Ein Rechtsanwalt ist verpflichtet, zu Bürobeginn seine E-Mails zu kontrollieren und zu lesen (OLG Jena, Beschl. v. 19.02.2016 - Az.: 1 W 591/15).
Der verklagte Mandant beauftragte den klägerischen Rechtsanwalt am späten Abend des 27.05.2015 mit der Wahrnehmung seiner Interessen in einem Gerichtsverfahren. In der Nacht entschied sich der Mandant jedoch um und schickte dem Adovkaten um kurz nach Mitternacht eine E-Mail, dass er nicht weiter für ihn tätig werden solle.
Am 28.05.2015 war Bürobeginn beim Kläger - wie üblich - um 08:00 Uhr. Um 08:56 Uhr schickte er einen Schriftsatz an das Gericht. Erst danach las er die E-Mail des Beklagten.
Er begehrte daraufhin auch die Vergütung für sein gerichtliches Tätigwerden.
Das Gericht lehnte das Begehren ab. Der Mandant habe den Auftrag rechtzeitig widerrufen, auch wenn der Anwalt die Mitteilung erst verspätet gelesen habe.
Denn die Bürotätigkeit des Klägers habe um 08:00 Uhr begionnen. Er habe also bis zur Versendung des Schriftsatzes um 08:56 Uhr fast eine Stunde Zeit gehabt, die E-Mail des Beklagten zur Kenntnis zu nehmen und seine weitere anwaltliche Tätigkeit einzustellen.