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LG Berlin: Stadtpläne-Abmahnungen V

Schon seit längerem wird über die mit Online-Stadtplänen verbundenen Urheberrechtsverletzungen und Abmahnungen kontrovers diskutiert. Vor kurzem gab es ein Aufsehen erregendes Urteil des AG Charlottenburg, das feststellte, dass 100,- EUR anwaltliche Abmahnkosten "genug seien", vgl. die Kanzlei-Infos v. 13.05.2005.

Andere Dezernate des AG Charlottenburg kamen in identischen Fällen zum genauen Gegenteil und verurteilten den Beklagten jeweils wegen einer Urheberrechtswidrigkeit zur Zahlung von Schadensersatz, vgl. die Kanzlei-Infos v. 19.05.2005, 26.05.2005 und 31.05.2005.

Zur Höhe des Streitwertes siehe die Entscheidungen des KG (= Kanzlei-Infos v. 22.05.2005) und des OLG Hamburg (= Kanzlei-Infos v. 14.07.2005).

Nun liegt eine weitere Entscheidung zu den Stadtpläne-Abmahnungen vor. Das LG Berlin (Urt. v. 19.07.2005 - Az.: 16 S 1/05) hatte im Berufungsverfahren über die urheberrechtlichen Problematiken zu entscheiden.

Zunächst stellen die Richter fest, dass die rechtswidriger Weise übernommenen Auszüge aus den Stadtplänen eindeutig urheberrechtlich geschützt seien:

"Die streitgegenständliche Kartenkachel ist urheberrechtlich schutzfähig. Die Leistung des Kartenherstellers ist grundsätzlich insoweit als schöpferisch anzusehen, als sie für die Erstellung eines neuen Kartenblattes die "Generalisierung" - d.h. die übersichtliche und möglichst umfassende Darstellung und Anordnung der relevanten Informationen - umfaßt (ständige Rspr. der Kammer). An die Generalisierung sind bei Karten und Stadtplänen keine allzu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. BGHZ 139, 68 - Stadtplanwerk).

Die für die Schaffung der streitgegenständlichen Karte erbrachte schöpferische Leistung besteht in der Abstrahierung der vorgegebenen topographischen und infrastrukturellen Details, deren Auswahl und individueller Symbolik."


Daran ändere auch nichts der Umstand, dass es sich lediglich um einen Teil des Stadtplanes handle:

"Soweit die Beklagte daraufhinweist, dass der streitgegenstandliche Kartenausschnitt lediglich ein Werkteil ist, dem selbst schöpferische Qualität beikommen muß, ist dem zuzustimmen. Diese Voraussetzungen liegen hier indes ohne weiteres vor. Die Abstrahierung der dargestellten natürlichen Gegebenheiten (Topographie, vorhandene Infrastruktur) ist auch hinsichtlich des hier streitgegenständlichen Werkteils zu bejahen. Dies lässt sich an der Übertragung des von Herrn B. entwickelten Zeichenschlüssels (...) erkennen (weiß unterlegte Gewässerbezeichnung, Farbsystem, Symbol für Kirche, Haltestellen, Bezirksgrenze, hellblaue Richtungspfeile).

Darauf, dass nicht jedes Symbol für sich schurzfähig ist, sondern in der einen oder anderen Welse auch von anderen Kartenherstellem benutzt wird, kommt es nicht an. Es kommt vielmehr auf das Erscheinungsbild des Kartenausschnitts in seiner Gesamtheit an.

Dieses unterscheidet sich, wenn man den Ausschnitt mit anderen Kartenwerken (...) vergleicht, in Symbolik und Farbgebung deutlich."


Auch die von der Klägerseite geltend gemachten Lizenzkosten (820,- EUR) seien angemessen.

"Die Berechnung des Schadens in Lizenzanalogie ist nicht zu beanstanden. Danach hat der Verletzer dasjenige zu zahlen, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines fiktiven Lizenzvertrages als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten.

Die Klägerin hat unter Bezugnahme auf die eingereichten Vergütungssätze von anderen Kartenherstellern substanüiert vorgetragen, dass der von ihr verlange Preis für die unbegrenzte Nutzung durch Gewerbetreibende angemessen und marktüblich Ist.

Dem ist die Beklagte lediglich unsubstantiiert entgegengetreten. Die Anlagen B 2 und B 3 geben keinen Aufschluss über die Konditionen des behaupteten Angebots der Firma Pietruska über 65.- EUR. Der angebotene Beweis stellt sich mithin als Ausforschungsbeweis dar.

Dte Tabelle in Anlage B 5 ist ebensowenig geeignet, eine überhöhte Forderung der Klägerin anzunehmen. Das streitgegenständhche Format entspricht ungefähr dem Format 300px x 500px. Dafür hat ein kommerzieller Nutzer bei berlner-stadtplan.com pro Jahr 85,90 EUR zu zahlen, bei der Klägerin deckt der Preis die unbefristete Nutzung ab. Erwirbt man eine Karte bei berliner-stadtplan.com muß man bei 10-jähriger Nutzung mehr zahlen als bei der Klägerin."

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