Schon seit längerem wird über die mit Online-Stadtplänen verbundenen Urheberrechtsverletzungen und Abmahnungen kontrovers diskutiert. Vor kurzem gab es ein Aufsehen erregendes Urteil des AG Charlottenburg, das feststellte, dass 100,- EUR anwaltliche Abmahnkosten "genug seien", vgl. die Kanzlei-Infos v. 13.05.2005. Andere Dezernate des AG Charlottenburg kamen in identischen Fällen zum genauen Gegenteil und verurteilten den Beklagten jeweils wegen einer Urheberrechtswidrigkeit zur Zahlung von Schadensersatz, vgl. die Kanzlei-Infos v. 19.05.2005 und v. 26.05.2005.
Das KG Berlin (Beschl. v. 19.12.2003 - Az.: 5 W 367/03 = Kanzlei-Infos v. 22.05.2005) hat entschieden, dass in solchen Fällen von einem Streitwert von 10.000,- EUR auszugehen ist.
Nun lag dem OLG Hamburg (Beschl. v. 10.03.2004 - Az.. 5 W 3/04) ein nahezu identischer Fall zur Beurteilung vor. Dort hatte der Beklagte zwei urheberrechtlich geschützte Kartenausschnitte auf seiner Webseite veröffentlicht. Das LG Hamburg hatte den Streitwert auf 9.000,- EUR festgesetzt. Hiergegn legte der Beklagte Beschwerde ein.
Dem ist das OLG nur teilweise gefolgt. Zunächst stellt es fest, dass als wertbildender Faktor nicht nur die eigentliche Verletzung herangezogen werden kann, sondern auch der generelle Gedanke der Abschreckung:
"Gleichwohl ist die Ast. nicht gehindert, bei der Bemessung des gerichtlichen Streitwerts den Gedanken einer wirkungsvollen Abschreckung angemessen zu berücksichtigen. Denn die Verteidigung von Urheberrechten beschränkt sich nicht auf das Verfolgungsinteresse innerhalb des jeweiligen (potenziellen) Lizenzverhältnisses. (...)
Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass diese (...) Intention nachhaltig auch bei der Streitwertbemessung Berücksichtigung zu finden hat, und zwar auch gegenüber Rechtsverletzern, deren individueller Verstoß - wie derjenige des Ag. - nicht sehr erheblich ist."
Jedoch setzte das OLG den Streitwert auf 6.000,- EUR herunter:
"Bei einer Gesamtwürdigung dieser Umstände hat das LG auch nach Auffassung des Senats den Streitwert beanstandungsfrei auf 6000 Euro für einen Verstoß festgesetzt. Der vorgenommenen Erhöhung auf 9000 Euro für zwei Verstoßfälle bedarf es bei der vorliegenden Sachverhaltsgestaltung nach Auffassung des Senats allerdings nicht.
Denn bereits die Höhe des Ursprungsstreitwerts wird nicht in erster Linie von der Höhe entgangener Lizenzeinnahmen, sondern - wie dargelegt - auch von Abschreckungsgesichtspunkten bestimmt. In diesem Rahmen ist es für die Frage der Streitwertberechnung jedenfalls dann ohne ausschlaggebende Bedeutung, ob der Bekl. nicht nur einen Kartenausschnitt, sondern zwei Ausschnitte unbefugt verwertet hat, wenn es sich bei dem zweiten um eine Teil-Vergrößerungsansicht des ersten Ausschnitts handelt.
Angesichts der Tatsache, dass etwa das KG mit Beschluss vom 19. 12. 2003 einen vergleichbaren Einzelverstoß mit einem Streitwert von 10000 Euro bemessen hat (5 W 367/03), liegen die von dem LG festgesetzten Werte noch im unteren Bereich der nach Sachlage vertretbaren Beträge."