Privatpersonen haben keinen DSGVO-Unterlassungsanspruch gegen Unternehmen hinsichtlich Datenübermittlung, da die DSGVO insoweit abschließende Wirkung hat und nicht auf die allgemeinen, zivilrechtlichen Normen zurückgegriffen werden kann (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 30.03.2023 - Az.: 16 U 22/22).
Der Kläger machte gegen einen Online-Shop einen Unterlassungsanspruch wegen behaupteter zahlreicher DSGVO-Verstöße geltend. Er beanstandete u.a., dass auf der Webseite folgende Dienste eingebunden seien, ohne dass er dafür zuvor eine Einwilligung erteilt hätte: Google Tag Manager, Google Analytics, Google Fonts, Google ReCaptcha, Google Optimize, Doubleclick, Youtube, Facebook, Pinterest, Taboola, Fonts Awesome und Fonts.com.
Die Vorinstanz, das LG Wiesbaden (Urt. v. 22.01.2022 - Az.: 10 O 14/21), wies die Klage ab, vgl. unsere Kanzlei-News v. 03.02.2023.
In der Berufung bestätigte nun das OLG Frankfurt a.M. diese Entscheidung.
Eine Privatperson habe hinsichtlich Datenübermittlungen keinen Unterlassungsanspruch, so die Frankfurter Richter:
"Allerdings kann sich aus Art. 17 DS-GVO über den Wortlaut hinaus auch ein Anspruch auf Unterlassung ergeben. Zwar wird in Art. 17 DSGVO nur ein Löschungsrecht normiert; aus diesem in Verbindung mit Art. 79 DSGVO, der wirksame gerichtliche Rechtsbehelfe bei einer Verletzung der Datenschutzgrundverordnung garantiert, kann jedoch zugleich ein Unterlassungsanspruch hergeleitet werden (...). Denn aus der Verpflichtung zur Löschung von Daten ergibt sich implizit zugleich die Verpflichtung, diese künftig nicht (wieder) zu speichern. So sieht der Bundesgerichtshof in der erstgenannten Entscheidung vom 12.10.2021 im Löschungsanspruch des Art. 17 DS-GVO zugleich einen Unterlassungsanspruch (...).
Dieser aus der inneren Logik des Anspruchs auf Löschung hergeleitete Unterlassungsanspruch richtet sich jedoch nur auf die Unterlassung der Speicherung von Daten. Das Gegenstück der Löschung von Daten ist die Speicherung von Daten. Denn unter Löschen versteht man die Unkenntlichmachung gespeicherter Informationen, so dass es niemand mehr ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich ist, die Information wahrzunehmen (...).
Der Kläger verlangt hier nicht die Unterlassung der Speicherung von Daten über ihn durch die Beklagte, sondern die Unterlassung der Übermittlung von Daten durch die Beklagte an Dritte. Wie insbesondere die Definition der Datenverarbeitung in Art. 4 Nr. 1 DS-GVO und die Überschriften der Artt. 44 - 46 DS-GVO zeigen, unterscheidet die DS-GVO klar zwischen der Speicherung von Daten und der Übermittlung von Daten (an Dritte)."
Und weiter:
"Der vom Kläger geltend gemacht Unterlassungsanspruch ergibt sich auch nicht aus Art. 82 DS-GVO.
war kann sich unter Umständen - jedenfalls nach deutschem Verständnis der Schadensrestitution im Sinne von § 249 Abs. 1 BGB - aus einem Schadensersatzanspruch auch ein Unterlassungsanspruch ergeben. Allerdings sind die Voraussetzungen dafür hier nicht gegeben. Der Kläger hat schon einen konkreten Schaden, der ihm durch die Weiterleitung der Daten als Folge der von ihm vorgetragenen dreimaligen Aufrufe der Webseite der Beklagten entstanden sein soll, nicht dargelegt. Ein Anspruch setzt aber die Entstehung eines - unter Umständen auch immateriellen - Schadens voraus. (...)
Zum anderen, und das ist entscheidend, kann sich aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes nur dann ein Unterlassungsanspruch ergeben, wenn die erfolgte Verletzungshandlung noch andauert oder der pflichtwidrig geschaffene Zustand fortdauert (...).
Der Kläger verlangt hier jedoch nicht die Beseitigung von Datenweitergaben, welche anlässlich der drei behaupteten Nutzungen der Website erfolgt sind, oder die Beseitigung von deren Folgen, sondern die Unterlassung von Datenübermittlungen bei einer künftigen Nutzung der Online-Shop-Seite der Beklagten. Es handelt es insofern um einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch."
Es könne auch nicht auf die allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften zurückgegriffen werden:
"Dem Kläger steht ein Anspruch auf Unterlassung auch nicht aus den §§ 1004 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. mit den nach Auffassung des Klägers durch die Datenübermittlung an die Drittdienste verletzten Art. 5, 6 DS-GVO oder Art. 44 DS-GVO oder Art. 32 DS-GVO zu.
Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass Schadensersatzansprüche und Unterlassungsansprüche des nationalen Rechts, soweit dies auf Verstöße gegen Regeln zur Verarbeitung personenbezogener Daten und anderer Regelungen der DS-GVO gestützt sind, keine Anwendung finden, weil Vorschriften des DS-GVO eine abschließende, weil voll harmonisierende europäische Regelung bilden (...)."