LG Hamburg: Mitstörerhaftung für WLAN-Zugang bei P2P-Urheberrechtsverletzungen

03.04.2007

Das LG Hamburg (Beschl v. 02.08.2006 - Az.: 308 O 509/06) hat entschieden, dass der Inhaber eines WLAN-Zugangs als Mitstörer haftet, wenn über diesen Zugang rechtswidrige Handlungen begangen werden.

Über den Anschluss des Antragsgegners waren knapp 500 Audio-Daten über eine P2P-Tauschbörse angeboten worden. Daraufhin nahm die Antragsstellerin den Antragsgegner auf Unterlassung in Anspruch.

Dieser wies den Anspruch zurück und meinte, irgendein Dritter, z.B. sein Nachbar, habe sich illegalerweise Zugang zu seinem WLAN verschafft und habe dann die rechtswidrigen Dateien angeboten.

Dieser Ansicht ist das LG Hamburg nicht gefolgt und hat den Antragsgegner zur Unterlassung verpflichtet:

"Zunächst erscheint es eher unwahrscheinlich, dass ein Dritter - etwa ein Nachbar des Antragsgegners - etwaige von dem Antragsgegner ergriffenen Sicherungsmaßnahmen in Bezug auf dessen LAN-Verbindung umgangen und die Verletzungshandlung begangen hat. Wahrscheinlicher ist es, dass eine Person aus dem Haushalt des Antragsgegners und damit aus seiner Einflusssphäre gehandelt hat.

Wenn der Antragsgegner Dritten in seinem Haushalt den Internetzugang ermöglicht hat, dann ist dies adäquat kausal für die Schutzrechtrechtsverletzung gewesen. Adäquat ist eine Bedingung dann, wenn das Ereignis im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet ist, einen Erfolg der fraglichen Art herbeizuführen (...).

Das Überlassen eines Internetzuganges an einen Dritten birgt danach die keinesfalls unwahrscheinliche Möglichkeit, dass von dem Dritten solche Rechtsverletzungen begangen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Anschlussinhaber eine unverschlüsselte WLAN-Verbindung betreibt. Dafür, dass eine etwaige WLAN-Verbindung des Antragsgegners am 15. März 2006 verschlüsselt gewesen wäre, liegen keine Anhaltspunkte vor.

Aus diesem Grunde bestehen Prüf- und gegebenenfalls Handlungspflichten, um der Möglichkeit solcher Rechtsverletzungen vorzubeugen. Das gilt im Zweifel bei einer Überlassung an jeden Dritten."


Und weiter:

"Rechtlich und tatsächlich ist der Antragsgegner in die Lage versetzt gewesen, wirksame Maßnahmen zur Verhinderung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung zu treffen.

Hier fehlt bereits jeder Vortrag dazu, dass der Antragsgegner sich, bevor er Dritten den Internetanschluss zur Verfügung gestellt hat, überhaupt über die dadurch bedingten Risiken informiert und die- bzw. denjenigen, denen bzw. dem er seinen Internetanschluss zur Verfügung gestellt hat, entsprechend belehrt sowie anschließend jedenfalls stichprobenartig kontrolliert hat, was auf seinem Computer veranstaltet wird. Zudem hätte er technische Möglichkeiten in Anspruch nehmen können, um die streitgegenständliche Rechtsverletzung zu verhindern.

Er hätte z.B. verschiedene sog. Benutzerkonten einrichten können, bei denen jeder Benutzer eine eigene "Login"- Kennung samt Passwort erhält. Für die verschiedenen Nutzerkonten können die individuellen Nutzungsbefugnisse festgelegt und etwa ein Herunterladen der Filesharing-Software verhindert werden. Des Weiteren wäre auch die Einrichtung einer sog. "firewall" möglich und zumutbar gewesen, durch die die Nutzung einer Filesharing-Software verhindert werden kann. Derartige ihm mögliche und zumutbare Maßnahmen hat der Antragsgegner jedoch offenbar nicht ergriffen, sondern den Internetzugang "ungeschützt" zur Verfügung gestellt bzw. zumindest eine derartige Nutzung durch Dritte nicht verhindert.

Die Durchführung der vorbeschriebenen Maßnahmen ist zumutbar. Das gilt auch für den Fall, dass der Antragsgegner selbst nicht in der Lage sein sollte, Benutzerkonten mit solchen Nutzungsbeschränkungen einzurichten und er sich dazu entgeltlicher fachkundiger Hilfe bedienen müsste. Den dadurch bedingten Geldaufwand erachtet die Kammer als durchaus noch verhältnismäßig."


Das Gericht bestätigt damit seine bisherige Rechtsprechung, wonachfür unverschlüsselte WLANs in jedem Fall eine Mitstörerhaftung besteht, vgl. die Kanzlei-Infos v. 08.09.2006.

Es liegen inzwischen eine ganze Reihe von Entscheidungen zum Problembereich der Mitstörerhaftung des Anschluss-Inhabers für P2P-Urheberrechtsverletzungen vor.

LG Hamburg:
- Mitstörerhaftung des Anschluss-Inhabers für P2P-Urheberrechstverletzung = Kanzlei-Infos v. 13.10.2006
- Mitstörerhaftung des Anschluss-Inhabers für P2P-Urheberrechstverletzung = Kanzlei-Infos v. 27.10.2006

LG Mannheim:
- Mitstörerhaftung des Anschluss-Inhabers für P2P-Urheberrechtsverletzung = Kanzlei-Infos v. 22.01.2007
- LG Mannheim: Keine Mitstörerhaftung des Anschluss-Inhabers für P2P-Urheberrechtsverletzung = Kanzlei-Infos v. 23.01.2007