Ein Energieversorger darf keine Briefe an Verbraucher verschicken, die eine Gefahr für die Stromversorgung ("Es geht um Ihre Stromversorgung") vortäuschen (LG Berlin II; urt. v. 11.03.2025 - Az.: 102 O 88/24.
Ein Energieversorger schickte an potenzielle Kunden Briefe, in denen es u.a. hieß:
“Es geht um Ihre Stromversorgung”
und
“Dringend – bitte heute noch zurückrufen!”
und
“Ihre Mithilfe ist erforderlich”.
Das Unternehmen wollte damit Neukunden gewinnen.
Die Wettbewerbszentrale sah darin jedoch eine unerlaubte Irreführung.
Das LG Berlin folgte dieser Ansicht und verurteilte den Energieversorger zur Unterlassung.
Die Werbeansprache sei eine gezielte Irreführung.
Durch die Aussagen werde beim durchschnittlichen Verbraucher der Eindruck erweckt, es gehe um Probleme mit der aktuellen Stromversorgung oder um einen bestehenden Vertrag. Viele Verbraucher fühlten sich deshalb verpflichtet, aus Sorge zu reagieren.
Dieser Eindruck werde durch Formulierungen wie “Ihre Mithilfe ist erforderlich” noch verstärkt.
Gerade bei einem so wichtigen Thema wie der Stromversorgung würden Verbraucher schnell verunsichert. Die Gestaltung des Briefes spielt eben mit genau dieser Angst.
“Unter Berücksichtigung dieses Verbraucherbilds hielt die Kammer den Inhalt des Schreibens für irreführend, da die Beklagte mit der von ihr gewählten Kundenansprache gezielt Befürchtungen und diffuse Ängste bei den Empfängern auslöst, um diese zu dem von ihr gewünschten Verhalten zu veranlassen, nämlich einem Anruf bei ihrem Unternehmen. Eine solche Kontaktaufnahme reicht als „geschäftliche Entscheidung“ im Sinne des § 5 UWG aus. (…)
Zum anderen unterstellt der Inhalt des Schreibens bereits einen konkreten Bezug der Beklagten zur aktuellen Stromversorgung der angeschriebenen Verbraucherin. Denn die Formulierung „es geht um Ihre Stromversorgung. Ihre Mithilfe ist erfor-
derlich. Bitte melden Sie sich unter der Rufnummer (...)“ erweckt den unzutreffenden Eindruck, ein Anruf bei der Beklagten sei im Zusammenhang mit der bestehenden Versorgungssituation des angeschriebenen Verbrauchers erforderlich, was aber nicht der Wahrheit entspricht."
Und weiter:
"Eine entsprechende Täuschung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die angeschriebenen Verbraucher an sich wissen müssten, dass sie einen anderen Stromanbieter haben und deshalb grundsätzlich auch erkennen könnten, dass das Schreiben
keinen Bezug zu ihrer aktuellen Stromversorgung haben kann.So können an der Stromversorgung aus Sicht der Verbraucher auch andere Unternehmen als der unmittelbare Stromlieferant beteiligt sein, da Verbraucher sich nicht zwingend in allen Einzelheiten über die insoweit tätigen Unternehmen und ihre Beiräge an der Stromversorgung bewusst sind. Es erscheint daher aus Sicht der angesprochenen Verbraucher zumindest denkbar, dass ein Unternehmen, das ihnen vorher nicht bekannt war, berechtigterweise eine „Mithilfe“ oder Unterstützungshandlung im Zusammenhang mit der eigenen Stromversorgung einfordert."