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Kategorie: Onlinerecht

LG Berlin: Anforderungen an Kennzeichnung von Werbung im Newsletter von Computerbild

Wird per E-Mail ein Newsletter verschickt, müssen die redaktionellen Inhalte und die Werbung durch entsprechende optische Hinweise deutlich voneinander getrennt sein (LG Berlin, Urt. v. 28.06.2022 - Az.: 102 O 61/22).

Inhaltlich ging es um die Kennzeichnung von Werbung im Newsletter des bekannten Magazin Computerbild.

In dem Newsletter waren jeweils kurze Teaser mit einem Bild und dem Link "Weiterlesen" zu unterschiedlichen Themen enthalten. Der Großteil der Links führte zu redaktionellen Inhalten. Hinter einigen, wenigen Verlinkungen befand sich jedoch eine Landing-Page mit Werbung. Diese Verlinkungen waren mit einem optisch kleinen Hinweis auf den kommerziellen Charakter verwesen.

Das LG Berlin stufte dies als Verstoß gegen die Kennzeichnungspflicht von Werbung ein.

"Zwar hat die Antragsgegnerin die unstreitig an drei Stellen im Newsletter verlinkte Werbung jeweils mit dem Wort „Anzeige“ gekennzeichnet. Diese Kennzeichnung fällt jedoch sowohl von der geringen Schriftgröße, der gewählten hellgrauen Farbe auf weißem Grund als auch von ihrer Platzierung am rechten oberen Rand der Werbeanzeigen her beim ersten Betrachten des Newsletter kaum ins Auge. Entscheidend war aber der Gesamteindruck im Zusammenhang mit dessen weiteren gestalterischen Komponenten.

Hier hielt die Kammer insbesondere für maßgeblich, dass die Werbeverweise auch durch den aufmerksamen Leser nicht unmittelbar als solche wahrgenommen werden. Diese fügen sich von ihrer grafischen Gestaltung her quasi nahtlos in die Verweise auf Artikel der von der Antragsgegnerin herausgegebenen Publikation „ComputerBild“ ein, da sie jeweils an derselben Stelle Bild- und Textelemente enthalten. Auch die Überschriften im Fettdruck und die Position und Ausgestaltung der zur eigentlichen Werbung weiterleitenden Schaltfläche „Weiterlesen“ sind identisch."

Und weiter:

"Soweit die Antragsgegnerin darauf verweist, in den Überschriften der Werbehinweise eine abweichende Schriftart verwendet zu haben, mag dies zutreffen. Dem Leser fällt der geringfügige Unterschied zwischen einer Schriftart ohne Serifen für die Verweise auf redaktionelle Artikel und einer solche mit Serifen für die Werbehinweise aber nur bei einer analysierenden Betrachtung auf. Daher drängt sich gerade nicht der Eindruck auf, dass hier unterschiedliche Inhalte zu erwarten sind.

Hinzu kam die Einbettung der Anzeigen in die Verweise auf Artikel der Antragsgegnerin. Darin lag eine wesentliche Abweichung zu dem vom Kammergericht zum Geschäftszeichen 5 U 68/19 am 13. November 2020 entschiedenen Fall, auf den sich die Antragsgegnerin – auch mit den im Termin vom 28. Juni 2022 überreichten Ausdrucken der damals verfahrensgegenständlichen Werbung – bezogen hat. Dort befanden sich die Werbelinks innerhalb eines einheitlichen Block, der mit „Auch interessant“ eine eigene Überschrift aufwies. Die darüber angeordneten Verweise enthielten dagegen die Überschrift „Neues aus der Redaktion“, so dass der Leser bereits durch diese Differenzierung eine abweichende Erwartungshaltung betreffend die ihn erwartenden weiteren Inhalte entwickelte. Im vorliegenden Fall waren die Anzeigen dagegen Teil einer einheitlichen listenartigen Darstellung, die gerade darauf angelegt ist, dass der Leser „automatisch“ auf die Schaltflächen „Weiterlesen“ klickt, um herauszufinden, ob ihn der nachfolgende Artikel interessiert."

Ferner äußert sich das Gericht:

"Vor diesem Hintergrund war die Kammer der Auffassung, dass es jeweils eines deutlichen und ins Auge fallenden Hinweises auf den Werbecharakter der drei Anzeigen bedurft hätte. Wie oben bereits erwähnt, ist die Kennzeichnung durch das Wort „Anzeige“ grundsätzlich ausreichend und auch verkehrsüblich. Allerdings wurde die Art und Weise der von der Antragsgegnerin gewählten Darstellung dem nach den Umständen erforderlichen deutlichen Hinweis nicht gerecht. Sowohl die sehr kleine Schriftart als auch die hellgraue Farbe waren nicht ausreichend, um den durchschnittlichen Empfänger des Newsletters von der ungewollten Kenntnisnahme der mit den Anzeigen verlinkten Werbebotschaften abzuhalten.

g) Soweit sich die grundsätzliche Problematik ergab, dass es für die Wahrnehmbarkeit der Kennzeichnung der Werbung maßgeblich auf die Wiedergabe am Bildschirm des vom Empfänger des Newsletters verwendeten Endgeräts und nicht auf die vom Antragsteller angefertigten Screenshots als Ausdruck oder PDF-Version ankommen kann, vermochte diese am Erfolg des Verfügungsantrags nichts zu ändern. Der Antragsteller hat in der mündlichen Verhandlung vom 28. Juni 2022 ausdrücklich behauptet, dass die Darstellung am Bildschirm derjenigen entsprochen habe, wie sie sich im Ausdruck der Anlage Ast 1 darstellt. Die Antragsgegnerin hat dies zwar bestritten."

Und weiter:

"Dies war jedoch nicht ausreichend, um die vom Antragsteller geführte Glaubhaftmachung zu erschüttern. Die Antragsgegnerin konnte sich nicht auf ein pauschales Bestreiten beschränken, sondern hätte in Ansehung der Anlage Ast 1 konkret ausführen müssen, ob dort etwa Farbton oder Kontrast nicht zutreffend wiedergegeben sind.

h) Die Antragsgegnerin konnte nicht mit dem Argument durchdringen, dass sich dem aufmerksamen Leser bei einer näheren Lektüre der „Anreißer“ der Anzeigen ohne weiteres erschließt, dass es sich um Werbung handele, da sich dies bereits aus den von den weiteren Beiträgen abweichenden Inhalten und der „Werbesprache“ ergäbe. Dies setzte voraus, dass sich der Empfänger des Newsletters zunächst mit den werblichen Inhalten auseinandersetzen müsste, um dann zu entscheiden, ob er den Verweisen weiter nachgehen möchte. Genau diese - unerwünschte - Auseinandersetzung mit Werbung soll das oben angesprochene Trennungsgebot des § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG allerdings bereits verhindern."

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