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VG Hannover: Schulverweis wegen Internet-Beleidigung gegen Lehrer rechtmäßig

Das VG Hannover (Beschl. v. 07.06.2006 - Az.: 6 B 3325/06) hatte über die Rechtmäßigkeit eines Verweis eines Schülers zu entscheiden, weil dieser im Internet seine Lehrer beleidigt hatte.

Der Antragsteller, ein Realschüler, war in einem Chatroom für Singles unter dem Namen von fünf Lehrkräften seiner Schule aufgetreten. Unter diesen Namen hatte er dann andere Lehrerinnen und Lehrer mit sexuellen Begriffen und Unterstellungen beleidigt und beschimpft.

Die Schule ordnete den sofortigen Ausschluss des Schüler vom Unterricht an und überwies ihn an eine andere Realschule. Hiergegen wendete sich der Schüler und klagte vor dem VG Hannover.

Die Richter gaben der Schule Recht:

"Rechtsgrundlage für die Überweisung des Antragstellers an eine andere Realschule ist [das Niedersächsische Schulgesetz] (...).

Danach kann ein Schüler im Wege einer Ordnungsmaßnahme an eine andere Schule derselben Schulform überwiesen werden, wenn er seine Pflichten grob verletzt (...), insbesondere gegen rechtliche Bestimmungen verstößt, den Unterricht nachhaltig stört (...). (...)

Für die Kammer besteht (...) kein Zweifel daran, dass dieses Verhalten des Antragstellers eine grobe Verletzung seiner Pflichten als Schüler (...) darstellt. Entgegen der von ihm vertretenen Auffassung lässt sich der mit der Antragsbegründung zitierten Rechtsprechung der Kammer und anderer Verwaltungsgerichte nicht entnehmen, dass eine grobe Pflichtverletzung erst dann vorläge, wenn von Schülern Erpressungen, Bedrohungen, Gewalttätigkeiten, Rauschgiftdelikte, pornografische Darstellungen usw. ausgehen.

Vielmehr zählt es auch zur Pflicht von Schülerinnen und Schülern, die Persönlichkeitsrechte aller im Schulalltag miteinander vereinten Menschen zu beachten. Daraus folgt, dass zum Beispiel beleidigende, abwertende oder entwürdigende Schüleräußerungen je nach Lage des Einzelfalles (...) zu Ordnungsmaßnahmen führen können.

Zu den Schülerpflichten zählt dabei auch die Beachtung der Persönlichkeitsrechte der Lehrkräfte, deren Geltung insbesondere im außerschulischen, durch den Begriff der Privatsphäre gekennzeichneten persönlichen Bereich eine Grenze darstellt, die von Schülerinnen und Schülern nicht überschritten werden darf (...). Hierzu zählen nicht nur die Straftatbestände der Beleidigung, der üblen Nachrede und der Verleumdung (§§ 185 ff. StGB), sondern auch andere Verletzungen des durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Persönlichkeitsrechts."


Und weiter:

"Die ohne Wissen und Genehmigung der Betroffenen vorgenommene Verbreitung der Namen von Lehrkräften der Schule in einer der Öffentlichkeit zugänglichen Seite im Internet, die von diesen Lehrkräften gegen deren Willen ein Persönlichkeitsbild vermittelt, das ihnen tatsächlich nicht zukommt und von den Betroffenen als beleidigend empfunden wird, ist danach eine schwer wiegende Pflichtverletzung (...).

Das gilt insbesondere dann, wenn sich daran mehrere Schüler gemeinschaftlich beteiligen und damit rechnen müssen, dass diese Lehrkräfte anschließend im Bereich der Schulöffentlichkeit auf diese Weise der Lächerlichkeit und dem Gespött von Mitschülern und Mitschülerinnen ausgesetzt werden. Auch hierunter kann das für ein funktionierendes Schulleben unverzichtbare Vertrauensverhältnis zwischen Schülerinnen, Schülern und ihren Erziehungsberechtigten einerseits sowie Lehrkräften und Schulleitung andererseits nachhaltig leiden."


Das VG Sigmaringen (= Kanzlei-Infos v. 26.03.2006) hatte in einem artverwandten Fall, wo ein Schüler ein Lehrerbild unbefugt im Internet verwendet hatte, dagegen einen Schulausschluss als unberechtigt angesehen.

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