Gestattet ein Fotograf den Vertrieb von Fototapeten, so kann er nicht gegen die Veröffentlichung der mit der Fototapete versehenen Räumlichkeiten (hier: Hotelzimmer) im Internet vorgehen. (OLG Düsseldorf, Urt. v. 08.02.2024 - Az.: I-20 U 56/23).
Die klagende Fotografin hatte die Nutzung ihrer Bilder für die Herstellung von Tapeten lizenziert.
Die Beklagte, ein Hotel, nutzte diese Tapeten und veröffentlichte Fotos der Zimmer zu Werbezwecken im Internet. Auf den Bildern waren auch die Fototapeten erkennbar.
Die Klägerin sah hierin eine Urheberrechtsverletzung und ging dagegen vor.
Ohne Erfolg, wie das OLG Düsseldorf jetzt entschied.
Denn das Verhalten der Klägerin sei widersprüchlich: Sie habe den Vertrieb der Fototapete ausdrücklich erlaubt. Dann müsse sie auch damit rechnen, dass diese Werke vertragsgemäß genutzt würden:
"Vorliegend lassen die Gesamtumstände die Rechtsausübung durch die Klägerin als treuwidrig erscheinen.
Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin wurden die auf den streitgegenständlichen Fototapeten abgebildeten Fotos mit Zustimmung ihres Geschäftsführers und CEOs Herrn X., der nach dem Vortrag der Kläger auch Urheber der Fotos ist, für die Herstellung und den Vertrieb von Fototapeten benutzt, die sich großer Beliebtheit erfreuten.
Als Erwerber der streitgegenständlichen Fototapeten durfte die Beklagte jedoch davon ausgehen, dass sie die Fototapeten nicht nur bestimmungsgemäß in dem von ihr betriebenen Hotel fest mit der Wand verkleben durfte, sondern auch Lichtbilder der Hotel-Räumlichkeiten, auf denen (auch) die Fototapeten zu sehen waren, anfertigen und öffentlich zugänglich machen durfte, weil dieses Vorgehen im Digitalzeitalter üblich ist.
Durch das Inverkehrbringen der Fototapeten hat der vermeintliche Urheber der hierfür genutzten Fotos einen Vertrauenstatbestand geschaffen, weil die Beklagte vernünftigerweise davon ausgehen durfte, dass die nunmehr angegriffene Nutzung der Fototapete von der Einwilligung des Urhebers bzw. Rechteinhabers gedeckt sei und sich dieser auch nicht in seinen Interessen beeinträchtigt fühlen würde (vgl. Urteil des LG Stuttgart vom 25. Oktober 2022, Az. 17 O 39/22, GRUR-RS 2022, 48323)."
Und weiter:
"Dies gilt jedenfalls solange der Erwerber der Fototapete keinen gegenteiligen Hinweis auf eine nur eingeschränkte Nutzung oder eine Verpflichtung zur Zahlung von Lizenzgebühren erhält und solange die Nutzung der Fototapete über eine naheliegende und nach der allgemeinen Lebenserfahrung zu erwartenden Nutzung nicht hinausgeht.
Diese Ausnahmen liegen jedoch nicht vor.
Die Klägerin behauptet selbst nicht, bei der Vermarktung ihrer Fototapeten die Erwerber darauf hingewiesen zu haben, dass keine Befugnis zur Vervielfältigung durch Erstellen von Lichtbildern der mit der Fototapete ausgestattete Räume und deren öffentliches Zugänglichmachen besteht, obwohl dies ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen wäre.
Überdies geht die angegriffene Nutzung der Fototapeten durch die Beklagte auch nicht über die übliche Nutzung hinaus, weil die Beklagte die Räumlichkeiten ihres Hotels, in denen die streitgegenständlichen Fototapeten verwendet wurden, zu naheliegenden Werbezwecken fotografiert und diese Fotos zum Vertrieb ihres Hotels verwendet hat.
Die Fototapeten standen – ihrem Wesen entsprechend – dabei nicht im Mittelpunkt der Lichtbilder, und sie sind überdies klar als solche zu erkennen. Hätte die Beklagte darum gewusst, dass die Klägerin in der Vervielfältigung durch Erstellen von Lichtbildern der mit der Fototapete ausgestatteten Räume und deren öffentliches Zugänglichmachen eine Urheberrechtsverletzung erblickt und sich zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in einer den Kaufpreis der Fototapete um ein Vielfaches übersteigenden Höhe berechtigt sieht, so ist anzunehmen, dass sie die Fototapete niemals erworben hätte.
Zu dem insoweit geschaffenen Vertrauenstatbestand setzt sich die Klägerin in Widerspruch, wenn sie sich nunmehr auf eine Verletzung von Urheberrechten wegen der Veröffentlichung von Fotos, auf denen die Fototapeten zu sehen sind, beruft und handelt somit treuwidrig gem. § 242 BGB."