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Kategorie: Onlinerecht

LG Leipzig: Online-Dating-Portal darf User-Fotos nicht für Mahnungen benutzen

Ein Online-Dating-Portal darf die vom User hochgeladenen Fotos nicht für Mahnungen benutzen (LG Leipzig, Urt. v. 31.05.2023 - Az.: 05 O 666/22).

Die Beklagte betrieb im Web ein entgeltpflichtiges Dating-Portal. Zahlte ein User seine Gebühren nicht, mahnte die Beklagte mit einem Forderungsschreiben. In dem Brief war auch ein Foto des jeweiligen Kunden abgebildet.

Zudem hieß es in der Datenschutzerklärung dr Webseite:

"Vermarktung durch Dritte:
Als ein Anbieter einer Online-Dating-Plattform mit mehreren Websites betreiben wir diese Websites für und im Auftrag verschiedener Marken. Sofern Sie über (...).com zu unserer Dienstleistung von sexyDate weitergeleitet werden, können wir Ihre personenbezoge­nen Daten (z.B. Geschlecht, Anrede, Nutzername, E-Mail-Adresse, IP-Adresse, Geburtsda­tum, Wohnort) an (...).com weitergeben, damit diese Partei Ihnen WerbeMitteilun­gen zusenden kann.

Ferner geben wir Ihre personenbezogenen Daten an (...) weiter, damit diese Parteien Ihnen Werbematerialien zu vergleichbaren Waren und Dienstleistungen zusenden können."

Das LG Leipzig bewertete beides als rechtswidrig.

1. Unzulässige Foto-Verwendung in Mahnung:

Die Benutzung des Lichtbildes in der Mahnung verletzt den User in seinen Datenschutzrechten, da die Beklagte keine Einwilligung hierfür hatte.

"Zwar hat die Person im Streitfall durch Anklicken des entsprechenden Kästchens beim Besuch der Internetseite der Beklagten die Einwilligung in die Datenschutzerklärung zur Abwicklung des Vertrages erteilt. In deren Ziffer 4 wird auf die Möglichkeit der Aufforderung zur Bereitstellung von personenbezogenen Daten, u.a. eines Nutzerfotos, hingewiesen und unter deren Ziffer 5 erläutert, dass personenbezogene Daten erfasst und verwendet werden, „um sämtliche Zahlungen zu verarbeiten, die Sie im Austausch für einen Zugriff auf die Dienstleistung zu errichten haben“ (...)

Durch Einwilligung per Opt-In-Funktion hat der Verbraucher jedoch nicht in die Nutzung seines Fotos im Zusammenhang mit der Verarbeitung von Zahlungen eingewilligt (Art. 6 Abs. 1 a DSGVO). Die Verwendung des Fotos auf Forderungsschreiben ist weder für die Erfüllung des Vertrages notwendig noch liegt ein überwiegendes berechtigtes Interesse der Beklagten an einer diesbezüglichen Verwendung vor (Art. 6 (1) b, f DSGVO).

Als die für das Abonnement der Mitgliedschaft erforderlichen personenbezogenen Daten sind nur Name, Passwort, Zahlungsmethode, Telefonnummer und Rechnungsadresse genannt; das Zusenden eines Fotos wird lediglich zur Vervollständigung des Dating-Profils in die freiwillige Entscheidung des Nutzers gestellt (Ziffer 4 der Datenschutzerklärung). Damit handelt es sich bereits aus dem Zusammenhang der Regelung in Ziffer 4 auch nicht um die personenbezogenen Daten, auf die Ziffer 5 der Datenschutzerklärung im Zusammenhang mit einer Zahlungsverarbeitung Bezug nimmt. Ferner liegt in der Versendung von Forderungsschreiben nicht auch eine Verarbeitung von Zahlungen; zu einer solchen kam es gerade nicht, das Mahnschreiben dient (vorangehend) zur Zahlungserinnerung /-aufforderung." Abs. 1, Art. 6 abs. 1 DSGVO vorliegt."

2. Datenschutz-Klausel:

Die verwendete Klausel sei zu ungenau und unbestimmt und genüge daher nicht den DSGVO-Anforderungen an eine informierte Aufklärung:

"Die Klausel (...)  verstößt gegen §§ 1 UKlaG, 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, Art. 5 Abs. 1 a), Art. 6 Abs. 1 DSGVO.

Die Klausel ermächtigt die Beklagte, personenbezogene Daten zu Vermarktungszwecken an Dritte weiterzugeben, wobei diese Datenweitergabe auf den Fall beschränkt ist, dass der betreffende Nutzer über (...).com zu der Dienstleistung von sexyDate weitergeleitet worden ist. (...)In diesem Fall können die personenbezogenen Daten an (...).com weitergegeben werden, damit diese Partei dem Nutzer Werbemitteilungen zusenden kann. (...)

Vorliegend fehlt es an einer notwendigen Informiertheit des Nutzers über die Art der Werbemitteilungen und über die Dienstleistungen, für die geworben werden soll.

Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass der letzte Satz der Klausel bei der Prüfung jedenfalls isoliert nicht weiter berücksichtigt werden muss, weil er offensichtlich ohne Sinne ist und keine „Dritten“ benennt.

Jedoch ergibt sich im Zusammenhang mit dem ersten Satz, wonach es sich bei der Beklagten um einen Anbieter einer Online-Dating-Plattform mit mehreren Websites handelt, der Anschein, dass personenbezogene Daten an - nicht benannte - Dritte weitergegeben werden können, damit diese Parteien den Nutzern Werbematerialien zu vergleichbaren Dienstleistungen zusenden können.

Dass die Klausel nur für über (...).com weitergeleitete Nutzer gelten würde, ist nicht anzunehmen und ergibt sich aus dem beschriebenen Zusammenhang auch nicht. Der sogenannte redaktionelle Fehler führt daher nicht zu einer Reduktion des Inhalts der Klausel auf Nutzer, die über (...).com zur Website der Beklagten gelangt sind.

Es fehlt daher an der notwendigen Informiertheit der Nutzer über den Umfang einer Datenweitergabe zu Werbezwecken, die in¬transparente Klausel ist unwirksam."

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

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