Eine E-Mail wird bereits dann zu einer unerlaubten E-Mail-Werbung, wenn die elektronische Nachricht lediglich im Footer einen kurzen Zweizeiler mit einer Werbeansprache enthält (KG Berlin, Urt. v. 25.09.2021 - Az.: 5 U 35/20).
Im vorliegenden Fall ging es um eine E-Mail, deren überwiegender Inhalt einen thematischen Sachbezug hatte. Am Ende im Footer hieß es dann aber:
"XXXXX. Organisiert, denkt mit, erledigt.
Nutzen Sie www.XXXXX.de"
Der Empfänger der Nachricht sah darin Spam und ging gegen den Versender vor. Der verteidigte sich damit, dass der weit überwiegende Teil des Textes keine Werbung sei.
Das KG Berlin ist diesem Standpunkt nicht gefolgt und hat eine unerlaubte E-Mail-Werbung angenommen:
"Die Beklagte hat zwar nicht von der Hand zu weisende Argumente vorgebracht, die gegen eine Rechtswidrigkeit streiten: So sei hier zu berücksichtigen, dass der werbliche Zusatz
- durch einen Absatz von dem Rest der E-Mail abgesetzt sei,
- flächenmäßig einen Bruchteil der gesamten E-Mail ausmache und lediglich aus acht Worten bestehe,
- am Ende der Nachricht stehe,
- nicht in einem Zusammenhang mit dem Rest der E-Mail stehe und nicht als Teil des Schreibens angesehen werden könne.Zudem seien die E-Mails ohne Anhang versendet worden und das Laden und die Inanspruchnahme von Speicherkapazität habe sich auf ein Minimum beschränkt. Dadurch habe der werbliche Zusatz sowohl aufgrund der Gestaltung der E-Mails als auch aufgrund des Inhaltes leicht als werbend identifiziert werden und leicht unbeachtet bleiben können. Der Zeitaufwand für die Identifizierung des Zusatzes als Werbeteil habe sich auf ein Minimum beschränkt. Damit sei die Beeinträchtigung des Klägers in einem so minimalen Maße eingetreten, dass eine Abwägung der widerstreitenden Interessen zugunsten der Beklagten ausfallen müsse.
Trotz dieser aus Sicht des Senates nicht von der Hand zu weisenden Argumente muss unter Beachtung der Rechtsprechung des BGH die Abwägung zu Lasten der Beklagten ausgehen."
Und weiter:
"(1)Nach Ansicht des BGH (Urteil vom 10. Juli 2018 – VI ZR 225/17 –, Rn. 25, juris) reicht es nicht aus, wenn die unerwünschte Werbung die Interessen des Klägers nur vergleichsweise geringfügig beeinträchtigt. Das Hinzufügen von Werbung zu einer im Übrigen zulässigen E-Mail-Nachricht sei, so der BGH, allerdings keine solche Bagatelle, dass eine Belästigung des Nutzers ausgeschlossen wäre, denn zumindest müsse sich der Nutzer gedanklich mit den werblichen Elementen beschäftigen. „Zwar mag sich der Arbeitsaufwand bei einer einzelnen E-Mail in Grenzen halten. Mit der häufigen Verwendung von Werbezusätzen ist aber immer dann zu rechnen, wenn die Übermittlung einzelner E-Mails mit solchen Zusätzen zulässig ist.
Denn im Hinblick auf die billige, schnelle und durch Automatisierungsmöglichkeit arbeitssparende Versendungsmöglichkeit und ihrer günstigen Werbewirkung ist mit einem Umsichgreifen dieser Werbeart zu rechnen. Eine bei isolierter Betrachtung unerhebliche Belästigung kann Mitbewerber zur Nachahmung veranlassen, wobei durch diesen Summeneffekt eine erhebliche Belästigung entstehen kann. Entscheidend ist aber, dass es dem Verwender einer E-Mail-Adresse zu Werbezwecken nach Abschluss einer Verkaufstransaktion zumutbar ist, bevor er auf diese Art mit Werbung in die Privatsphäre des Empfängers eindringt, diesem - wie es die Vorschrift des § 7 Abs. 3 UWG verlangt - die Möglichkeit zu geben, der Verwendung seiner E-Mail-Adresse zum Zwecke der Werbung zu widersprechen“ (BGH aaO.).
(2) Zwar verkennt der Senat nicht, dass die Belästigungswirkung der werblichen Zusätze im vorliegenden Fall erheblich geringer war als in dem Sachverhalt, der Gegenstand der eben zitierten Entscheidung des BGH war, wo der Adressat der E-Mail zunächst die werblichen Elemente zur Kenntnis nehmen musste, bis er zum zulässigen Teil der E-Mail – die offenbar als attachment beigefügte Rechnung – gelangte.
Es besteht auch, worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat, ein Unterschied zu dem Sachverhalt, der dem Urteil des BGH vom 15. Dezember 2015 (VI ZR 134/15) zugrundelag. Im eben zitierten Fall hatte der Empfänger der konkreten Werbung in engem zeitlichen Zusammenhang mehrfach ausdrücklich widersprochen; vorliegend indes hat der Kläger der E-Mail-Werbung nicht widersprochen, sondern diese (erst) über sechs Monate später zum Gegenstand seiner Klageerweiterung gemacht. Die vom BGH angestellten generalpräventiven Erwägungen (Gefahr des „Umsichgreifen dieser Werbeart“ durch Nachahmung, „Summeneffekt“) treffen aber auch vollumfänglich auf den vorliegenden Fall zu, ebenso wie der Gesichtspunkt, dass es der Beklagten zumutbar ist, die Voraussetzungen der gesetzlich zulässigen Werbeformen einzuhalten."