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Kategorie: Datenschutzrecht

VG Göttingen: Meldedatenabgleich im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag vorläufig unzulässig

Die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts hat dem Antrag eines Bürgers, der sich gegen den umfassenden Meldedatenabgleich im Zuge der Rundfunkfinanzierungsreform gewendet hat, im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zum Teil stattgegeben (2 B 785/13).

Mit dem zum 1. Januar 2013 in Kraft getretenen 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag wird das System zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks grundlegend geändert.

Musste bisher eine Rundfunkgebühr nur von demjenigen entrichtet werden, der ein Radio oder einen Fernseher zum Empfang bereit hielt, ist künftig jeder Wohungsinhaber unabhängig davon, ob er ein Rundfunkgerät besitzt, verpflichtet, den Rundfunkbeitrag zu zahlen. Da die Rundfunkanstalten und der für sie bei der Einziehung des Beitrags tätige Beitragsservice - früher GEZ - die Daten aller Wohnungsinhaber nicht besitzt, sieht § 14 Abs. 9 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrag vor, dass die Meldebehörden bundesweit einmalig an einem bestimmten Stichtag der jeweiligen Landesrundfunkanstalt verschiedene Daten wie z.B. Namen, Geburtsdatum, Doktortitel, Familienstand oder Anschrift von Haupt- und Nebenwohnung übermitteln. Insgesamt handelt es sich um ca. 70 Mio Datensätze, die in vier Tranchen, jeweils im März und September der Jahre 2013 und 2014 übermittelt werden.

Die Daten des Antragstellers sollen am 11. September 2013 von der für die Meldebehörde, hier die Stadt Bad Gandersheim, tätigen Kommunalen Datenverarbeitungszentrale Südniedersachsen an den Beitragsservice übermittelt werden.

Hiergegen hat der Antragsteller um die Gewährung einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutzes nachgesucht. Mit diesem Antrag wollte er verhindern, dass seine Daten übermittelt werden. Er berief sich auf sein Grundrecht auf informationelle Selbstbe- stimmung und hat gemeint, nicht nur der Meldedatenabgleich sei verfassungswidrig, da er zu einem bundesweiten Melderegister führe, sondern der 15. Rundfunkänderungs- staatsvertrag insgesamt sei verfassungswidrig; für einen verfassungswidrigen Zweck dürften geschützte private Daten nicht weitergegeben werden.

Das Verwaltungsgericht hat dem Begehren des Antragstellers im Wege einer einstweiligen Anordnung hinsichtlich fogender Daten entsprochen und die Gemeinde verpflichtet, vorläufig dafür zu sorgen, dass sie nicht an den NDR weitergegeben werden: Doktortitel, Familienstand und letzte Haupt- und Nebenwohnung.

Zur Begründung hat es angeführt, dass der durch § 14 Abs. 9 RBStV stattfindende Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung insoweit rechtswidrig, weil nicht erforderlich sei. Es sei nicht erkennbar, dass diese Daten für die Festsetzung des Rundfunkbeitrags von Bedeutung seien. Die übrigen Daten seien dagegen für die Beitragsfestsetzung in irgendeiner Weise erforderlich.

Da jede Rundfunkanstalt nur auf die Daten der Beitragspflichtigen in ihrem Sendegebiet zurückgreifen könne, entstehe ein bundesweites Melderegister, wie der Antragsteller behauptet, nicht. Auch der Datenschutz, insbesondere die Sicherung der Daten gegen unbefugten Zugriff und deren Löschung nach Verwendung seien rechtlich nicht zu beanstanden.

Soweit der Antragsteller gemeint hat, der 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag sei insgesamt, vor allem hinsichtlich der damit zusammenhängenden finanzverfassungs- rechtlichen Fragen, verfassungswidrig, hat das Gericht diese, beim Rheinland-Pfälzischen und beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof anhängigen, Fragen offen gelassen und eine Folgenabwägung vorgenommen.

Dabei hat es das das Recht des Antragstellers auf informationelle Selbstbestimmung gegen die ebenfalls verfassungsrechtlich geschützte Institutsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gegeneinander abgewogen. Zwar gehe es hier nur um einen Einzelfall mit geringen finanziellen Auswirkungen. Das Gericht hielt es jedoch nicht für ausgeschlossen, dass seine Entscheidung Breitenwirkung entfaltet und dadurch das Finanzierungssystem des öffentlich-rechtlichen Rundfunks insgesamt infrage gestellt wird. Die Abwägung viel zulasten des Antragstellers aus.

Die Beteiligten können gegen diese Entscheidung Beschwerde beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg einlegen.

Quelle: Pressemitteilung des VG Göttingen v. 06.09.2013

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