Der Wahnsinn im deutschen Online-Datenschutzrecht geht in eine neue Runde. Nach Meinung der Datenschutzbeauftragte des Bund und der Ländern ist die Cookie-Richtlinie in Deutschland nach wie vor nicht ausreichend umgesetzt.
Wie die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder in <link https: ssl.bremen.de datenschutz sixcms _blank external-link-new-window>einer Pressemitteilung erklären, fehle es weiterhin an einer Umsetzung der EU-Cookie-Richtlinie in Deutschland:
"Das Telemediengesetz (TMG) setzt diese europarechtlichen Vorgaben allerdings nur unvollständig in deutsches Recht um. Darauf haben die Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern die Bundesregierung bereits wiederholt hingewiesen. Dies hat bisher jedoch nicht zu einer Änderung des TMG geführt. Die Bundesregierung hält vielmehr die derzeit geltenden Vorgaben des Telemediengesetzes für ausreichend. Diese Auffassung ist unzutreffend. So ist die europarechtlich geforderte Einwilligung bereits in den Zugriff auf in den Endgeräten der Nutzer gespeicherte Informationen (Cookies) im deutschen Recht nicht enthalten.
Die fortgesetzte Untätigkeit der Bundesregierung und des Gesetzgebers hat zur Folge, dass gegenwärtig die Betroffenen ihre Ansprüche zur Wahrung der Privatsphäre aus Artikel 5 Absatz 3 der E-Privacy-Richtlinie gegenüber Anbietern in Deutschland, bei denen das Telemediengesetz zur Anwendung kommt, nur unzureichend wahrnehmen können. Damit wird den Bürgerinnen und Bürgern faktisch ein europarechtlich vorgesehenes, wesentliches Instrument zur Wahrung ihrer Privatsphäre bei der Nutzung des Internets vorenthalten. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder halten diesen Zustand für nicht hinnehmbar. Sie fordern die Bundesregierung auf, die E-Privacy-Richtlinie nun ohne weitere Verzögerungen vollständig in das nationale Recht zu überführen. Gerade die Weiterentwicklung von neuen Technologien zur Sammlung und Analyse des Nutzerverhaltens im Internet macht moderne und effiziente Regelungen zum Schutz der Privatsphäre der Nutzer unabdingbar"
Das Theater um die EU-Cookie-Richtlinie geht damit in eine neue Runde.
Jahrelang wurde angemahnt, dass Deutschland die EU-Vorgaben noch nicht umgesetzt habe. Dann überraschte das Bundeswirtschaftsministerium plötzlich die Öffentlichkeit im Februar 2014 mit dem nachfolgenden Statement:
"Das Bundeswirtschaftsministerium hat in der letzten Legislaturperiode einen Fragebogen der Europäischen Kommission zur Umsetzung in Deutschland beantwortet und dabei insbesondere auf die Bestimmungen des Telemediengesetzes hingewiesen. Es gibt keine Signale seitens der Europäischen Kommission, dass die dargestellte Rechtslage unzureichend sei.”
Und die Äußerung der Europäischen Kommission dazu war:
„Yes, we can confirm that Germany has transposed the revised ePrivacy Directive into national law.”
Nach Meinung der Bundesregierung und der Europäischen Kommission ist somit die EU-Richtlinie bereits in nationales Gesetz umgesetzt. Anderer Ansicht sind - dies zeigt die aktuelle Pressemitteilung - die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder.
Auch wenn Anfang 2014 die Ansichten der Bundesregierung und der EU-Kommission (scheinbar) überraschend kamen, so sind sie nicht gänzlich neu. Bereits im Gesetzgebungsverfahren 2012 hieß es in der parlamentarischen Diskussion wörtlich:
- „Steht doch alles in §§ 12, 13 und 15 TMG“
- „Die Bundesregierung hat übrigens die geltende Fassung des TMG als Umsetzung der E-Privacy-Richtlinie nach Brüssel gemeldet. Von der EU-Kommission kam dazu bisher kein Widerspruch.“
- „Im Übrigen darf ich die Genossen der SPD darauf hinweisen, dass die Bundesregierung, konkret das zuständige Bundeswirtschaftsministerium, dieses Instrumentarium der Europäischen Kommission als Umsetzung des Art. 5 Abs. 3 der E-Privacy-Richtlinie in aller Ausführlichkeit vorgestellt hat. Dabei hat die EU-Kommission unseren nationalen Regelungen inhaltlich und formell nicht widersprochen.“
Der Streit um die Cookie-Richtlinie wird mit dem aktuellen Beschluss somit noch einmal aufgewärmt. Es ist aber nicht erkennbar, dass sich auf absehbare Zeit - trotz der Kritik durch die Datenschutzbeauftragten - an dem Status Quo etwas ändern wird. Die entsprechenden Regierungsorgane (Bundesregierung, EU-Kommission) werden weiterhin ihren Standpunkt vertreten, dass das deutsche TMG ausreichend die EU-Vorgaben berücksichtigt.