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BGH: Lockvogelangebot bei Partnervermittlungsvertrag nicht sittenwidrig, aber anfechtbar

Der BGH (Urt. v. 17.01.2008 - Az.: III ZR 239/06 ) hat entschieden:

"Ein aufgrund des Inserats eines Vermittlungsinstituts mit einer tatsächlich nicht vermittlungsbereiten Person (Lockvogelangebot) zustande gekommener Partnervermittlungsvertrag ist grundsätzlich nicht sittenwidrig im Sinne des § 138 BGB. Er kann aber nach § 123 BGB anfechtbar sein."

Eine Partnervermittlungsagentur hatte einen Kunden mit einer Zeitungsanzeige, in der eine "Bea" genannte und mit einem "Original-Kundenfoto" vorgestellte "attraktive, rassige" Frau einen Partner suchte, geködert. Der Kläger schloss einen entsprechenden Partnervermittlungsauftrag ab, erhielt jedoch nie die Kontaktdaten der Dame "Bea", da es sich hierbei lediglich um einen Lockvogel handelte.

Die höchsten deutschen Zivilrichter haben ein solches Verhalten der Partnervermittlungsagentur als nicht sittenwidrig eingestuft:

"Für die Beurteilung als sittenwidrig (...) ist entscheidend, ob das Rechtsgeschäft nach seinem aus Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung unvereinbar ist (...).

Einer solchen Beurteilung steht im Streitfall aber entgegen, dass das Bürgerliche Gesetzbuch einen durch Täuschung bewirkten Vertragsschluss nicht wie nach § 138 BGB als von vornherein nichtig behandelt, sondern durch die Sonderregelung des § 123 BGB lediglich dessen Anfechtbarkeit bestimmt und es dadurch der Entscheidung des Getäuschten überlässt, ob er nachträglich die Nichtigkeit dieses Rechtsgeschäfts herbeiführen will.

Ist daher ein Rechtsgeschäft durch arglistige Täuschung (oder widerrechtliche Drohung) zustande gekommen, so kann § 138 BGB neben § 123 BGB nur dann anwendbar sein, wenn weitere Umstände als die unzulässige Willensbeeinflussung hinzutreten, die das Geschäft seinem Gesamtcharakter nach als sittenwidrig erscheinen lassen (...). Solche besonderen Umstände zeigt das Berufungsgericht nicht auf; sie sind aus dem festgestellten Sachverhalt auch nicht erkennbar."


Aber auch wenn ein solches Geschäft nicht sittenwidrig sei, so bestehe für den Kunden in jedem Fall die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung:

"Die vom Berufungsgericht hervorgehobene besondere Lebenssituation des Interessenten als alleinstehender Person und dessen konkrete Hoffnungen auf eine Änderung dieser Lage sowie das Gewinnstreben des Vermittlers werden vom Anfechtungstatbestand des § 123 BGB erfasst."

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