Eine Online-Werbung mit einer angeblich bundesweiten Solarpflicht ist irreführend, wenn sie wichtige Einschränkungen erwähnt, z.B. die Pflicht gilt nur bestimmte Bundesländer und auch nur für Neubauten (LG Bremen, Urt. v. 08.01.2025 - Az.: 9 O 345/24).
Ein Internet-Vergleichsportal für Photovoltaik-Anlagen warb einer Kleinanzeigen-App und einem Online-Artikel mit bestimmten Aussagen.
In der Überschrift hieß es:
“Steht jetzt die Solar-Pflicht vor der Tür? Hausbesitzern drohen bis zu 5.000 Euro Strafe”
In dem Artikel lautete die Aussage:
“In manchen Bundesländern ist sie schon in Kraft, in anderen steht sie noch bevor: Die Solarpflicht.”
und
“Wenn Hauseigentümer in Berlin gegen die ‚Solarpflicht‘ verstoßen und keine Photovoltaikanlage installiert haben, können hohe Strafen drohen.”
Dabei wurden jedoch die gesetzlichen Einschränkungen in den Bundesländern nicht erwähnt, etwa dass die Pflicht nur bei Neubauten oder Dachumbauten nach dem 31.12.2022 galt.
Das LG Bremen sah in der Werbung eine Irreführung, da wesentliche Informationen vorenthalten würde.
Verbraucher würden durch eine angeblich bundesweit geltende Solarpflicht verunsichert, ohne über deren tatsächliche eingeschränkte Gültigkeit informiert zu werden.
Es sei ohne Weiteres möglich gewesen, diese Einschränkungen problemlos in die Werbung aufzunehmen. Zumal an neun Stellen auf mögliche hohe Strafen hingewiesen werde.
Die Reklame suggeriere fälschlich, dass nahezu alle Hausbesitzer betroffen seien.
"Sowohl die Werbeanzeige auf kleinanzeigen.de als auch der verlinkte Artikel auf der Homepage der Beklagten halten dem durchschnittlichen Verbraucher ganz wesentliche Informationen vor.
Denn die Beklagte verschweigt sowohl auf der Werbeanzeige als auch auf dem verlinkten Artikel maßgeblichen Einschränkungen der ohnehin nur in den Ländern Berlin und Baden-Württemberg bestehenden gesetzlichen Pflichten. Sie gilt dort nur für Neubauten oder wesentliche Umbauten nach dem 31.12.2022."
Und weiter:
"Das Argument der Beklagten, der Verbraucher erkenne ja, dass es sich um Werbung bzw. ein Advertorial handele, so dass nicht umfassend informieren [informiert werden] könne, überzeugt angesichts der Regelung in § 5a Abs. 3 Nr. 1 UWG nicht.
Dort ist zwar geregelt, dass bei der Beurteilung, ob wesentliche Informationen vorenthalten wurden, räumliche oder zeitliche Beschränkungen durch das für die geschäftliche Handlung gewählte Kommunikationsmittel zu berücksichtigen sind. Aber gerade die zeitliche Einschränkung und auch die im Land Berlin erforderliche Nutzungsfläche von mehr als 50 qm, mit denen sofort deutlich wird, dass eine Pflicht zur Anbringung einer Solaranlage nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen gilt, wäre sowohl in der Werbeanzeige als auch in dem verlinkten Artikel aus räumlichen Gesichtspunkten ohne Weiteres möglich gewesen.
Stattdessen wird der Verbraucher aggressiv an insgesamt 9 Stellen auf mögliche hohe Strafen aufmerksam gemacht.
All dies gezielt, um dem Verbraucher zu suggerieren, dass eine von ihr behauptete Solarpflicht viel umfänglicher sei, als sie bei Mitteilung der wesentlichen Informationen wäre und auch tatsächlich ist."