei der Bestimmung müsse jedoch berücksichtigt werden, dass ein Gedicht häufig einen höheren individuellen Wert habe als ein journalistischer Beitrag. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 13. AG Lichtenberg: Kein Anspruch auf Vergütung bei sittenwidrigem Telefonsexvertrag _____________________________________________________________ Der Vertrag mit einem Telefonsexdiensteanbieter ist sittenwidrig. Lediglich die Personen, die die konkreten Dienstleistungen im einzelnen anbieten, sind schutzbedürftig, so dass nur in Ausnahmefällen von einer Wirksamkeit der Verträge auszugehen ist (AG Lichtenberg, Urt. v. 26.10.2011 - Az.: 7 C 85/11). Dem Kläger waren die Ansprüche vom Auskunftsdienstanbieter Quality Services 24 AG abgetreten worden. Der Auskunftsdienst wurde für die Vrmittlung von Telefonsexgesprächen verwendet. Eingeklagt wurden nun die für den Telefonsex angefallenen Entgelte. Das AG Lichtenberg verneinte einen Zahlungsanspruch. Der Vertrag sittenwidrig, da Telefonsex gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden Menschen verletze. Zwar erkläre das Prostituiertengesetz ausdrücklich derartige Handlungen für wirksam, um die Interessen der Betroffenen besser zu schützen. Dies gelte jedoch nur für die Handlungen einer Prostituierten selbst. Die Rechte der Kunden oder der Zuhälter seien hingegen nicht schutzbedürftig. Entsprechend dieser Auslegung sei die Klägerin im vorliegenden Fall nicht schutzbedürftig. Unternehmen, die derartige Dienstleistungen vermarkten oder vermitteln würden, seien nicht geschützt. Es sei daher von einer Sittenwidrigkeit auszugehen. Anmerkung von RA Dr. Bahr: Die Interpretation des AG Lichtenberg ist zwar kreativ, entspricht jedoch nicht der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Bereits Ende 2007 hatte nämlich der BGH (Urt. v. 08.11.2007 - Az.: III ZR 102/07) geurteilt, dass Telefonsex-Verträge nicht mehr die guten Sitten verletzen. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 14. ArbG Wesel: Betriebsrat hat kein Einsichtsrecht in Server-Logfiles _____________________________________________________________ Das Arbeitsgericht Wesel hat den Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen. Im Wesentlichen hat es seine Entscheidung mit einem fehlenden Rechtsschutzbedürfnis begründet. Denn der Betriebsrat hat nicht nachvollziehbar darlegen können, warum er eine derartig umfassende Einsichtnahme in die Protokolldateien verlangt und welches Rechtschutzziel er mit seinem Begehren verfolgt. Der Arbeitgeber hatte bereits in einem anderen und in diesem Verfahren eingeräumt, dass er in einem Fall Zugriff auf die Dateihistorie einer Datei genommen hatte. Der Inhalt der Datei war ihm von dem Betriebsrat selbst zugänglich gemacht worden. Bereits am 12.10.2011 hatte das Arbeitsgericht Wesel in einem Beschlussverfahren dem Arbeitgeber aufgegeben, es zu unterlassen, Einsicht in die elektronischen Dateien des Betriebsrates zu nehmen (Az.: 3 BV 9/11). In dem jetzt anhängigen Verfahren hatte der Betriebsrat erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass er das Einsichtsrecht benötige, um feststellen zu können, ob, wie und von wem unberechtigte Zugriffe auf sein Betriebsratslaufwerk stattgefunden haben. Nur wenn er dies wisse, könnten entsprechende Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden. Dies ist aus Sicht des Arbeitsgerichts jedoch nicht nachvollziehbar. Denn aufgrund des bereits unstreitigen Zugriffs auf seine Datei steht fest, dass Unberechtigte – in diesem Fall der Arbeitgeber – auf die Dateien des Betriebsratslaufwerks zugreifen können. Inwieweit es für die Feststellung von Sicherheitslücken darüber hinaus darauf ankommt, wer, wann und wie Zugriff genommen hat, hat der Betriebsrat nicht schlüssig dargelegt. Beschluss vom 17.11.2011, Az.: 5 BV 17 /11 Quelle: Pressemitteilung des ArbG Wesel v. 18.11.2011 zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 15. Law-Podcasting: Recht für PR- und Marketing-Agenturen: Heute: Rechtliche Besonderheiten beim Social Media Marketing - Teil 2 _____________________________________________________________ Auf Law-Podcasting.de, dem 1. deutschen Anwalts-Audio-Blog, gibt es heute einen Podcast zum Thema "Recht für PR- und Marketing-Agenturen: Heute: Rechtliche Besonderheiten beim Social Media Marketing - Teil 2". Inhalt: Ein weiterer Podcast aus unserer neuen Reihe "Recht für PR- und Marketing-Agenturen". Heute beschäftigen wir uns mit den rechtlichen Besonderheiten beim Social Media Marketing aus Sicht der PR- und Marketing-Agenturen. Der heutige Podcast ist in zwei Teile geteilt. Heute hören Sie den zweiten Teil, den ersten gab es bereits letzte Woche. Im Podcast wird behauptet, es gäbe noch keine Impressums-Entscheidung zu Webseiten auf Facebook, Twitter & Co. Bis vor wenigen Tagen war das auch richtig. Seit kurzem gibt es jedoch das Urteil des LG Aschaffenburg (Urt. v. 19.08.2011 - Az.: 2 HK O 54/11), wonach eine kommerzielle Facebook-Seite ein vollständiges Impressum haben muss. zurück zur Übersicht |