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Kategorie: Thema:Online

OLG Hamburg: Beschränkung des fliegenden Gerichtsstands in UWG-Fällen nur bei Missbrauchsgefahr

Der fliegende Gerichtsstand gilt bei Internet-Verletzungen in Wettbewerbssachen weiterhin, außer bei einem hohen Risiko für Rechtsmissbrauch.

Auch nach der UWG-Reform gilt bei Internet-Verletzungen weiterhin der fliegende Gerichtsstand, es sei denn, es besteht die Gefahr eines Rechtsmissbrauchs (OLG Hamburg, Urt. v. 07.09.2023 - Az.: 5 U 65/22).

Im Dezember 2020 trat das neue Wettbewerbsrecht in Kraft. Unter anderem wurde dabei § 14 Abs.2 UWG überarbeitet, wonach für Streitigkeiten im E-Commerce oder bei Telemedien der fliegende Gerichtsstand eingeschränkt bzw. abgeschafft werden sollte. In der Rechtsprechung ist seitdem der Anwendungsbereich der Norm außerordentlich umstritten.

Nun hat sich das OLG Hamburg im Rahmen eines Wettbewerbsprozesses zu der Frage geäußert. 

Nach Ansicht der Richter kommt nur dann eine Beschränkung des fliegenden Gerichtsstandes durch diese Norm in Frage, wenn das Risiko eines Rechtsmissbrauch bestehe:

"Die Begründung des Ausschusses für die Änderung des § 14 Abs. 2 UWG macht deutlich, dass es darum ging, die Einschränkung des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung „auf die in diesem Zusammenhang besonders missbrauchsanfälligen Verstöße […], die auf Telemedien oder im elektronischen Geschäftsverkehr begangen werden“ zu begrenzen.

Dem genannten gesetzgeberischen Willen würde es entgegenstehen, den fliegenden Gerichtsstand für alle im Internet begangenen Verstöße auszuschließen. Angesichts des Umstands, dass mittlerweile ein Großteil des geschäftlichen Verkehrs im Internet stattfindet, würde dies einer weitgehenden Abschaffung des fliegenden Gerichtsstands nahekommen, was durch die seitens des Ausschusses vorgenommene Änderung gerade verhindert werden sollte. Da es dem Ausschuss darum ging, eine Beschränkung „auf die in diesem Zusammenhang besonders missbrauchsanfälligen Verstöße […], die auf Telemedien oder im elektronischen Geschäftsverkehr begangen werden“ vorzunehmen, sind jedenfalls diejenigen Fälle nicht erfasst, in denen nicht von einer besonderen Gefahr des Missbrauchs in Form eines massenhaften Vorgehens auszugehen ist. (...)

Im Ergebnis sind damit von der Beschränkung des Wahlrechts in § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG im elektronischen Geschäftsverkehr und in Telemedien jedenfalls diejenigen Fälle ausgenommen, in denen nicht von einer besonderen Gefahr des Missbrauchs in Form eines massenhaften Vorgehens auszugehen ist. Ob damit von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG nur Verstöße gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten erfasst sind – wofür spricht, dass der Gesetzgeber ausweislich § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG in diesen Fällen von einem besonderen Missbrauchspotential ausgeht –, kann vorliegend offenbleiben."

Im vorliegenden Verfahren ging es um den Mitbewerberschutz nach § 4 UWG, nämlich um unwahre Behauptungen und eine gezielte Behinderung. 

Bei derartigen Rechtsfällen, so die Richter, würde nicht ein solches Missbrauchs-Risiko bestehen:

“Die besondere Gefahr des Missbrauchs in Form eines massenhaften Vorgehens ist bei vermeintlichen Verstößen gegen § 4 Nr. 2, Nr. 4 UWG nicht gegeben. 

Ob es sich bei Äußerungen um Tatsachenbehauptungen i.S.d. § 4 Nr. 2 UWG handelt, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, bedarf einer Bewertung und u.U. auch Abwägung im Einzelfall, sodass sich diese Fälle nicht für ein massenhaftes Vorgehen gegen Rechtsverstöße eignen. 

Auch das Vorliegen einer gezielten Behinderung i.S.d. § 4 Nr. 4 UWG bedarf – jedenfalls in der vorliegend klägerseitig geltend gemachten Variante der Herabsetzung eines Mitbewerbers und seiner Dienstleistungen – einer Abwägung im Einzelfall.”

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