Die AGB-Klausel eines Online-Shops, wonach der Kunde auf Zugang einer Vertragsbestätigung verzichtet, ist wettbewerbswidrig (LG München I, Urt. v. 15.02.2022 - Az.: 33 O 4638/21).
Die Beklagte betrieb einen Online-Shop und verwendete dabei in ihren AGB folgende Regelung:
"Ein Vertrag kommt erst durch die Annahmeerklärung von … zustande, die mit einer gesonderten E-Mail (Auftragsbestätigung oder Versandbestätigung) versendet wird, spätestens jedoch durch den Versand der Bestellung"
Dies stufte das LG München I als wettbewerbswidrig ein. Denn damit werde der Verbraucher unangemessen benachteiligt:
"Zwar sehen die Vorschriften des dispositiven Gesetzesrechts grundsätzlich die Möglichkeit eines Zugangsverzichts vor (§ 151 BGB...). Ein formularmäßiger Zugangsverzicht stellt aber einen Nachteil für den Vertragspartner hat, weil er aufgrund dessen keine genaue Kenntnis vom genauen Zeitpunkt des Zustandekommens des Vertrags hat.
Diese Kenntnis ist für den Verbraucher aber gerade in Fällen des Erwerbs über das Internet wichtig, weil er - auch vor dem Hintergrund eines gesetzlichen Widerrufsrechts (§ 312g Abs. 1 BGB) - bis zur Kenntnis unter Umständen alternative Angebote prüft und in diesem Zusammenhang entsprechende Dispositionen vornimmt."
Und weiter:
"Demgegenüber ist ein nachvollziehbares Interesse der Beklagten für die Vereinbarung eines Zugangsverzichts für den Fall der Versendung der Ware nicht erkennbar, zumal in den weiteren in der Klausel genannten Alternativen des Versandes der Bestellbestätigung oder der Übermittlung einer Versandbestätigung ein Zugang zumindest implizit für nicht entbehrlich erachtet wird.
Der Verwender wird durch den Zugangsverzicht im Falle der Alternative „Versendung der Ware“ auch in beweisrechtlicher Hinsicht privilegiert, da er in einem etwaigen späteren Prozess für den wirksamen Vertragsschluss nicht den Zugang der Annahmeerklärung, sondern lediglich den tatsächlichen Versand der Ware darlegen und beweisen muss. Für die Annahme einer unangemessenen Benachteiligung spricht schließlich die Wertung des § 308 Nr. 6 BGB, wonach die formularmäßige Vereinbarung einer Fiktion des Zugangs bei Erklärungen von besonderer Bedeutung - zu denen die Annahmeerklärung wegen ihrer potentiell rechtliche Pflichten begründenden Wirkung ohne Weiteres gehört - in der Regel unwirksam ist. Die Interessenlage zwischen Zugangsfiktion einerseits und Zugangsverzicht andererseits ist vergleichbar, weil beide Institute sich in ihren Wirkungen nicht wesentlich unterscheiden."