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Kategorie: Datenschutzrecht

OLG Wien: Exzessiver Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO nicht zwingend rechtsmissbräuchlich

Ein wiederholter und umfangreicher Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO ist nicht automatisch rechtsmissbräuchlich, auch wenn er eine spätere Klage vorbereiten soll.

Auch ein sehr umfangreiches, exzessives Auskunftsverlangen nach Art. 15 DSGVO, das in regelmäßigen Abständen (hier: 3 Jahre) wiederholt wird, ist nicht automatisch rechtsmissbräuchlich (OLG Wien, Urt. v. 10.06.2024 - Az.: 14 R 48/24t).

Die Beklagte, ein maltesischer Anbieter von Sportwetten, wehrte sich gegen die Klage eines österreichischen Kunden. Der Kunde verlangte im Jahr 2021 und drei Jahre später im Jahr 2024 eine vollständige Auskunft über alle Gewinne und Verluste gemäß Art. 15 DSGVO.

Da das Unternehmen dem Auskunftsbegehren nur eingeschränkt nachkam, verurteilte das LG Wien in der 1. Instanz das Unternehmen zur Auskunftserteilung.

Dagegen erhob der Sportwettenanbieter Berufung, da er das Auskunftsbegehren für zu exzessiv und damit rechtsmissbräuchlich hielt. Zumal die letzte Auskunft erst drei Jahre zurückliege. Außerdem diene sie nur der Vorbereitung einer späteren Klage auf Rückforderung von Spieleinsätzen. Ein solches Vorgehen sei aber von der DSGVO nicht gedeckt.

Das OLG Wien wies die Berufung zurück.

1. Exzessiv ist nicht zwingend rechtsmissbräuchlich:

Die Tatsache, dass das Auskunftsersuchen sehr umfangreich war und bereits vor drei Jahren gestellt wurde, führe nicht automatisch zu einem Rechtsmissbrauch, so das Gericht:

"Nach Ansicht des erkennenden Senats ist im gegebenen Fall zweifellos zu berücksichtigen, dass (…) der Spiel- und damit der Auskunftszeitraum zwischen der behaupteten Datenauskunft 2021 und der nunmehr begehrten gleichgeblieben ist, sodass sich die zu übermittelnden Daten in der Zwischenzeit wohl nicht verändert haben (…). Es ist also von einem unveränderten („historischen“) Datenbestand auszugehen, auf welchen sich die Auskunftsanträge beziehen. 

Aber selbst im Hinblick darauf könnte ein Auskunftsersuchen, das an sich nicht rechtsmissbräuchlich ist, nicht schon deswegen als „exzessiv“ angesehen werden, weil es (inhaltsgleich) nach etwa drei Jahren wiederholt wird. Die Erneuerung eines Auskunftsantrags nach etwa drei Jahren erscheint unter den gegebenen Umständen als in zeitlicher Hinsicht angemessen iSd ErwGr 63 der DSGVO, sodass die Beklagte die Auskunft nicht wegen der „Häufigkeit“ der Anträge als exzessiv ablehnen darf. 

Zudem würde bei wegen der Häufigkeit der Wiederholung als exzessiv anzusehenden Anträgen auch eine kostenpflichtige Beantwortung in Frage kommen (…)."

2. Auch kein Rechtsmissbrauch, weil Auskunft nur weiterer Klage dient:

Auch der Umstand, dass die vorliegende Auskunftsklage nur der Vorbereitung einer späteren Klage auf Rückforderung des Spieleinsatzes diene, führe nicht zu einer anderen Beurteilung:

"Die Rechtsansicht der Beklagten, das Auskunftsersuchen des Klägers sei deshalb rechtsmissbräuchlich, weil er es ausschließlich aufgrund eines im Anschluss anzustrebenden Gerichtsverfahrens begehre, wird vom Berufungssenat nicht geteilt (…).

Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten lässt aber der festgestellte Sachverhalt keine Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch erkennen. Das festgestellte Motiv ist an sich weder unlauter, noch tritt das berechtigte Auskunftsrecht des Klägers hinter ein allenfalls beeinträchtigtes Interesse der Beklagten an der Geheimhaltung der Daten; ein Schädigungszweck ist ebenfalls nicht festgestellt. 

Es muss dem Kläger selbstverständlich unbenommen bleiben, nach oder neben der jedenfalls zulässigen Datenüberprüfung den sich aus diesen Unterlagen allfällig ergebenden Saldo einzuklagen. Wie das Erstgericht, ist auch das Berufungsgericht der Meinung, dass es sich dabei um ein legitimes Interesse des Klägers handelt, das keinesfalls nur auf eine Schädigung der Beklagten hinausläuft. Auch die DSGVO bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass das Auskunftsrecht zwecks Stärkung der eigenen Position in einem Rechtsstreit verweigert werden dürfe."

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